Szenekenner
Registriert seit: 30.05.2010
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Heute in zwei Wochen starte ich bei einem Triathlon. Bei einem Liga-Wettkampf. Zum Glück sind wir in der untersten Liga, so dass ich hoffe, dass noch mehr Graupen am Start sein werden und ich vielleicht nicht Letzte werde. Ich habe etwas Schiss, freue mich aber trotzdem drauf.
Was gibt es zu berichten seit dem letzten Mal?
Ich habe nach fast 30 Jahren meine Arbeit im Altenheim gekündigt! Wahnsinn! Der Entschluss kam völlig plötzlich und war dann auf einmal in einer für mich absolut untypischen Klarheit und ohne jede Wankelmütigkeit da. Am Freitag, dem 12.4. ging ich nach der Arbeit in der Klinik, wo es aufgrund einer längeren Krankheitsvertretung, die ich zu stemmen habe echt anstrengend war, ins Altenheim, weil ich im April an keinem einzigen Wochenendtag Zeit hatte. Ich war unmotiviert und mache eh nicht gerne Spätdienste, auch wenn die viel, viel weniger anstrengend sind als die Frühdienste. Als ich das Altenheim betrat, hatte ich eigentlich schon beschlossen, zu kündigen. Ich ging auch gleich zum Büro der Heimleitung, die war aber nicht da. Das war eigentlich rückblickend auch ganz gut, denn ich wollte es erst mit meinem Stationsleiter besprechen, mit dem ich schon zusammenarbeite, seit ich dort angefangen habe.
Die Aussicht, am darauffolgenden Montag und Mittwoch wieder solche Doppelschichten Klinik/Altenheim zu machen, bestärkte mich übers Wochenende in meinem Entschluss. Ich telefonierte am Montag schon mit der AWO, also dem Arbeitgeber, um zu klären, wie lange meine Kündigungsfrist ist und wie es mit einem Aufhebungsvertrag aussieht. Dann rief ich meinen Chef privat an, weil ich jetzt sofort Nägel mit Köpfen machen wollte. Er reagierte total nett, die Stellvertreterin auch, und so konnte ich sogar die schon vereinbarten Termine für Mai canceln. Denn jetzt, wo es entschieden war, wollte ich keinen Tag länger arbeiten. Am Mittwoch, 17.4. machte ich also meinen voraussichtlich letzten Spätdienst, wenn am Folgetag bei meinem Termin mit der AWO alles gut ginge. Ich ging davon aus und hätte auch, falls es Probleme gegeben hätte, mal meine Erkrankung herangezogen und Druck gemacht. Denn tatsächlich ist es so, dass meine Ärzte schon lange der Meinung sind, ich könnte mehr als 4 freie Tage im Monat gut gebrauchen. Das hätten die mir 100%ig auch attestiert. Und ich hätte da auch kein schlechtes Gewissen gehabt, denn mit den Kollegen im Heim selbst war ja alles geklärt, auch mit der Heimleitung.
Es war aber ein rein formaler Akt, der keine 5 Minuten gedauert hat, dann war mein Auflösungsvertrag unterschrieben und ich wusste: Ich werde nie mehr im Altenheim arbeiten. Echt krass!
Ich habe diese Arbeit trotz der Belastung immer geliebt und habe sie, so glaube ich, auch meistens richtig gut gemacht, aber nach fast 3 Jahrzehnten ist es jetzt auch gut, vor allem nach über 20 Jahren Nebenjob neben der Vollzeitstelle in der Klinik.
Und jetzt? Jetzt freue ich mich tierisch über jedes freie Wochenende, aktuell das dritte seit der Kündigung. Und stelle fest, dass ich nicht doppelt so erholt bin, sondern viel mehr! Ganz offensichtlich haben die im Schnitt zwei freien Tage nach jeweils 12 Tagen Durcharbeiten nicht gereicht, um sich zu erholen, zumal die freien Wochenenden meistens gnadenlos vollgestopft waren und es ja auch reichlich Monate gab, in denen sich ein weiteres Arbeitswochenende anschloss, so dass es dann 19 Tage Arbeit am Stück waren.
Ich bin sehr zufrieden mit meiner Entscheidung und das ist bei mir auch nicht selbstverständlich.
Jetzt folgt nur noch eine Einladung zum Essen bei mir zu Hause für die Kolleginnen und Kollegen und dann ist dieses Kapitel so plötzlich und unerwartet beendet.
Ausschlaggebend für meine Entscheidung waren mehrere Punkte:
1. Die akute Überlastungssituation rund um das Wochenende13./14.4.
2. Die Erkenntnis, dass ich auch ohne das im Altenheim verdiente Geld zurecht kommen werde, weil ich so schlecht in der Klinik nicht verdiene, keine 2 Pferde mehr habe und mein teueres Motorrad auch abbezahlt ist. Klar, merke ich im Moment, dass das Geld von der AWO nicht mehr kommt, aber das ist ja eine Sache der Gewohnheit, da ich nur wirklich nicht am Existenzminimum lebe.
3. Die Tatsache, dass ich den Job im Altenheim um zu belastender erlebte, je älter ich wurde. Körperlich eh, klar. Aber auch psychisch. Als ich da mit 19 Jahren anfing, konnten mich Themen wie Altern, Krankheit, Einsamkeit nicht schockieren. Das waren für mich theoretische Begriffe, die mit mir und meinem Leben nichts zu tun hatten. Jetzt bin ich nur noch 20-30 Jahre von dem Lebensabschnitt der Bewohner entfernt, ich bin nicht ganz gesund, ich habe keine Kinder... Ich stellte mir oft mit Unbehagen vor, was mit mir ist, wenn ich so alt bin und vielleicht pflegebedürftig. Bei so einem Job kann man das nicht verdrängen.
4. Die neuen, total beschissenen Aushilfsverträge, die mir und dem Arbeitgeber die Flexibilität weitgehend genommen haben.
5. Der Gedanke, dass ich ja nicht weiß, was in 5 oder 10 Jahren ist. Aktuell hält die MS die Füße wieder still, aber das kann sich ja bekanntlich auch schnell ändern. Ich dachte, wie sehr ich mich wohl ärgern würde, wenn ich irgendwann, vielleicht sogar
in nicht allzu ferner Zukunft, nicht mehr alles das tun kann, was ich im Moment gerne mache: Schwimmen, Laufen, Wandern, Radfahren, Motorradfahren und dann denke: "Wie bekloppt warst du, die kostbare Zeit, als es dir noch gut ging, mit Arbeiten im Altenheim zu verschwenden!?"
Ich freue mich über ein sehr großes Mehr an Lebensqualität, das ich gerade erlebe!
Freut ihr euch mit mir?
Herzliche Grüße
J.
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