Zitat:
Zitat von Trimichi
Lieber Jörn,
du reißt meine Worte komplett aus dem Kontext.
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Von welchem "KONTEXT" ist denn die Rede? Von der Behauptung, dass die 10 Gebote quasi Art 1 GG implizieren?
Was steht denn Artikel 1 GG:
(1) 1 Die Würde des Menschen ist unantastbar. 2 Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
Fangen wir mal bei der Würde an. Was genau ist denn "Würde"?
Ich persönlich halte mich da an das, was das Bundesverfassungsgericht und der BGH so zu sagen hat.
Der Bundesgerichtshof (BGH) versteht die Menschenwürde als Wert- und Achtungsanspruch, der dem Menschen kraft seines Menschseins zukommt, unabhängig von seinen Eigenschaften, seinem körperlichen oder geistigen Zustand, seinen Leistungen oder sozialem Status.
Aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist der Begriff stets einzelfallbezogen auszulegen,
der durch die weiteren Grundrechte innerhalb der Verfassung konkretisiert wird, sodass im Ergebnis die Menschwürde ein flexibles Abwehrecht und Leistungsrecht darstellt. Das heißt, der einzelne hat verschiedene Abwehr- und Leistungsrechte gegen den Staat.
Beispiel 1:
Ok. So weit so gut. Also gelten noch weitere Grundrechte für den Menschen und die Wahrung seiner Würde. Nehmen wir mal Art. 4 GG Da steht:
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Nun steht aber sinngemäß in den 10 Geboten gleich als erste und somit wohl wichtigste Norm:
"Du sollst keine anderen Götter neben mir haben"
Aber genau DAS sieht doch unser Grundgesetz vor und ist Bestandteil der Menschenwürde? Art 4 GG sagt, dass ich ungestört an Elfen und Trolle glauben darf, dass ich auf meinen Brief aus Hogwarths warten darf und meine Religion ausüben darf. Das steht im krassen Gegensatz zu dem, was da in den 10 Geboten steht. Was genau also verlangt das erste Gebot? Loyalität? Aber ich darf laut GG selbst entscheiden, ob ich überhaupt irgendjemandem loyal sein muss, wem gegenüber ich loyal sein möchte und vor allem auch wann und aus welchem Grund meine Loyalität endet.
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Beispiel zwei:
Die Menschenwürde gilt für alle Menschen. Sie gilt nicht nur für Deutsche. Es ist ein MENSCHENrecht und deshalb nicht auf die Deutschen begrenzt. Auch ein Straftäter, der gestohlen oder getötet hat, wird in unserem Grundgesetz nicht ausgeschlossen. Auch dem Dieb und Mörder/Totschläger steht das Recht auf Menschenwürde zu. Deshalb hat er diverse Rechte, wie zum Beispiel einen Strafverteidiger. Bei Tötung muss der Staat sogar für einen Pflichtverteidiger sorgen. In den 10 Geboten jedoch werden noch die Kinder der Kinder der Kinder bestraft (siehe unten).
In den 10 Geboten steht: Du sollst nicht stehlen. Du sollst nicht töten. Du sollst nicht ehebrechen, Eltern ehren etc...
Beispiel 3
Ein Kind soll also seine Eltern ehren, die das Kind möglicherweise missbraucht und misshandelt haben. Das dürfen sie ja eigentlich nicht, denn auch das steht in den 10 Geboten. Aber eigentlich ist das total egal, denn das misshandelte Kind wird sowieso von Gott bestraft für die Taten der Eltern, denn die Strafe für die Missachtung eines der Gebote sieht wie folgt aus:
Strafe bei Missachtung (nach Luther wohl

Ich der Herr, dein Gott, bin ein eifernder Gott. der an denen, die mich hassen, die Sünde der Väter heimsucht
bis zu den Kindern im dritten und vierten Glied; aber denen, die mich lieben und meine Gebote halten, tue ich wohl bis in tausend Glied. Ich habe hier mal den "Kuscheltext" der Webseite der
Landeskirche Hannover zu Hilfe genommen, da ich leider weder bibel- noch gebotsfest bin...
Das von den Eltern misshandelte Kind wird also doppelt bestraft. Bei uns hierzulande gilt da zum Glück "Keine Strafe ohne Gesetz" und es gibt natürlich keine Sippenhaft.
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Beispiel 4 etwas weiter hergeholt:
Ach ja... lügen darf ein Angeklagter übrigens auch vor Gericht ;-) Er hat das Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen. Deshalb darf er Geschichten erzählen, bis sich die Balken biegen. Er wird dafür nicht bestraft. Man wird ihm wohl lediglich nur nicht glauben. Die 10 Gebote sagen aber, dass man nicht lügen darf und lügen wird bestraft bis zu den Kindern der Kinder der Kinder...
So könnten wir die Liste sicher noch verlängern. Die 10 Gebote sind schlicht unflexibel in jeder Hinsicht. Sie lassen keinen Spielraum. Danach gäbe es vermutlich keinen einzigen Menschen, der es jemals in den Himmel schaffen würde. Kinder lügen halt gelegentlich... "Nein ich habe das Spielzeugauto von Axel nicht kaputt gemacht." Zack gelogen... Hölle.
... also... wir sehen uns alle spätestens in der Hölle wieder. Schönes Wochenende!