Andere theoretisch denkbare Lösungen, wie sie Macron und Scholz (und eben auch dir) vorschweben, nämlich, dass die Ukraine militärisch verliert [...] halte ich für reine Scheinlösungen mit hochgradig instabilen VErhältnissen ähnlich der Situation im Donbas nach dem viel kritisierten Minsker Abkommen.
In den von Russland besetzten ukrainischen Gebieten würde es in dem Fall dauernde Partisanentätigkeit geben, auf die Russland zweifellos mit zunehmender Brutalität gegenüber der Zivilbevölkerung handeln würde, ...
Das ist möglich, da bin ich ganz bei Dir. Ein Verhandlungsergebnis, bei dem am Ende ukrainisches Gebiet ohne Wenn und Aber an Russland fällt, wäre nicht gut.
Vielleicht lassen sich aber bessere Konstellationen erzielen. Etwa, die strittigen Gebiete fallen nicht an Russland, sondern bilden autonome Gebiete. Vielleicht mit einer Bürgerwahl nach 10 oder 15 Jahren. Ich will das hier nicht alles aufzählen, doch es gibt noch andere denkbare Lösungen, die einen Kompromiss darstellen.
Sie alle sind unsicher, haben etliche Nachteile und fordern große Opfer. Doch diese Einschränkungen gelten auch für den von Dir bevorzugten militärischen Weg: Die russische Armee wieder komplett hinter die ursprünglichen Grenzen zurückzudrängen, und die zerstrittenen Nachbarn lebten fürderhin in Frieden immerdar.
Angesichts dieser Unwägbarkeiten ist mir teilweise die Entschiedenheit Deines Standpunktes unverständlich.
Letztlich vertrittst du mit deinem Standpunkt die aus meiner Sicht fatal zögerliche Haltung unseres Bundeskanzler Scholz, mit der ich -wie bereits mehrfach geäußert- in keiner Weise einverstanden bin, dem realpolitisch die Ukraine und die Menschen in der Ukraine komplett am Allerwertesten vorbeigehen, da er auch noch nie seit Beginn des Krieges in der Ukraine mit Ukrainern gesprochen hat.
Scholz verzögert seit Beginn der Ukraine-Krise jegliche militärische Unterstützung der Ukraine mit ständig wechselnden Argumenten, um dann wenn es irgendwann einen Waffenstillstand geben sollte, so schnell wie möglich wieder zu einem normalen Geschäftsverhältnis mit Putin zu kommen.
.....
Soweit ich informiert bin, hat sowohl Italiens Regierung einen Kompromiss vorgeschlagen wie auch Macron soll sich in dieser Richtung geäussert haben, ähnlich Jens Stoltenberg. Scholz steht somit nicht allein mit seiner Haltung. So sieht es wohl auch der Berater der Ukraine, der gestern vor dem gemeinsamen Besuch der drei Politiker allen deutlich signalisiert hat, er und Selensky wollen keinen Friedensplan als Kompromiss.
Zitat:
"Der Präsidentenberater der Ukraine, Oleksiy Arestovych, weist vor dem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Regierungschef Mario Draghi einen möglichen Friedensplan nach dem Vorbild der Minsker Vereinbarung zurück."
Macron hat diese Auffassung übrigens gestern in Rumänien wiederholt:
Zitat:
„Irgendwann, nach unserer Hilfe für den Widerstand der Ukraine, müssen wir verhandeln. Der Präsident der Ukraine wird mit Russland verhandeln müssen, und wir, die Europäer, werden an diesem Tisch sitzen".
...
Dass die Ukraine trotz allem Einsatz in der Lage sein wird, die bereits eroberten Gebiete zurückzuerobern, ist äußerst fraglich. ...
Ich halte das für so "äußerst fraglich" wie die Einschätzung vieler Politiker und sogenannten Experten zu Beginn des Krieges, dass die Ukraine innerhalb weniger Tage gefallen und die dortige Regierung gestürzt sein wird. Diese Meinung hast du übrigens auch Ende Februar hier vertreten während ich schon damals heftig widersprochen habe.
Russland hat schon jetzt viel mehr Soldaten verloren als seinerzeit in 10 Jahren Afghanistankrieg. Und auch die russische Invasion in Afghanistan endete einst mit einer desaströsen Niederlage Russlands und dem Rückzug des russischen Militärs.
Auch die russischen Ressourcen an Militärgerät und an Soldaten sind nicht unendlich und die ukrainischen Ressourcen hängen in erster Linie von der Bereitschaft des Westens ab, die Ukraine wirksam zu unterstützen.
Wer also auf eine ukrainische Niederlage setzt, der geht explizit davon aus, dass der Westen der Ukraine die für eine erfolgreiche Fortführung der Verteidigung nötigen Ressourcen vorenthält.
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
...Das bedeutet, die Menschen sterben in der oben skizzierten Menge und die Ukraine verliert wahrscheinlich dennoch das Land. Was ist so verkehrt daran, über dieses Land zu verhandeln, statt darum zu kämpfen und dafür zu sterben? Falls es gelingt, den Krieg um einen Monat zu verkürzen, rettet das 10.000 Menschen das Leben.
In der von dir präsentierten Logik und im Bemühen sinnloses Blutvergießen zu vermeiden, hätten die Alliierten 1945 auch auf die Idee kommen können (oder vielleicht sogar müssen?) in ernsthafte Verhandlungen mit Hitler einzutreten, um ihm ein paar territoriale Zugeständnisse und einen gesichtswahrenden Ausweg aus dem sinnlos gewordenen Krieg zuzugestehen.
Zu dem Zeitpunkt war ganz Europa ohnehin längst befreit, Deutschland lag am Boden, Berlin war zerbombt. Da hätte man zur Vermeidung von Toten doch auch auf die eher symbolische Eroberung von Berlin und des Führerhauptquartiers verzichten können...
Ich sehe die Rechung mit den vielen ukrainischen Toten nicht so pessimistisch, wie du es darstellst, da die aktuelle Situation mit einer täglich hohen Zahl an ukrainischen Toten bei der richtigen militärischen Unterstützung der Ukraine so nicht anhalten wird.
Moderne westliche Artilleriegeschütze sind reichweitenstärker und treffgenauer als die von den Russen im Donbas eingesetzten großteils 30 bis 50 Jahre alten Haubitzen, so dass demnächst die russischen militärischen Stellungen wesentlich besser als bisher aus sicherer Distanz bekämpft werden können.
Aber ja, es wird bei einem Fortschreiten der Kampfhandlungen weitere Verluste (unter dem beteiligten Militär und auch unter ukrainischen Zivilisten) geben, da hast du zweifellos recht. Aber ich sehe aktuell auch noch keinerlei Verhandlungswillen auf russischer Seite. Die Russen sind es doch, die derzeit Severodonezk und Lissichansk mit flächendeckendem Artilleriebeschuss dem Erdboden gleichmachen. Russland wird frühestens dann in ernsthafte Verhandlungen über einen Waffenstillstand und einen Friedensvertrag eintreten, wenn sie entweder ihre Kriegsziele erreicht haben oder wenn ihnen endgültig die Soldaten und das passende Kriegsgerät ausgehen und somit die Ukraine im Begriff wäre, die militärische Oberhand zu gewinnen.
...
Angesichts dieser Unwägbarkeiten ist mir teilweise die Entschiedenheit Deines Standpunktes unverständlich.
Mein Standpunkt ist keineswegs verengt auf militärische Hilfe der Ukraine. Das habe ich ja schon mehrfach dargelegt.
Wenn es nach mir ginge, hätten wir längst Sanktionen gegen Russland, gerade auf dem Energiesektor, in ganz anderem Ausmaß verhängt, denn das würde das System Putin langfristig weitaus härter treffen als nur der militärische Widerstand der Ukraine.
Erst wenn wir uns aus der Abhängigkeit von russischem Öl und Gas vollständig befreit haben, können wir auch ernsthaften Druck auf China und Indien ausüben, dass diese keine optionalen Ersatzkäufer für Russlands Öl und Gas werden.
Im Augenblick würden wir uns mit entsprechenden Forderungen an China und Indien angesichts des eigenen Öl- und Gasbezugs aus Russlands lächerlich machen.
Das habe ich nicht verstanden. In der Vergangenheit hat sich doch gezeigt, dass Putin in völliger Unabhängigkeit von äußeren Einflüssen agierend wiederholt andere Länder angegriffen hat. Worin siehst Du denn die US-amerikanischen aggressiven Expansionsgelüste, welche zum Beispiel zum Angriff Tschetscheniens oder auch Georgiens geführt haben sollen?
Selbstverständlich ist die gesamte Dialektik, nach welcher die USA gut sind, während Russland der Schurkenstaat ist, ziemlich undifferenziert. Dennoch finde ich nicht, dass auch nur ein kleiner Teil der Invasionen Russlands in den vergangenen Jahren durch westliche Expansionsgebaren zu rechtfertigen ist - möglicherweise zu erklären, mehr aber nicht.
Aber gut. Das wurde hier vermutlich schon mehrfach diskutiert und ich trage nichts neues bei. Ich wüsste nur gerne, was genau Hafu da meint.
Kleine Korrektur Tschetschenien ist kein anderes Land sonder Teil der Russischen Föderation, es war ein Bürgerkrieg sozusagen, ein Verbrechen aber kein Angriff auf ein anders Land wie zB in Georgien, wobei Geogien bekanntlich zuerst geballert hat Russland hat dann ...........overused the force in response of the georgian attack sagt der UN Bericht dazu.
Die einzige Invasion unter Putin war die Krim.
Vielleicht ist gemeint die damalige US Finanzierung aller Dhjihadisten solange sie früher die UdSSR später Russland destabilisieren
Kleine Korrektur Tschetschenien ist kein anderes Land sonder Teil der Russischen Föderation, es war ein Bürgerkrieg sozusagen, ein Verbrechen aber kein Angriff auf ein anders Land wie zB in Georgien, wobei Geogien bekanntlich zuerst geballert hat Russland hat dann ...........overused the force in response of the georgian attack sagt der UN Bericht dazu.
Die einzige Invasion unter Putin war die Krim.
Vielleicht ist gemeint die damalige US Finanzierung aller Dhjihadisten solange sie früher die UdSSR später Russland destabilisieren
Danke Marco für die Korrektur. Dennoch: es bedurfte keines US-amerikanischen Zutuns für diese Aggressionen.
.....
Russland wird frühestens dann in ernsthafte Verhandlungen über einen Waffenstillstand und einen Friedensvertrag eintreten, wenn sie entweder ihre Kriegsziele erreicht haben oder wenn ihnen endgültig die Soldaten und das passende Kriegsgerät ausgehen und somit die Ukraine im Begriff wäre, die militärische Oberhand zu gewinnen.
Das ist zum Verhandlungsstand die offizielle Erklärung Russlands:
Zitat:
"Seit der Übertragung russischer Vorschläge an die Ukraine wurde der russisch-ukrainische Verhandlungsprozess auf Eis gelegt, Kiew hat nicht darauf reagiert, sagte Yury Ushakov, Berater des Präsidenten der Russischen Föderation.
Während eines Gesprächs mit Journalisten bei einem Briefing in Moskau erinnerte er daran, dass das letzte persönliche Treffen der Verhandlungsführer in Istanbul stattfand, am 15. April wurden russische Vorschläge an Kiew übergeben.
Unser Projektentwurf wurde übergeben, der im Moment der letzte bleibt, weil es keine Reaktion gab. Und danach gab es vielleicht einige inoffizielle Kontakte per Telefon, und zwar nicht auf Delegationsebene, sondern auf Ebene von einzelne Vertreter. Und dann ist im Allgemeinen alles ausgestorben ", sagte Ushakov.
Im Moment hat sich die Situation seiner Meinung nach nicht geändert.
Dein Vergleich mit dem Afghanistankrieg taugt übrigens nicht für die heutige Situation, weil der militärische Rückzug aus Afghanistan aus der Sicht der damaligen UDSSR nicht die Sicherheit des Landes gefährdete (vgl. die geografische Lage Afghanistan mit Ukraine), hingegen ein Abzug aus der Krim und dem Militär-Stützpunkt Sewastopol aus russischer Sicht die Landessicherheit direkt bedroht. Insofern kann man damit rechnen, dass die russische Regierung gegebenenfalls alles tun würde, um weitere Ressourcen an Menschen und Waffen zu mobilisieren, um die Krim zu halten.
Danke Marco für die Korrektur. Dennoch: es bedurfte keines US-amerikanischen Zutuns für diese Aggressionen.
Jein, Georgien war ja schon damals im NATO Partnership for Peace Programm so wie die Ukraine und Shakashwili hat seit der Präsident war ziemlich heftig die antirussische Karte gespielt.
Eigentlich ziemlich ähnlich der Situation mit der Ukraine 2021 auch deshalb weil der Verbindungen zwischen Russland und Georgien genauso eng waren wie zwischen der Ukraine und Russland.
Georgien ist für Russland Hinterhof, so wie Guatemala für die USA, die den Präsidenten 2 mal abgesetzt haben, als er es gewagt gegen die United Fruit Company vorzugehen (Chikita).
Geändert von Koschier_Marco (15.06.2022 um 12:38 Uhr).