Dieser eine Tag mit Blockaden von Bauern wird Niemandem die Existenz gekostet haben.
Ich stelle mir allerdings die Frage ob Subventionen auf Dauer eine Lösung sind.
Egal wer oder was subventioniert wird.
Kohle z.B. war über Jahrzehnte ein Milliardenschwerer Subventionsfehler, bzw. ist es durch Pensionsansprüche und Rückbau immer noch.
Billige Lebensmittel bedeuten: Die Kunden zahlen nicht den wahren Preis der Lebensmittel an der Kasse, sondern nur einen Teil des Preises. Den Rest bezahlen sie über Steuern, die dann als Subventionen an die Bauern fließen. Außerdem bezahlen sie früher oder später die Folgekosten für die Umwelt: Überlastete Böden, Artensterben, Klimawandel. In der politischen Debatte werden diese tatsächlichen Kosten verschwiegen. Stattdessen wird mit dem Schnitzel für 0,99 Euro Politik gemacht, angeblich zum Vorteil für Bauer und Bürger – dabei sind beide die verarschten.
Die Landwirtschaft gestaltet sich regional sehr unterschiedlich, meines Erachtens. Ich lebe ja nach der Rente in einem kleinen Dörfchen der Uckermark und bekomme vier Formen der Landwirtschaft direkt im Umfeld mit: 1. industrielle Nutzung 2. Bio 3. private Kleintierhaltung (Teilselbstverorger), Nebenerwerb 4. Jagd, regionale Fischerei und Forstwirtschaft / Groß-Sägerei. 5. Direktvermarktung aus Biolandwirtschaft
Zu 1. und 2. und über die 30 Jahre Nach-Wende Entwicklungstendenzen, Probleme hat der bekannte Doku-Filmer Volker Koepp (selbst Uckermärker) eine sehr schöne, informative Doku erstellt. Volker Koepp: Landstück. bei Amazon als DVD erwerbbar.
2. Die Biolandwirtschaft scheint mir weitgehend der Initiative einzelner Personen und Gruppen geschuldet, welche Gelegenheiten, geeignetes Land zu erwerben, in der Nachwendezeit nutzten. Grösstes Beispiel ist das Gut Temmen bei Ringenwalde-Temmen. Sie haben über ihren Betrieb hinaus auch Initiaven unterstützt, Land für ökologische Landwirtschaft zu erwerben. Der verstorbene Gründer besass vorher in Berlin eine grössere Druckerei und druckte in den 70zigern unter dem Namen "Agitprop-Druckerei" in Kreuzberg für die APO (Raubdrucke, Flugblätter, Plakate etc.). Das Vermögen verwendete er nach der Wende für den Aufbau von Gut-Temmen, wohin er umsiedelte. Bei mir um die Ecke betreiben Uckermärker einen Bio-Rinderbetrieb, die Rinder sind ganzjährig auf der Weide.
1. Industrielle Nutzung: Um unser Dorf herum gab es noch vor 8 Jahren grosse unbestellte Trockenwiesenflächen auf sandigem Boden mit Lerchen, Feldhasen, breiter Gräser- und Blumenmischung. In der DDR machte die Dorf-LPG darauf Spargeln. Nach der Land-Rückübertragung verkauften die Dorfbewohner das Land, um sich damit die Häuser zu sanieren, oder wo es keine Rückübertragung gab, verkaufte der Staat an die Meistbietenden. Seither wird weiterverkauft oder verpachtet. Aktuell bewirtschaftet ein typischer Agrarbetrieb, ca. 15 km entfernt, der vor allem einen Maschinenpark wartet und einsetzt, die Flächen. Das bedeutet, im Jahr fahren ca. 3-4 mal Traktoren über die Felder, zur Aussaat- und Erntezeit. Der Winterroggen bleibt allerdings extrem mickrig (weil viel zu trocken), dass ich den Verdacht habe, es geschieht allein wegen der EU-Flächen-Subvention. Lerchen, breite Pflanzenvielfalt, Feldhasen sind seither Fehlanzeige. Diese Agrarbetriebe bestehen mehr oder weniger aus grossen Maschinenparks, die wirtschaftlich effizient im grossen Umkreis eingesetzt werden, auf eigenem oder teurem Pachtland, das von Großinvestoren zur Geldanlage / Spekulation erworben wurde. Dann findet man natürlich auch industrielle riesige Industrie-Tiermastanlagen, die von oft ortsfremden Investoren initiiert worden sind. Neue Anlagen entstehen selten noch, zuviele Bürgerinitiativen klagen aus ökologischen Gründen, teils erfolgreich. Verwaltungsgericht stoppt Schweinemast. Genehmigung für Haßleben aufgehoben. Die Schweinemastanlage Haßleben wird nicht in Betrieb gehen. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat endgültig festgestellt, dass die für die Anlage mit 37.000 Mastplätzen erteilte Genehmigung rechtswidrig ist. Damit endet der seit 16 Jahren andauernde Kampf gegen die geplante industrielle Tierhaltung in der Uckermark.
Die dumm und einfallslos angelegte, unter Druck im Schnellzugstempo durchgeführte Regierungssparpolitik nach dem Rasenmäherprinzip vereinigt jetzt fast alle Agrarbetriebe und den konservativen Verband im Widerstand, nur damit das Wirtschaftsministerium Intel und TSMC 15 Milliarden rüberschieben (subventionieren!) kann. Man könnte ja auch bei den Ausgaben vom ehemaligen KTF-Schattenhaushalt stärker streichen. Und das Ziel einer ökologischen Landwirtschaft gerät dabei total in den Hintergrund! Ich bin gespannt, wie die Landwirtschafts-Öko-Demo "Wir haben es satt" am 23.1.2024 ausfällt. Wir haben es satt Demo.
Die tatsächlichen und schlimmsten Kosten für uns alle dürften in den Warteräumen der Arztpraxen und den Notaufnahmen sichtbar werden, alle billig produzierten Lebensmittel werden am Ende teuer, für die Gesellschaft und für jeden der sich so ernährt oder sich so ernähren muss.
Naja, dann gehst du eben zum Arzt, lässt Zuckerkrankheit, Übergewicht o.ä. behandeln und bekommst teure Medikamente. Vielleicht kaufst du auch Diätprodukte. Gewinne würden eingesackt werden, Kosten würde die Gesellschaft tragen. Was soll´s also?!
Wenn es so etwas Schräges nicht gäbe, könnte man mal darüber nachdenken, es zu installieren ;-)
Gefunden bei Twitterperlen: Wie viel von der plötzlichen Solidarität für Bauern wohl übrig bliebe, würde es nicht „Die Ampel muss weg!“ heißen, sondern „Faire Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse! Die Milch bei Lidl muss teurer werden!“
Gefunden bei Twitterperlen: Wie viel von der plötzlichen Solidarität für Bauern wohl übrig bliebe, würde es nicht „Die Ampel muss weg!“ heißen, sondern „Faire Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse! Die Milch bei Lidl muss teurer werden!“
"Die Ampel muss weg" ist der größte gemeinsame Nenner eines beachtlichen Teils der deutschen Bevölkerung. Nichts verbindet Menschen mehr als ein gemeinsamer Feind. Liest sich sicher martialischer als es ist. Es ist menschlich. Und es scheint konsensfähig zu sein.
Interessant ist auch die Meinung, die ich in den letzten Tagen von vielen gehört habe:
"Ich finde das gut. Endlich steht mal jemand auf." So oder so ähnlich finden sich viele Stimmen. Zumindest in meiner Blase habe ich aber nichts von Umsturz oder ähnlichem gehört. Dazu kommt, dass zumindest hier in Erfurt die Protestaktion zwar sehr groß angelegt war, die Veranstalter aber spürbar darauf geachtet haben, die Behinderungen so klein wie möglich zu halten. So wurden u.a. bei Straßenüberquerungen penibel darauf geachtet, dass Strassenbahnen nicht blockiert werden, etc. Auch das ist vielen positiv aufgefallen.
Und auch wenn Thüringen eine Hochburg der AfD ist. Die Stadt Erfurt ist es nicht. Man hat hier in Thüringen ähnliche Stadt-/Landverschiebungen wie woanders auch. Aber selbst hier überwog die Sympathie.
"Die Ampel muss weg" ist der größte gemeinsame Nenner eines beachtlichen Teils der deutschen Bevölkerung. Nichts verbindet Menschen mehr als ein gemeinsamer Feind. Liest sich sicher martialischer als es ist. Es ist menschlich. Und es scheint konsensfähig zu sein.
Noch vor wenig mehr als 2 Jahren hieß es, "Merkel" muss weg. Jetzt muss eben die "Ampel" weg. Warum eigentlich, wieso eigentlich? Wer verbreitet denn diese Parolen und zu welchen Zweck?
Das Ganze ist martialisch, gerade wenn es dann mit entsprechenden Gewalt-Phantasien hinterlegt wird. Es gibt derzeit genau eine Möglichkeit die Ampel los zu werden, durch ein konstruktives Misstrauensvotum im Bundestag. Die Betonung liegt auf konstruktiv. Es geht hier nicht um die Ampel, eine potentielle neue demokratische Regierung egal ob Schwarz-Rot, Schwarz-Gelb, Grün-Rot oder wie auch immer wird innerhalb kürzester Zeit wieder unter Druck gesetzt werden.
Man sollte nicht so naiv sein, und solche, plumpe Parolen hinterher plappern, nur weil die sich zufällig gegen den politischen Gegner.
"Die Ampel muss weg" ist der größte gemeinsame Nenner eines beachtlichen Teils der deutschen Bevölkerung.
In den letzten 40 Jahren hatte die CDU/CSU 31 Jahre das Agrarministerium.
Die heutigen Probleme der Landwirtschaft sind nach meinem Verständnis vor allem strukturelle Probleme: Ein freier Markt in der EU für Agrarerzeugnisse bei gleichzeitig unterschiedlichen nationalen Gesetzen für die Produktion dieser Erzeugnisse.
Cem Özdemir oder Robert Habeck oder die Ampel haben das nicht in die Welt gesetzt, sondern das waren maßgeblich die Schwarzen. Ich verstehe nicht, warum man in dieser Partei eine Lösung für die Bauern und Bäuerinnen sieht. Ich habe zudem von der CDU keinerlei Lösungsvorschlag für die Situation der Bauern vernommen. Was soll sie auch machen? Es fehlt schlicht das Geld: Was man den Landwirten gibt, muss man anderen wegnehmen.
Von der großen Aufgabe, dass die Landwirtschaft als einer der größten Emittenten von Treibhausgasen sich an vielen Stellen wird ändern müssen, reden wir noch gar nicht. Man kann sich ausmalen, welcher Kraftakt hier noch bevorsteht!
(Mich würde es freuen, wenn die CDU-Politiker unter Kanzler Merz dieses Problem lösen – wo die doch so gescheit sind!)
Zwischen 2005 und 2021 mussten 140.000 landwirtschaftliche Betriebe aufgeben (von 396.600 auf 257.000).
Bilanz von Seehofer (CSU), Aigner (CSU), Friedrich (CSU), Schmidt (CSU), Klöckner (CDU)….