Sie [das Parlament und das Bundesverfassungsgericht] mögen es so sehen, da steht eben Meinung gegen Meinung, wenn auch mit unterschiedlicher Macht dahinter.
Das Bundesverfassungsgericht vertritt keine Meinung, sondern die Grundwerte unserer Verfassung. Urteile können angefochten und überprüft werden und stellen daher nicht einfach eine Meinungsäußerung dar.
Dem stellst Du Deine persönlichen Grundwerte gegenüber, was für mich völlig in Ordnung ist. Es handelt sich für mein Verständnis nicht um eine Meinungsverschiedenheit, sondern der Dissens geht etwas tiefer.
Das Bundesverfassungsgericht vertritt keine Meinung, sondern die Grundwerte unserer Verfassung. Urteile können angefochten und überprüft werden und stellen daher nicht einfach eine Meinungsäußerung dar.
Fehlt hier nicht ein „nicht“ vor „angefochten“
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Dem stellst Du Deine persönlichen Grundwerte gegenüber, was für mich völlig in Ordnung ist.
Ok. Spannend.
Für mich ist das nicht akzeptabel. Ich erwarte von einem Bundesbürger und jedem hier Lebenden, dass er mit seinen Grundwerten fest auf dem Boden unserer Verfassung steht, deren „Beschützerin“ das Bundesverfassungsgericht ist. Das hat - wie du m.E. treffend schreibst - mit Meinungsäußerung nichts mehr zu tun. Das ist eine Grundvoraussetzung für einen hohen Grad an Freiheit in unsere Demokratie.
Wenn wir in der Klimawandeldebatte nicht mal an dieser Stelle einig sind … phuuuu … welche Debatte führen wir dann eigentlich? Eine Grundsatzdebatte über Staats-/Gesellschaftskonstruktion, deren (zumindest partielle) Unentschiedenheit jegliche Prämissen für Sachargumente (und damit jedes Argument selbst) ad absurdum führt?
Für mich auch nicht. Daher schiebe ich den Kandidaten in den Bereich der Reichsbürger.
Ich mach das was mir gefällt. In Deutschland geht das außerdem besser als in Ungarn.
Schaue Dir bitte mal die Realitäten auf der Welt an. Wie gehen wir de facto mit diesem Planeten um? Es kann überhaupt keine Rede davon sein, dass die Zukunft über die Gegenwart gestellt würde.
Stattdessen hat unsere gesellschaftliche Ignoranz gegenüber der Zukunft solche Ausmaße angenommen, dass wir als Gesellschaft beginnen, uns vor den Folgen zu fürchten.
Ich sehe in der Realität, daß der große Teil der Menschheit tatsächlich nicht die (fernere) Zukunft über die Gegenwart und nahe Zukunft (eigene Lebensspanne) stellt - und finde das natürlich. Ich bezweifle allerdings, daß "wir als Gesellschaft" uns vor den Folgen fürchten; ich gehöre sicher nicht zu diesem "wir", und vermutlich auch nicht der größte Teil der Menschheit. Auch wenn medienwirksame Angstmache einem Teil der Menschen zeitweise Angst machen kann, auf Dauer wird das nichts daran ändern, wie Menschen ticken (s. auch das soziale Ende der Corona-Pandemie). Der Ausgang der kürzlichen Niederländischen Provinzwahlen zeigt, daß vielen Menschen was anderes wichtiger ist als das Leben an Klimawandelbekämpfung auszurichten.
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Das Bundesverfassungsgericht vertritt keine Meinung, sondern die Grundwerte unserer Verfassung. Urteile können angefochten und überprüft werden und stellen daher nicht einfach eine Meinungsäußerung dar.
Natürlich vertreten sie auch nur Meinungen, sind ja auch nur Menschen, die sich da äußern. Sie sind auch nicht die einzig richtige Interpretation der Grundwerte unserer Verfassung, sie sind eine mögliche Interpretation innerhalb einer breiteren Palette. Das Amt gibt dieser Meinung natürlich mehr gesellschaftliches Gewicht, mehr Gehör und vor allem mehr Macht, als meiner oder Deiner Meinung, aber nicht mehr oder weniger Wahrheitsgehalt oder moralisches Gewicht, finde ich. Oder glaubt jemand wirklich, daß die Aussagen des Bundesverfassungsgerichts oder Beschlüsse des Parlaments immer gleich ausfallen würden, egal welche Person dort sitzt (auch wenn wir es auf die theoretische Qualifizierung z.B. Mitglieder demokratischer Parteien einschränken)?
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Dem stellst Du Deine persönlichen Grundwerte gegenüber, was für mich völlig in Ordnung ist.
Das muß ich noch korrigieren: ich stelle keine persönlichen Grundwerte in den Raum, sondern mein Verständnis der Grundwerte, die eben einen gewissen Interpretationsspielraum haben, oder eben unterschiedliche Abbildung auf konkrete Lebenssituationen und politische Entscheidungen, wie es die Palette der Parteien im Parlament zum Teil auch darstellt.
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“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Geändert von Schwarzfahrer (17.03.2023 um 19:51 Uhr).
Natürlich handelt es sich beim GG Deutschlands nicht um die in Stein gegossenen Tafeln Moses. Es gab seit 1949 über 50 Änderungen, die dann zustande kommen, wenn sich Minderheitsmeinungen zu parlamentarischen Mehrheiten weiterentwickeln. Solche Entwicklungen gehören zum Kern demokratischer Gesellschaften. Die grössten Änderungen des GG würde ich bei der Notstandsgesetzgebung und bei der Wiedervereinigung sehen. GG-Änderungen
Jetzt wieder Foristen als "Reichsbürger" oder "undemokratisch" zu dissen usf., wenn sie eine zum Urteil des Verfassungsgerichtes abweichende Auffassung zum Klimaschutzgesetz vertreten, verwechselt wohl eine geschlossene Gesellschaft mit einer offenenen oder das GG mit den ewigen Dogmen einer römisch-katholischen Kirche. In der Schweiz z.B. kann das Volk Initiativen zur Änderung der Verfassung starten und darüber abstimmen!
Was das Klimaschutzgesetz betrifft, darf man annehmen, dass vor 10 Jahren die Richter der Klage nicht stattgegeben hätten, weil es damals das Pariser Abkommen noch nicht gab. Einige Klima- / Naturschutzorganisationen hatten gegen das Gesetz der grossen Koalition geklagt. Wer das Urteil nicht kennt:
Zitat:
"Das Klimaschutzgesetz sieht Klimaschutz-Ziele für verschiedene Sektoren wie Verkehr, Bau oder Landwirtschaft bis 2030 vor. Zwischenziele für die Zeit nach 2030 fehlen in dem Gesetz jedoch. Das sei den nachfolgenden Generationen gegenüber nicht gerecht oder zumutbar, so das Gericht.
Karlsruhe betont im Urteil vor allem die Frage der Generationengerechtigkeit „Danach darf nicht einer Generation zugestanden werden, unter vergleichsweise milder Reduktionslast große Teile des CO2-Budgets zu verbrauchen, wenn damit zugleich den nachfolgenden Generationen eine radikale Reduktionslast überlassen und deren Leben umfassenden Freiheitseinbußen ausgesetzt würde.“ Das Gericht verweist dabei auf Artikel 20 des Grundgesetzes, wonach der Staat in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen schützen muss. .... Es erklärt die 1,5-Grad-Grenze des Pariser Klima-Abkommens mit seinem Urteil letztlich für verfassungsrechtlich verbindlich."
Voraussetzung für das Urteil zum Klimaschutzgesetz bilden drei Dinge: GG, Pariser Abkommen (!), das DE unterschrieben hat, Klimaschutzgesetz.
…wenn sie eine zum Urteil des Verfassungsgerichtes abweichende Auffassung zum Klimaschutzgesetz vertreten
Entschuldigung, qbz … ich fürchte da hast du etwas, um nicht zu sagen so einiges, nicht richtig verstanden.
Es geht nicht um das Urteil an sich, sondern um die dahinterstehenden Werte, die das Bundesverfassungsgericht zu dem Urteil als Schlussfolgerung gebracht haben. Bei dem Schluß kann man gerne anderer Meinung sein, nicht aber bei der Prämisse - die hat man m.E. zu akzeptieren.
Die dahinter liegenden Werte, die Prämisse für das Urteil, sind Freiheitsrechte die im GG garantiert werden. Man kann das selbst leicht in der zugehörigen Pressemitteilung nachlesen, ohne juristischen Sachverstand.
Selbstverständlich kann das GG in bestimmten Teilen geändert werden - durch den Gesetzgeber unter speziellen Bedingungen. Vor allem aber die Teile, welche die Werte/Rechte garantieren von denen wir hier sprechen (Art.1+20, u.a. Freiheitsrechte) können selbstverständlich nicht geändert werden. Das sind die Grundfeste unserer Gesellschaft. Wer diese nicht akzeptiert, akzeptiert unseren Gesellschaftsentwurf nicht.
So oder so: Wenn das GG also in einem änderungsfähigen Teil geändert wurde, hat man das als Bürger halt auch so zu akzeptieren, denn es ist der gültige Normenrahmen. Das Recht zur gegenteiligen Meinungsäußerung berührt jedoch nicht die Akzeptanzpflicht dieser Normen.
Entschuldigung, qbz … ich fürchte da hast du etwas, um nicht zu sagen so einiges, nicht richtig verstanden.
Es geht nicht um das Urteil an sich, sondern um die dahinterstehenden Werte, die das Bundesverfassungsgericht zu dem Urteil als Schlussfolgerung gebracht haben. Bei dem Schluß kann man gerne anderer Meinung sein, nicht aber bei der Prämisse - die hat man m.E. zu akzeptieren.
......
Zu diesem Urteil zum Klimaschutzgesetz wäre es vor dem Pariser Abkommen nicht gekommen, weil es vorher keine verabschiedeten Angaben mit Gesetzeskraft über die Emissionsbudgets gab. Die GG-Artikel, auf welche das Urteil, interpretierend angewendet auf das Klimaschutz-Gesetz, sich stützt, hat ja meines Erachtens Schwarzfahrer nicht infrage gestellt, nur die Interpretation.
Das Parlament hat das Klimaschutzgesetz entsprechend dem Urteil 2022 novelliert. Ohne jetzt nachzuschauen, ich würde vermuten, die Oppositionsparteien haben gegen die Novelle gestimmt. Stellen sie dadurch den Grundwerte-Teil des GG infrage, die dem Verfassungsgerichtsurteil zugrunde liegen? Nein.