Ich weiß was du meinst, Karsten. Dennoch: In dieser Gemengelage von "Wissen was zu tun ist" zu sprechen, halte ich für nicht adäquat. Der Verlauf hängt m.E. nicht unmaßgeblich von Entscheidungen/Sätzen einzelner Akteure ab. Die Konsequenzen hieraus sind m.M.n. ggf. irrational und nicht vorhersehbar.
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Ich bin Optimist und hoffe, die Entscheider haben das Wissen. Ich habe es natürlich nicht. Ich hocke am Computer und denke mir irgendwas zusammen.
Das Statement von Frau von der Leyen gestern hat mich verwundert. Ebenso die 100 000 000 000€ für die Bundeswehr. Andere scheinbar auch, denn im franzöischen Fernsehen konnte ich gestern Abend zeitweise eine TV-Sendung verfolgen, in der man darauf einging und meinte, es könnte aktuell Öl ins Feuer bringen (die Aussage von Frau von der Leyen).
Mir scheinen die Chancen der Ukrainer, militärisch gegen Russland gewinnen zu können, da facto bei Null zu liegen. Daher ist aus meiner Sicht die Frage legitim und vernünftig, welchen Sinn der militärische Widerstand der Ukrainer haben kann.
Damit möchte ich nicht andeuten, dass er komplett sinnlos sei, nur weil das Ergebnis dieser Bemühungen aus meiner Sicht bereits feststeht. Ein Sinn könnte beispielsweise darin bestehen, dass ein Angreifer einen hohen Preis bezahlt und sich künftige Angriffe vorher zweimal überlegt. Nur: Was nützt das den Ukrainern? Und was juckt es Putin, ob er die Ukraine in zwei oder drei Wochen erobert?
Vielleicht bewirken diese hohen "Kriegskosten" ungewollt eher eine besondere Motivation für Putin: Je höher der Preis ist, den er bezahlen muss, um so mehr muss er am Ende einen Erfolg vorweisen können. Je höher der Preis, desto wertvoller und unverzichtbarer der Sieg.
Ein Sinn des militärischen Widerstands könnte ferner darin bestehen, dass bei den Friedensverhandlungen – während des Krieges – etwas erreicht werden kann. Möglich, aber mit jedem weiteren Vorrücken der russischen Truppen unwahrscheinlicher.
An der militärisch aussichtslosen Lage der Ukraine ändern aus meiner Sicht diverse Waffenlieferungen aus dem Ausland nichts. Möglicherweise machen sie es nur schlimmer: Mehr Tote auf beiden Seiten, ohne dass dadurch ein russischer Sieg verhindert werden kann. Mit ein paar hundert zusätzlichen Panzerfäusten gegen die zweitgrößte Atommacht der Welt? Das halte ich für naiv.
Vielversprechender finde ich derzeit den Weg der wirtschaftlichen Sanktionen. Er wird zwar die Eroberung der Ukraine nicht verhindern. Aber er könnte vielleicht dazu beitragen, dass die Russen nach einiger Zeit (3-15 Jahre) wieder abziehen. Putin wird bis dahin voraussichtlich das Zeitliche gesegnet haben. Möglicherweise kommen die Dinge dann wieder etwas in Bewegung.
Streng logisch betrachtet magst du Recht haben. Gegen die gesamte Militärmacht Russlands hat die Ukraine keine Chance. Aber dsa würde ja dann für jeden Krieg gelten. Die unterlegene Seite müsste sofort kapitulieren. Ich befürchte so logisch funktionieren die Menschen nicht.
Und was wäre, wenn die Ukraine aufgibt und dann wendet sich Putin dem nächsten Land zu? Kasachstan z.B. müsste das dann auch schnell kapitulieren?
Als die USA 1944 in der Normandie gelandet sind, haben sie auch einen verdammt hohen Preis bezahlt. Ist hier irgendjemand der Meinung der Preis war zu hoch?
Nein, der Preis war nicht zu hoch aus meiner Sicht (geheizte Bude, Parkettboden, Apple-Laptop).
Ich meine aber, dass dieser Vergleich seine Schwächen hat. Parallel zu Deinem Beispiel müssten die Amerikaner jetzt in Russland einmarschieren und Du müsstest fragen, ob irgend jemand vor diesem Preis zurückschrecke, der dann zu zahlen ist. Was mich betrifft: Ich würde davor zurückschrecken.