Zitat:
Zitat von phi25
Ich finde es erschreckend wieviele hier jemandem wegen eines Fehlers oder einer Unachtsamkeit gleich den Versicherungsschutz der Krankenkasse absprechen würden.
Und das unter anderem auch von einem Arzt.
Ich glaub den Gedanken sollte man erstmal zuende denken, bevor man sich so äußert.
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In der Anlage unseres Gesundheitssystems gibt es einen grundsätzlichen Fehler dahingehend, dass gesundheitsförderndes Verhalten nicht belohnt (und deshalb der gesamte Päventionssektor (= Verhinderung von Krankheiten) bei der Verteilung der erheblichen zur Verteilung stehenden Gelder krass vernachlässigt wird und andererseits gesundheitsschädigendes Verhalten nicht einmal ansatzweise bestraft wird.
Geschätzt die Hälfte aller meiner Patienten sind zum Patienten geworden aufgrund eigenen jahrelangen Fehlverhaltens. Das sichert mir zwar meinen Job und meinem Arbeitgeber eine beeindruckende Umsatzrendite ist aber trotzdem, wenn man sich mal die Mühe macht, über den Tellerrand zu sehen, eine fragwürdige Entwicklung, die im übrigen immer mehr zunimmt.
Das Nichttragen eines Helmes ist dabei natürlich nur (in der langen Liste gesundheitsschädigenden Verhaltens) ein kleiner, statistisch untergeordneter Posten. Die wirtschaftlich relevantesten Risikofaktoren in meinem Bereich sind
Bewegungsmangel und Adipositas. Ich hab regelmäßig Patienten, die bei einem Körpergewicht von mehr als 130kg mit dem dritten oder vierten künstlichem Gelenk zu uns kommen (von denen jedes inkl. Nachbehandlung der Solidargemeinschaft der Versicherten zwischen 20 000 und 30 000 € kostet und die bei einer solchen Risko-Konstellation auch nur max. 10 Jahre halten und dann mit noch mehr Kostenaufwand gewechselt werden müssen).
In der Regel haben diese Patienten dann auch noch Diabetes (d. h. müssen für mehrere tausend Euro jährlich Insulin spritzen) und diverse andere Begleiterkrankungen.
Natürlich ist in diesem Stadium das Kind längst in den Brunnen gefallen und der Patient nur noch bedauernswert, aber kein Mensch kommt mit 130kg auf die Welt, sondern das ist die Folge einer jahrelangen Fehlentwicklung.
Da aber sämtliche Folgekosten risikobehafteten Verhaltens über die Solidargemeinschaft der Versicherten sozialisiert werden können, interessiert sich niemand ernsthaft dafür, wie solche Entwicklungen durch ein Anreizsystem von Belohnungen und Bestrafungen verhindert werden können.