Szenekenner
Registriert seit: 19.03.2009
Ort: Am liebsten in Südfrankreich...
Beiträge: 5.630
|
Ganz olympischer Saisonabschluss
Frankfurt City Triathlon
Es beginnt schon am Freitag, als ich nach Frankfurt fahre, um meine Startunterlagen abzuholen. Eigentlich ein ziemlicher Aufwand - aber ich muss sowieso noch Ersatz für die Schuhe holen, die ich letztens reklamiert hatte, also.
Samstag Radabgabe. Und den Laufbeutel packen. Da die Bindfaden-Verschlüsse am Beutel eher suboptimal für einen sicheren Verschluss und ein zügiges Öffnen in T2 sind, mache ich den Beutel mit einem Einmachgummiring zu. Habe ich alles drin? Laufschuhe, Socken, ein Gelchip, ein kleines Handtuch, Ersatzbuff, Handschuhe (ja, ich hatte letzten Sonntag kalte Hände...). Gut. Rad und Helm mit Nummern bekleben, Rad verladen und ab zum See. Rad abstellen, Helm in Plastiktüte auf‘s Rad, Sattel mit Überzug versehen, Laufbeutel abgeben, fertig. Ist schon ein bisschen komisch, das Rad so alleine zu lassen. Ob irgendein Idiot meinen Helm runterschmeißt? Hält die Luft in den Reifen? Wie nass wird es wohl am nächsten Morgen sein? Hmmmm... Egal, wieder nach Hause und den Rest zusammenpacken. Dann kann der normale Samstags-Alltag kommen. Abends gönne ich mir zum Essen ein Bier und gehe relativ früh ins Bett.
Sonntag, 4:30 Uhr. Der Wecker klingelt. Nee. Warum habe ich mich zu diesem Wettkampf angemeldet??? Aufstehen, Kaffee. Der Anblick der Rosinenbrötchen und der Banane lassen mich würgen. Ich habe noch einen Beutel Ultra Starter, den rühre ich mir an, schütte ihn mit Todesverachtung rein, aber es geht. Radflaschen befüllen, sonstige morgendliche Tätigkeiten und um 5:20 geht‘s los zum See. Zum Glück fährt mich mein Mann, so dass ich im Auto etwas ausruhen und an meiner Flasche mit Pfefferminztee mit Malto nuckeln kann. Der ist noch schön warm, das tut gut. Am See angekommen ist es um mittlerweile 6 Uhr noch stockfinster. Und es ist kalt. Mein Mann hängt mir noch die olle Wolldecke aus dem Auto über, ich schlottere trotzdem. Aber es geht jetzt erst mal vom Parkplatz einen guten km zu Fuß bis zum See. Es ist irgendwie eine komische Stimmung. Lauter Leute mit Beuteln und Rucksäcken gehen zügig im Dunkeln die Straße entlang. Viel wird nicht gesprochen. Ich muss mal. Aber in den dunklen Wald? Nee. Am See angekommen kenne ich zum Glück die „Örtlichkeiten“ und richte dann mein Rad ein. Die Polster am Auflieger sind pitschnass. Der Platz ziemlich sandig. Auch der Weg zum Ausgang sandig. Also lasse ich die Schuhe vor dem Rad stehen und tüddele sie nicht an die Pedalen. Sonnenbrille, Weste + Armlinge ans Rad, den Beutel für den Neo bereitlegen, Gel ans Rad kleben, Flaschen dran und fertig. Ich friere immer noch. Um 6:45 ist Wettkampfbesprechung. Ich lausche und futtere einen Riegel, denn langsam bekomme ich Hunger. Nix Neues, also nochmal ab zu den Örtlichkeiten, bevor ich mich in den Neo einpacke. Darin ist wenigstens schön warm. Nur die Füße sind kalt. Neo wässern und dann ist es auch schon Zeit, in die Startbox zu gehen.
Das Schwimmen beginnt im einem Landstart. 7:50 Uhr, nur Mädels. Alle mit pinken Badekappen. Kurz vor dem Start sagt noch Andrea zu mir: „es gibt keinen Grund für Schnappatmung“. Jawoll. Ommmmm.... Ich stehe ganz links im hinteren Mittelfeld. Gehe nach dem Startschuss ohne Hektik ins Wasser, vor mir fangen die Mädels an zu kraulen, ich gehe gemütlich hinterher, bis das Wasser tief genug ist und kraule los. Links und rechts sind ganz dicht Mädels an mir - stand ich nicht ganz links??? Es ist tierisch eng. Ich schwimme mit im Strom und wundere mich, warum sich das Feld nicht schneller entzerrt. Immer noch bekomme ich von links und rechts Schläge ab, eine leichte Panik steigt in mir hoch, dann muss ich an Andrea denken und atme kräftig aus - nein, es gibt keinen Grund für Schnappatmung. Die Keilerei geht vorbei. Entspann‘ dich. Ausatmen. Und es geht vorbei. Nach der ersten Abbiege-Boje wird es wirklich ruhiger, die Mädels direkt links und rechts neben mir sind weg. Leider habe ich auch keine Füße vor mir, an die ich mich hängen könnte. Dafür scheint irgend jemand meine Füße attraktiv zu finden und haut mir abwechselnd auf Füße und Waden. Es ist echt nicht mehr voll - muss das sein??? Ich mache ein bisschen Kraul Beinschlag, versuche etwas Tempo anzuziehen und es ist Ruhe. Dann kommt die zweite Abbiege-Boje und ich bereue meine Schwimmbrillenwahl. Denn inzwischen ist die Sonne aufgegangen und scheint mir direkt in die Augen, wenn ich mich orientieren möchte. Außerdem bekomme ich einen leichten Linksdrall. Komm, ist nicht mehr weit. Die ersten Männer aus der nächsten Startgruppe kommen schon vorbei. Da ist dann endlich der Ausstieg und ich torkele im Sand hoch zur Wechselzone. Gehe, Laufen geht nicht. Dafür kann ich mich schon mal aus den Ärmeln des Neos schälen. Am Wechselplatz versuche ich mich aus dem Neo zu trampeln, was nicht gleich gelingt, der Chip stört doch etwas. Buff, Helm, Brille. Füße abspülen, rein in die Radschuhe, Weste, Armlinge - iiiiih, die sind pitschnass, Startnummer. Neo, Schwimmbrille und Badekappe in den Beutel, Rad schnappen und los.
Auf dem Rad bin ich wieder am Schnaufen wie eine alte Dampflok. Es geht schnurstracks geradeaus nach Frankfurt. Komm, großes Blatt rechts und gib‘ Gas. Nach ein paar Minuten hat sich meine Atmung soweit sortiert, dass ich mich auf den Auflieger begeben kann und ich trete rein. Überhole. Ich werde es beim Laufen bereuen, denke ich, und lege die Kette nach rechts. Ich bin froh um meine Windweste, und die Neopren-Kappen auf meinen Radschuhen, es ist doch ziemlich frisch und der Wind kommt von vorne. Die Armlinge lasse ich an den Handgelenken, die sind so nass, dass sie eher kühlen als wärmen würden. In der Stadt geht es dann auf eine Runde, die wir 2x durchfahren. Das Kopfsteinpflaster und die 180°-Kehre sind nicht so schlimm wie befürchtet, aber es kommt eine fiese Bordsteinkante, vor der Helfer aber warnen. Ich versuche, „drüberzuhopsen“. Ich müsste jetzt schon 13 km haben, ich sollte mal was essen. Also fummele ich mir mein Gel auf. Ärks. Dabei überholt mich ein Mädel, die ich vor nicht allzu langer Zeit überholt hatte. Das blaue Trikot ohne Starnummer hinten. Die lasse ich nicht weg. Halte Abstand, aber behalte sie im Auge. Es kommen Straßenbahnschienen und ich denke an meinen Crash letztes Jahr - fahre zügig und möglichst quer drüber. Man muss die ganze Zeit wachsam sein. Dann ist die erste Runde auch zu Ende und es geht auf die zweite. Das blaue Trikot immer noch vor mir. Aber ich hole auf. Sie fummelt an ihrem Riegeltäschchen, ich ziehe vorbei. Am Ende der zweiten Runde, merke ich, dass die Kraft nachlässt, mein Nacken schmerzt und ich muss mich etwas mehr aufrichten. Das blaue Trikot zieht wieder vorbei. Dann kommt eine Gruppe und überholt mich, die wirklich ganz offensichtlich Windschatten fährt. Ein kompakter Pulk von ca. 12 Radlern. Die machen keine Anstalten, regelgerecht zu fahren. Ich brülle ihnen noch hinterher „ist das ‚ne RTF oder was???“ und ein anderer Radler vor mir schüttelt auch nur mit dem Kopf. Ja, die Strecke war voll, aber es war dennoch möglich, regelgerecht zu fahren. Wir biegen vom Main ab und wenn ich den Plan richtig gelesen habe, ist es dann nicht mehr weit bis zur Wechselzone. Also öffne ich die Schuhe, steige drauf, schalte aufs kleine Blatt und kurbele um die Beine zu lockern. Dann kommt auch schon die Wechselzone, man muss erst mal Slalom auf dem lila Teppich laufen, dann wird das Rad eingehängt, Helm dazu und weiter zu den Beuteln. Der wird mir gereicht und ich gehe zur Bank, ziehe Schuhe und Strümpfe an, Weste aus, Nummer nach vorne, Gelchip in die Hand und los.
Meine Füße sind tiefgefroren. Ich spüre sie nicht - nur ein komisches Kribbeln. Aber ich bewege mich vorwärts. An der ersten Verpflegungsstation rufe ich „Wasser“, aber die Helferin hat nur einen Becher in der Hand, den bekommt der vor mir laufende, ich grummele „dann halt nicht“. Kein Grund, anzuhalten. Der Kerl, der vor mir an der Wasserstation war, trinkt einen Schluck und reicht mir dann den Becher. Danke!!! Total klasse. Das sind Erlebnisse, die für mich den Sport ausmachen. Ich sehe irgendwann das blaue Trikot vor mir, sauge mich ran, schaffe es aber nicht, zu überholen. Fast die ganze Runde ist sie meine pacemakerin, irgendwann auf der zweiten Runde überhole ich dann, sie scheint mir langsamer geworden zu sein. Ich merke, dass ich mal was essen könnte. Der Gelchip reizt mich nicht, den habe ich im Armling verstaut. Greife mir bei der Verpflegungsstation diesmal Iso. Schmeckt grässlich penetrant nach Orange, hat aber ein bissl Energie. So etwa 1 km vor dem Ziel überholt mich dann eine Vereinskollegin. Ich frage, wo sie denn jetzt herkommt, und sie sagt, dass sie eine Strafe absitzen musste und zieht an mir vorbei. Hmpffff. Ich versuche dranzubleiben, aber sie ist einfach schneller. Dennoch merke ich, dass ich etwas zügiger laufe, ist ja auch nicht mehr weit. Kam mir gar nicht so lang vor. Und da ist auch das Ziel. Geschafft. Ich warte noch auf das blaue Trikot und bedanke mich, dass sie mich die erste Runde „gezogen“ hat. Essen, Trinken.
Mir ist kalt. Die Sonne scheint zwar, aber ich brauche jetzt meine Kuscheljacke. Die Ausschilderung und die Orga der Beutel- und Radrückgabe waren suboptimal, aber das ist eine andere Geschichte. Bis ich meinen ganzen Krempel wieder hatte, hat jedenfalls fast so lange gedauert wie die ganze Wettkampf... Ach ja, die Dauer. Hier noch die Infos für die Zahlenfetischisten:
Gesamt: 2:50:42
30. Frau
8. AK W40
swim (33:12) + T1 (4:54) 38:06
bike (1:27:12) + T2 (2:20) 1:29:32
run 0:43:04
Die Strecken waren allerdings nicht 1,5/43/10 wie angekündigt, sondern wohl eher 1,5/46/8,8. Denn ich bin nicht plötzlich gemeinsam mit 2000 anderen Athleten zum Laufwunder mutiert.
Die Triathlonsaison 2010 ist nun für mich vorbei. Und ich bin super zufrieden. Vor einem Jahr konnte ich noch nicht mal 500 m am Stück durchkraulen und habe es geschafft, diese Saison bei 4 Kurzdistanzen 1500 m zu kraulen. Einmal sogar ohne Neo. Radfahren macht mir immer mehr Spaß, und es ist erstaunlich, wie gut danach dann doch noch das Laufen klappt. Jetzt geht‘s erst mal ab in den Urlaub. Habe fertig.
__________________
swim, bike, run, eat, drink, fun - ich liebe alles!
|