Ich fürchte, mit solch grob fahrlässigen Interpretationsversuchen kommen wir bei Augustinus nicht weit.
Augustinus war der beiden Sprachen, in denen die Texte der Bibel ursprünglich verfasst wurden, nicht mächtig. Seine eigenen Interpretationen der Bibel bezogen sich auf Übersetzungen, die ihrerseits fehlerhaft waren.
Augustinus konnte die Texte anderer Kulturen, welche die Autoren der Bibel maßgeblich beeinflusst haben, nicht lesen. Beispielsweise war es damals im griechischen Raum eine erzählerische Mode, dass Menschen von den Toten auferstanden. Entsprechend gibt es auch in der Bibel mehrere Auferstehungen, nicht nur die von Jesus. Das Markusevangelium berichtet von der Wiederauferstehung des Lazarus. Der Prophet Elias warf sich angeblich dreimal auf die Leiche eines Kindes, sodass es wieder zum Leben erweckt wurde. Die Apostelgeschichte berichtet von ähnlichen Taten durch Petrus und Paulus.
Wir kennen diese Zusammenhänge heute. Augustinus hat sie nicht gekannt. Darum sind wir heute skeptisch gegenüber Texten, denen Augustinus völlig vertraute. Dass in der Bibel Menschen auftauchen, die 900 Jahre alt geworden sind, war für ihn eine Tatsache, die so real war wie eine Brezel. Für unsere Epoche kann Augustinus jedoch genauso wenig eine Autorität in religionswissenschaftlichen Fragen sein, wie Ptolemäus es in kosmologischen Fragen sein kann.
Ich finde das Thema einer „Zukunftsreligion“ ebenfalls interessant und würde gerne mehr dazu lesen. Drei Fragen stellen sich mir spontan:
1. Was ist, wenn es zwei dieser Zukunfts-Religionen gibt, die sich widersprechen? Wie würde dieser Konflikt gelöst? Mit welchen Kriterien?
2. Wäre es zu erwarten, dass sich bestimmte Kern-Elemente mit der Zeit genau so entwickeln, wie in den antiken Religionen? (Blinder Glaube, Dogmatismus, Hierarchien, Streit um Auslegung, Ketzerei, Überhöhung bestimmter Personen zu Lasten anderer, usw.)
3. Auch eine Zukunfts-Religion wird irgendwann eine alte Religion sein. Für wahr gehaltene Inhalte werden widerlegt sein. Wäre die Religion davon abgekoppelt? Oder wäre sie nur ein kleines Schlauchboot an der Leine des Wissenschafts-Dampfers?
Eine Zukunftsreligion, die nicht mehr nur glaubensorientiert ist, sondern mehr wissensorientiert. Man sieht z.B. die Naturgesetze als im Kern "göttlich" an. Das "ewige Leben" in Form der Zellteilung, da du ja aus einer Zellteilung entstanden bist. In dir und in jedem Menschen exisistiert so gesehen das "ewige Leben".
Du wurdest gefragt, ob die Kirche offiziell den Standpunkt vertritt, dass man die Bibel und ihre Lehren nicht nach empirischen Maßstäben beurteilen könnte, und dass die dort gemachten Schilderungen nicht empirisch/weltlich zu verstehen wären. Ferner, dass der Versuch nicht statthaft wäre, die Schilderungen der Bibel empirisch zu untersuchen.
Das ist zu undifferenziert, darüber waren wir in der Diskussion schon hinaus. Natürlich enthält die Bibel auch empirische Aussagen und kann, insofern sie empirisch sind, danach beurteilt werden. Niemand bestreitet das.
Zitat:
Zitat von Jörn
und obendrein ist es für die Frage nicht relevant, was irgendwer im Jahre 400 geschrieben hat. Entscheidend ist die aktuelle Lehrmeinung.
Die aktuelle Lehrmeinung der Kirche, mitunter auch der von Dir ständig zitierte Katechismus, beruft sich ausführlich auf Augustinus, insofern ist er relevant
Zitat:
Zitat von Jörn
Das vage Zitat von Papst Benedikt steht dazu in keinem Zusammenhang; er meinte genau das Gegenteil von dem, was Du suggerierst. Er meint, dass die Lehre der Kirche wieder verbindlich sein müsste für das Hier und Jetzt, und dass man diese Lehren nicht abschwächen oder auf eine rein philosophische Ebene abschieben dürfe.
Was soll denn Verbindlichkeit im Hier und Jetzt mit historsichen Tatsachen zu tun haben? Nach Ratzingers Ansicht ist entegegen Deiner Behauptung die Religion mit dem Christentum philosophisch geworden.
... war für ihn eine Tatsache, die so real war wie eine Brezel.
Das ist genau der Punkt: Nach Augustinus hat die Wirklichkeit verschiedene hierarchisch geordnete Ebenen. Brezeln befinden sich auf einer der unteren, ihnen kommt nur ein geringes Maß an Wirklichkeit zu.
Die aktuelle Lehrmeinung der Kirche, mitunter auch der von Dir ständig zitierte Katechismus, beruft sich ausführlich auf Augustinus, insofern ist er relevant.
Nur weil die Kirche sich auf manche Gedanken von Augustinus stützt, bedeutet das nicht, dass Du alle seine Aussagen als Beleg verwenden kannst – sondern nur jene, die heute noch von der Kirche bestätigt werden.
Augustinus hat ja Unmengen von abstrusen Ansichten verbreitet, die von der Kirche heute nicht mehr akzeptiert werden.
Ich vermisse in Deinen zerhackten Ein-Satz-Antworten irgendwie einen durchgängigen Gedankengang. Es kommt mir so vor, als würdest Du anderer Leute Schulaufgaben korrigieren und in roter Tinte kurze Anweisungen an den Rand kritzeln wie „Ausdruck!“, „Syntax!“, oder „Thema verfehlt!“, ohne eigene Argumente in die Debatte einzubringen.
Eine Zukunftsreligion, die nicht mehr nur glaubensorientiert ist, sondern mehr wissensorientiert. Man sieht z.B. die Naturgesetze als im Kern "göttlich" an. Das "ewige Leben" in Form der Zellteilung, da du ja aus einer Zellteilung entstanden bist. In dir und in jedem Menschen exisistiert so gesehen das "ewige Leben".
Mir gefällt die Idee, das „ewige Leben“ auf diese Weise zu sehen, unabhängig vom einzelnen Individuum, sondern als ein sich ewig drehendes Rad. (Leider wird sich dieses Rad nicht ewig drehen können, jedenfalls nicht auf der Erde.)
Die Naturgesetze als „göttlich“ zu bezeichnen, finde ich für mich persönlich schwierig. Ich verbinde das Wort „Gott“ mit etwas, was einen Willen hat und ein Ziel verfolgt. Genau das tun die Naturgesetze nicht, und eben deswegen sind es Naturgesetze.
Hingegen verwende ich ich andere religiöse Begriffe durchaus ohne einen religiösen Bezug, etwa das Wort „Schöpfung“. Beispielsweise empfinde ich Respekt und Demut vor der Größe und Erhabenheit der Schöpfung, obwohl ich weiß, dass diese Begriffe eigentlich nicht zutreffend sind. Aber sie erinnern einen an den winzigen Platz, den man in einem riesigen Spektakel einnimmt.