Glaubensgewissheit: Gewissheit im Glauben, das Freisein von Zweifeln in seiner religiösen Überzeugung.
Aha. Mir scheint, damit rückt die Glaubensgewissheit etwas näher an den Aberglauben. So ergäbe sich diese Reihenfolge zum besseren Verständnis der Abgrenzungen:
Nehmen wir als Beispiel für einen Aberglauben die Überzeugung, das Universum sei 6000 Jahre alt.
Aberglaube: "Das Universum ist 6000 Jahre alt"
Glaubensgewissheit: "Das Universum ist 6000 Jahre alt, daran gibt es für mich keinen vernünftigen Zweifel."
Glaube: "Ich glaube daran, dass das Universum ist 6000 Jahre alt ist, aber es gibt Raum für vernünftigen Zweifel." Diese Position ist IMO ähnlich zu der Aussage "ich weiß es nicht".
Gewissheit: "Wir können ohne vernünftigen Zweifel davon ausgehen, dass das Universum nicht 6000 Jahre alt ist"
Wissen: "Die Annahme, das Universum sei 6000 Jahre alt, ist widerlegt".
Warum gibt es Mischwörter, wie z.B. „Glaubensgewissheit“? Das ist ein Begriff, den es außerhalb der Religion nicht gibt. Der Begriff wurde also von den Religionen eingeführt.
Warum?
Im Johannes-Evangelium steht, dass der Glaube höher zu bewerten sei als das Wissen:
Mit diesem Spruch sagt Jesus zum ungläubigen Thomas (der die Wunden von Jesus befühlen wollte, um sicher zu sein, dass er kein Geist ist), dass jener Glaube, der nur auf Vertrauen basiert, höher zu bewerten ist, als ein Glaube, der eine vernünftige Abschätzung von Fakten vornimmt.
Im Katechimus der kath. Kirche steht sogar, dass der Glaube über der Vernunft steht. (Abschnitt 159)
Warum wurde also ein Begriff eingeführt, der den Glauben mit Wissen und Vernunft verbindet?
Ich stelle die Hypothese auf, dass die Mischwörter nur deswegen geschaffen wurden, um den Umstand zu verschleiern, dass es sich um Glauben handelt, der keinerlei faktische Grundlage hat. Es ist der Versuch, eine Gewissheit vorzugaukeln, die nicht existiert, und die auch auf Nachfrage nicht begründet werden kann.
Es gibt keinen triftigen Grund, warum die als „gewiss“ ausgegebenen Glaubensinhalte gewiss sein sollten. „Glaubensgewissheit“ ist vermutlich nur ein Synonym für „Wunschdenken“. Könnte man diese Behauptung widerlegen?
Eine Schlussfolgerung besteht vielleicht darin, dass man in einer Debatte dazu auffordert, diese Mischwörter zu vermeiden, weil sie genau jenen Unterschied zwischen Wissen und Glauben verschleiern, der für die Debatte notwendig ist. Wissen bedeutet, dass Beweise vorliegen. Glauben bedeutet, dass keine Beweise vorliegen. Man kann das nicht vermengen, es sei denn, man hätte vor, über den Unterschied hinwegzutäuschen.
Ich finde es auch eine Sache der Redlichkeit, dass Religionen nicht den Begriff „Wissen“ für ihren Glauben in Anspruch nehmen, egal in welcher Form. Glauben ist Glauben, und dazu sollte man auch stehen.
Wo siehst Du denn Polemik, gibt es dafür ein Beispiel?
Typisch:
Zitat:
Zitat von Jörn
... das Glaubensbekenntnis ... weil es ein Schmarrn ist. Speziell bei tragischen Todesfällen will kaum noch jemand ein Gefasel vom gütigen Gott hören, weil es nicht glaubwürdig ist.
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
... Mir scheint, Dich ärgert, dass Jörn die Argumente der Kirchen und der Bibel nennt.
Das Nennen ist sicherlich nicht das Problem. Eher die tendenziöse Form der Darstellung. Verärgert bin ich trotzdem nicht, aber schwer verwundert darüber, wie man es ernsthaft für einen sachlichen Beitrag zu einer Diskussion halten kann.
... So ergäbe sich diese Reihenfolge zum besseren Verständnis der Abgrenzungen: ...
Also ich würde Deiner Charakterisierung der Begriffe nicht zustimmen wollen. Ich würde, um die Unterschiede zu verdeutlichen, immer denselben Satz nehmen. Die Unterschiede müssen sich dann aus der jeweils zu der Aussage eingenommenen Haltung ergeben. Beispielsweise würde im Falle des Aberglaubens ein bestimmter Ursache-Wirkung-Zusammenhang angenommen werden, was im Falle des religiösen Glaubens nicht zutrifft. Gewißheit drückt sich u.a. dadurch aus, daß ich nicht zweifle. Für empirisches Wissen kann ich Gründe nennen. Das normale Glauben beinhaltet eine Unsicherheit und Bereitschaft zur Überprüfung und mögl. Revidierung im Unterschied zum religiösen, dem dies nicht notwendig zukommt. Dagegen scheinen mir die Unterschiede zwischen religiösem Wissen und relig. Glauben schwer auszumachen. Usw.
Das Nennen ist sicherlich nicht das Problem. Eher die tendenziöse Form der Darstellung.
Sicher enthalten die Argumente und Darstellungen der verschiedenen Diskussionsparteien eine Tendenz. Man kann nicht erwarten, dass sie neutral sind. Stattdessen beziehen sie Stellung.
Ich finde die präzise Nennung der Standpunkte der katholischen oder evangelischen Kirche sinnvoll. Zum Beispiel, indem man die Bibel zitiert, oder die offizielle Auslegung der Bibel durch den Katechismus. Denn sehr viele Christen folgen meiner unmaßgeblichen Wahrnehmung nach einer persönlichen Light-Version des Christentums, an die sie glauben; sie picken sich nach eigenem Geschmack dieses oder jenes heraus und halten das Ergebnis für das Christentum.
Kritisiert man nun das Christentum, etwa für das Konzept ewig währender Höllenqualen bereits für kleinere Vergehen, fühlen sich die oben genannten Christen kritisiert, obwohl sie selbst nicht an die Hölle glauben und dieses Konzept ablehnen.
In diesem Durcheinander ganz individueller Glaubenskonstruktionen finde ich es hilfreich, sich immer wieder auf das zu beziehen, was tatsächlich in der Bibel steht und wie die darin enthaltene Botschaft von den Kirchen interpretiert wird.
Zitat:
Zitat von Zarathustra
Verärgert bin ich trotzdem nicht, aber schwer verwundert darüber, wie man es ernsthaft für einen sachlichen Beitrag zu einer Diskussion halten kann.
Glauben ist von Aberglauben inhaltlich nicht zu unterscheiden. Dass die Erde in der Antike einen Tag lang still stand, ist für die Gläubigen Glaube und für alle anderen Aberglaube.
Wenn man das aus der Perspektive unseres heutigen Wissens angreift und dabei die Begriffe Unsinn, Quatsch, Blödsinn etc. benutzt, ist die Wortwahl natürlich der Ausdruck eines Gefühls. Sachlich ist es aber richtig, denn die Erde kann nicht stillgestanden haben.
Ist das Sprechen über Engel, Teufel, Götter, Heilige Geister, jungfräuliche Geburten und Himmelfahrten im Sinne von Tatsachen ein sachlicher Beitrag zu einer Diskussion, wenn gleichzeitig verlangt wird, diese Vorstellungen seien allgemein zu akzeptieren? Dass sich Kritik daran nicht schickt?
Mir scheint, dass es in unserer recht ernsthaften Auseinandersetzung sehr viele sachliche Argumente gab, auch von Jörn. In meinen Augen sind sie es durchaus wert, sich damit auseinanderzusetzen.