Die Sache mit der göttlichen Urherberschaft ist dagegen schon schwieriger. Jedenfalls wird sie nicht durch Tatsachen widerlegt. Auf dieselbe Weise, wie sie nämlich behauptet wird, so wird sie auch abgelehnt: durch Autorität.
Du vergleichst da zwei Autoritäten: Die Autorität einer Offenbarung, denn alles religiöse Wissen ist letztlich geoffenbartes Wissen. Ein Busch spricht oder ein Engel erscheint im Traum. Dem stellst Du eine weitere Autorität gegenüber, nämlich die der rationalen, wissenschaftlichen Wahrscheinlichkeit und Plausibilität.
Diese beiden Autoritäten stehen aber nicht auf einer Stufe. Nur weil weder die Religion, noch die Wissenschaft die Existenz oder Nichtexistenz des Heiligen Geistes beweisen kann, bedeutet das nicht, beide Möglichkeiten wären gleich wahrscheinlich.
Wohnen unter meinem Haus unsichtbare Feen? Weder die Existenz noch die Nichtexistenz kann von irgend jemandem bewiesen werden. Daraus darf man aber nicht folgern, beide Möglichkeiten seien gleichberechtigte Standpunkte.
Die Vorstellung, ein Gott habe die Bibel diktiert und Steintafeln herab gereicht, wird durch starke und überzeugende Argumente angezweifelt. Schöpfungsgeschichte, Arche Noah, die Mauern von Jericho und viele, viele andere Behauptungen der Bibel sind glasklar widerlegt. Sie strotzt vor inneren Widersprüchen. Es ist schon etwas kühn, das alles überhaupt als Autorität zu bezeichnen, wenn man es wissenschaftlicher Autorität gegenüber stellt.
Ich habe ja die konkreten logischen Mängel, die ich jeweils meinte, angesprochen. Z.B. hat die Tatsache, daß an einer bestimmten Stelle Gott oder Moses dieses tut und seinem Volk jenes befiehlt, nicht zur logischen Konsequenz, daß der Leser dasselbe tun oder demselben Befehl folgen solle. Aus dem Anerkennen der Zehn Gebote folgt auch nicht, daß alles, was Moses tut und befiehlt nachzuahmen ist.
Aaahh, die Sache klärt sich. Es geht Dir darum, wie die Bibel heute auszulegen sei. Gilt sie noch? In allen Punkten? Für wen?
Sag' Bescheid, wenn Du damit fertig bist. Dann werde ich Dir mühelos tausend weitere Auslegungen zeigen, die Deiner Auslegung widersprechen (und die sich zudem untereinander widersprechen).
Aber was ist Deine Position? Soll man der Bibel folgen oder nicht? Folgst Du ihr? Kann sich die Kirche auf die Bibel berufen, wenn sie die Heirat von Homosexuellen ablehnt?
Du beschreibst wieder nur Fragen. Wo sind die Antworten?
Mich würde ein Beispiel interessieren. Gibt es ein Beispiel für eine Aussage der Bibel, zur der es erstens einen naturwissenschaftlichen Gegenbeweis gibt, und die Du zweitens trotzdem glauben würdest, und zwar im Sinne von "Nachdenken und seine Schlüsse ziehen"?
Ich kann mir darunter nichts vorstellen. Ich kenne die Bibel und ein bisschen Naturwissenschaft. Hättest Du ein Beispiel parat, damit ich sehe, wovon Du sprichst?
"Ich aber sage euch: Widerstehet nicht dem Bösen, sondern wer irgend dich auf deinen rechten Backen schlagen wird, dem biete auch den anderen dar"
Das kann man bspw. - ohne dass es relevant wäre, ob es so passiert oder gesagt wurde, oder eben auch nicht - (tiefen-)psychologisch interpretieren: Verhält man sich so, macht man dem Täter bewusst, selbst Opfer zu sein. Ein Täter ist aus psychologischer Sicht auch das Opfer seiner eigenen Handlungsweise, da er ja letztlich aus Frustration und Irritation heraus agiert.
"Ich aber sage euch: Widerstehet nicht dem Bösen, sondern wer irgend dich auf deinen rechten Backen schlagen wird, dem biete auch den anderen dar"
Das kann man bspw. - ohne dass es relevant wäre, ob es so passiert oder gesagt wurde, oder eben auch nicht - (tiefen-)psychologisch interpretieren: Verhält man sich so, macht man dem Täter bewusst, selbst Opfer zu sein. Ein Täter ist aus psychologischer Sicht auch das Opfer seiner eigenen Handlungsweise, da er ja letztlich aus Frustration und Irritation heraus agiert.
Danke für das Beispiel. Ich finde darin allerdings keine wissenschaftlich widerlegte Aussage der Bibel, die Du trotzdem glauben würdest. Hättest Du für geistige Fußgänger wie mich bitte noch ein weiteres, deutlicheres Beispiel?
Jetzt wurde ja von mehreren Seiten bemängelt, daß unklar sei, welches eigentlich mein Standpunkt zur Religion sei. Für meine Argumentation ist ein solcher Standpunkt unerheblich, weil ich mich dabei lediglich auf Logik und Beobachtung stütze, und weil ich darin die Religion weder angreife noch verteidige, sondern versuche zu zeigen, daß die hier vorgeführten Angriffe teilweise und aus verschiedenen Gründen die Religion gar nicht treffen. (Ich dachte, das könnte für Diskussionsteilnehmer und Leser aus beiden Lagern von Interesse sein.)
Persönlich bin ich nicht besonders religiös, also nach Jörns Standards mindestens der Ketzerei schuldig.
Du vergleichst da zwei Autoritäten: Die Autorität einer Offenbarung ...die der rationalen, wissenschaftlichen Wahrscheinlichkeit und Plausibilität...
Nein, diese zwei Autoritäten meinte ich nicht. Es ging um die Aussage: „Die Bibel ist von göttlicher Urheberschaft.“ Sowohl wer diese Aussage bejaht als auch wer sie verneint, tut dieses nicht aus einer tieferen Einsicht oder Erkenntnis, sondern mit der Autorität seines jeweiligen Werturteils.
Wer diesen Satz für eine Tatsachenbehauptung hält, unterliegt einem Aberglauben, egal ob er ihn bejaht oder verneint.
Denn in die Sprache des Atheisten übersetzt, könnte göttliche Urheberschaft in etwa soviel bedeuten wie von höchstem Wert und größer als alles, was ein Mensch normalerweise leisten kann.
Du schreibst, das Wort "Gott" könnte man in eine für Ungläubige verständliche Sprache übersetzen, und dann würde es soviel heißen wie (Zitat) "von höchstem Wert und größer als alles, was ein Mensch normalerweise leisten kann".
Das ist ein Irrtum sprachlicher Art. Nur weil wir einen besonders gelungenen Käsekuchen (oder die betörenden Schenkel von Zsa Zsa Gabor) als "göttlich" bezeichnen, bedeutet das nicht, dass das Wort "Gott" ebenfalls diese Bedeutung hat.
"Gott" heißt ganz sicher nicht "besonders gelungen", sondern ist die Bezeichnung einer personalen Gottheit, die nicht nur als Konzept existiert (etwa wie das Konzept "schön" oder "angenehm"), sondern der sich in 1. Mose 18,4 die Füße wäscht und unter einen Baum setzt.
Wer nicht glaubt, dass Gott eine Person ist, mit den persönlichen Eigenschaften Barmherzigkeit, Wahrhaftigkeit, Treue und Güte -- der ist kein Christ. Ich formuliere das nicht zufällig, sondern es ist den päpstlichen Dogmen entnommen, und zwar jenen mit Status "de fide". Diese Bezeichnung bedeutet, dass wir es mit absoluter Glaubensgewissheit glauben dürfen und müssen.
Man beachte auch, dass dieser Gott als Person in Jerusalem aufgetaucht ist, und nicht etwa als Konzept, Käsekuchen oder Zsa Zsa Gabor. Es kann also keine Rede davon sein, dass das Wort "Gott" nur sowas wie "ganz besonders prima" bedeutet.
Das Wort bezeichnet keine Wertung, wie Du versuchst zu suggerieren. Sondern es bezeichnet den Urheber als Person. Gott als Urheber meint in Bezug auf die Zehn Gebote, dass er selbst sie verfasst hat, und nicht, dass sie ganz besonders gelungen sind.