Der Sensenmann lauert an jeder Ecke (und da meine ich jetzt nicht die Terroristen),
es kann immer was passieren, keine Frage!
Und ich finde es unsinnig mit Statistiken über Verkehrstote im Vergleich
zu Terrortoten daher zu kommen.
Für mich ist es sehr wohl ein Unterschied, sollte ich einen nahen Angehörigen
bei einem Verkehrsunfall zu verlieren oder bspw. so wie gestern in Berlin.
Ich war heuer auch schon auf 4 Weihnachtsmärkten, das muss jeder für
sich selber ausmachen und habe dabei nicht einmal einen Gedanken der
Unsicherheit verspürt oder daran gedacht...
Allerdings muss ich auch sagen, ich würde derzeit bspw. nicht in die Türkei
fliegen weil es einfach für mich zu gefährlich ist.
Als Sohn, Bruder, Lebenspartner, Vater usw. habe ich auch gewisse Verpflichtungen
und sollte sorgsam damit umgehen.....
Das könnt ihr noch tausend mal vorrechnen, die Angst ist dennoch da und die wird sich auch nicht so schnell wieder legen. Auf dem Weihnachtsmarkt in der Stadt meiner Arbeit hat ein 12 jähriger einen Bombenanschlag versucht. Wäre ich zufällig mit den Kollegen noch drüber gelaufen und wäre der Typ nicht zu blöd gewesen die Bombe zum explodieren zu bekommen wäre ich vielleicht lachend in eine Nagelbombe gelaufen. Das ist mathematisch unwahrscheinlich, aber trotzdem hat man es in im Kopf und wird davon beeinflusst.
Ich kann das gut nachempfinden. Hier in Freiburg wurde eine junge Frau vergewaltigt und ermordet, und zwar am Ufer der Dreisam. Das ist eine Gegend, wo praktisch alle meine weiblichen Bekannten regelmäßig joggen gehen. 30 Kilometer entfernt wurde ebenfalls eine Joggerin umgebracht.
Das hatte zur Folge, dass zumindest eine meiner Bekannten, die seit 25 Jahren fünfmal pro Woche an der Dreisam und im angrenzenden Wald joggen ging, sich das nicht mehr getraut hat. Stattdessen lief sie in der Stadt in den Häuserschluchten. Die Mädels geben sich gegenseitig Empfehlungen für Pfeffersprays und Reizgas. Das muss man sich mal vorstellen! Diese Angst in ein bedeutender Verlust an Freiheit.
Es war für die Freiburgerinnen und Freiburger sehr wichtig, dass der Täter des hiesigen Mordes von der Polizei gefasst werden konnte. Das Bedrohungsgefühl ist kleiner geworden, die persönlich empfundene Freiheit größer.
So verständlich die Angst des Einzelnen ist, so verkehrt ist es, wenn wir uns als Gesellschaft vor den falschen Dingen fürchten. Weil wir dann zu falschen Entscheidungen kommen. Es ist schwierig zu entscheiden, welche Ängste begründet und welche eher unbegründet sind. Statistik kann dabei helfen, die Fakten nicht aus dem Blick zu verlieren.
Die Freiburger haben es geschafft, die Tat eines Einzelnen nicht auf alle geflüchteten Menschen, die hier Schutz bekommen, auszuweiten. Das Begehen von Straftaten war und ist falsch, das Schützen von Kriegsflüchtlingen war und ist richtig.
was würdest du tun, wenn ich dir die Verkehrsunfallberichte der letzten 4 Wochen hier zitieren würde. Hättest du Angst mit dem Auto zu fahren? Oder hast du Angst um deine Freunde wenn sie in einen Zug steigen?
Ich finde es nicht in Ordnung Ängste von Mitmenschen zu relativieren. Die Ängste sind durchaus real und wie man leider immer wieder sieht auch berechtigt.
Wir haben ja nun auch eine abstrakte Angst vor Haien, Flugzeugabstürzen, etc, obwohl es ähnlich unwahrscheinlich ist gefressen zu werden oder abzustürzen.
Wenn man wieder den Fehler macht und diese Ängste nicht ernst nimmt und den Ängstlichen auf Augenhöhe begegnet und ihnen ihre Angst nimmt und wieder lediglich von oben herab predigt, das Angst dumm wäre, dann haben wir noch bessere Chancen für den Populismus der rechten Seite.
Viele Menschen haben nunmal ein recht großes Sicherheitsbedürfnis und sind aufgrunddessen bereit auch Abstriche ihrer Freiheit dafür in Kauf zu nehmen. Dies ist aber Basis einer demokratischen Diskussion und darf nicht über die Köpfe aller hinweg entschieden werden.
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Auf dem Weg vom “steifen Stück” zum geschmeidigen Leopard
verstehe ich es richtig? Du befürchtest wir haben hier in Deutschland bald einen Alltag wie z.B. im nahen Osten? Also deutlich mehr Opfer und Anschlägen?
Das kann ich Dir nicht beantworten, ich habe nur den Eindruck das mehr agiert als reagiert wird.
... und wieder lediglich von oben herab predigt, das Angst dumm wäre, dann haben wir noch bessere Chancen für den Populismus der rechten Seite... Dies ist aber Basis einer demokratischen Diskussion und darf nicht über die Köpfe aller hinweg entschieden werden.
Wer predigt denn von oben herab, dass Angst dumm wäre und entscheidet über alle Köpfe hinweg? Mir ist spontan niemand bekannt, der predigte und über alle Köpfe hinweg entscheiden würde. Was meinst Du mit "alle Köpfe"? Sind denn aller einer Meinung, außer dem, der da predigt? Mir scheint, Du baust da etwas auf, das in Wirklichkeit nicht existiert.
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Und ich finde es unsinnig mit Statistiken über Verkehrstote im Vergleich
zu Terrortoten daher zu kommen.
Für mich ist es sehr wohl ein Unterschied, sollte ich einen nahen Angehörigen
bei einem Verkehrsunfall zu verlieren oder bspw. so wie gestern in Berlin.
auch das bestreitet niemand.
Warum ist es unsinnig sich vor Augen zu führen wie wahrscheinlich es ist bei einem Terroranschlag ums Leben zu kommen.
Wie sollte man sonst solchen Ängsten begegnen.
Zitat:
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Allerdings muss ich auch sagen, ich würde derzeit bspw. nicht in die Türkei
fliegen weil es einfach für mich zu gefährlich ist.
Als Sohn, Bruder, Lebenspartner, Vater usw. habe ich auch gewisse Verpflichtungen
und sollte sorgsam damit umgehen.....
Ich finde es nicht in Ordnung Ängste von Mitmenschen zu relativieren. Die Ängste sind durchaus real und wie man leider immer wieder sieht auch berechtigt.
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nochmal und nochmal, die Ängste nehme ich ernst. Ich will die nicht reativieren oder runterspielen.
Aber was sollte ich denn meiner Tochter sagen? "ja gehe auf keinen Fall raus auf die Strasse oder noch schlimmer auf Weihnachtsmärkte"
Und natürlich mache ich mir Sorgen und Gedanken.
Aber sind die Ängste tatsächlich berechtigt? Sind die Ängste vor Spinnen oder Haien berechtigt?
nochmal und nochmal, die Ängste nehme ich ernst. Ich will die nicht reativieren oder runterspielen.
Aber was sollte ich denn meiner Tochter sagen? "ja gehe auf keinen Fall raus auf die Strasse oder noch schlimmer auf Weihnachtsmärkte"
Und natürlich mache ich mir Sorgen und Gedanken.
Aber sind die Ängste tatsächlich berechtigt? Sind die Ängste vor Spinnen oder Haien berechtigt?
Die Ängst vor Spinnen oder Haien sind nicht berechtigt, bzw. versuchen die Menschen eben solchen Situationen auf Grund der Ängste aus dem Wege zu gehen. Sprich die meisten Menschen die Angst vor Haien haben, werden kaum zum Tauchen in Tropische Gewässer gehen. Manche Menschen haben aber Angst vor Anschlägen, die haben aber jetzt nicht so richtig die Gelegenheit allen aus ihrer Sicht (und nur aus ihrer subjektiven Sicht) gefährlichen Orten auszuweichen. Da sie das nicht können, rufen sie nach dem starken Staat der dafür sorgt, der eben dafür sorgt das da keine Spinnen und Haie sind. Das mag weder rational noch nachvollziehbar sein, leider funktionieren viele Menschen so und mit reiner Statistik und Logik werden wir sie nicht überzeugen können. Die dürfen aber wählen gehen und da fangen unsere Probleme dann an. Die treffen ihre Wahlentscheidungen nicht wohlüberlegt sondern sind geleitet von ihren Ängsten. Und es ist Ihnen egal was, wann, wo, durch wen auch immer passiert, wichtig ist nur, um beim Beispiel zu bleiben, dass die Spinne und Haie verschwinden. Das wird man kaum ändern können, die gesellschaftliche Frage ist, wie erreichen wir diese Menschen. Wir müssen sie da abholen wo sie nunmal sind (in ihrer kleinen ängstlichen Welt). Wenn wir sie da nicht abholen, tun es andere, die tun es gern und auch ziemlich geschickt. Das ist das Problem, nicht die Anschläge an sich. Sondern die Furcht ist der Pfad auf die dunkle Seite.