(Das ist allerdings ein Themenwechsel, denn um den Begriff der Wahrheit reden wir hier nicht)
Religion ist ein Konstrukt. Es wird schwierig mit der Wahrheit, weil somit jeder seine Religion auslegen kann, wie er will.
Ähnlich ist es z.B. mit der Zeit. Für den Physiker ist die Zeit etwas anderes als für den Philisophen oder den Ökonomen (Zeit = Geld).
Deshalb kann man auch ewig darüber reden und streiten.
Religion ist ein Konstrukt. Es wird schwierig mit der Wahrheit, weil somit jeder seine Religion auslegen kann, wie er will.
Ähnlich ist es z.B. mit der Zeit. Für den Physiker ist die Zeit etwas anderes als für den Philisophen oder den Ökonomen (Zeit = Geld).
Deshalb kann man auch ewig darüber reden und streiten.
Ich teile Deinen ersten Punkt: Religion ist wie jedes andere System über Kommunikation und Leitdifferenzen sozial konstruiert. In diesem Fall sogar mit x-verschiedenen Konstruktionen und zum Teil historisch schon recht alt. Und in den Systemen existieren x-verschiedene Subsysteme. Jedes davon konstruiert seine eigene Wahrheit, um den sensiblen Begriff eines Teils der Diskussion hier nochmals aufzugreifen. Und zwar normativ, nicht empirisch. Und weil die Systeme prinzipiell selbstreferentiell sind, haben sie die Tendenz sich selbst zu erhalten - wie wir sehen sogar recht lange.
"Beschüsse" von außen führen eher zur Festigung des Systems, denn zu dessen Aufweichung. Deshalb ist der postulierte "Sieg" des Systems der Atheisten für das Religionssystem (bzw. des hier näher eingegrenzten Systems des Klerus) ziemlich irrelevant - auch wenn das aus einer persönlichen Sicht bedauerlich sein sollte.
...
Was wäre, wenn ich den oben zitierten Satz bestreiten würde (nämlich, dass die Theologie ihre eigene Wahrheitsbedingung hat)? ...
Wenn Du also sagst, "theologische Sätze haben keine äußeren Wahrheitsbedingungen", dann ist das eine willkürliche Hilfestellung zugunsten der Theologie, der ich mich nicht anschließen muss. ...
Ich würde hier gerne an Arnes Posting erinnern, in dem er darlegte, dass die Scheiterhaufen ja nicht nur theoretisch brannten, sondern ganz weltlich und real. ...
Du müsstest doch mindestens die Möglichkeit einräumen, dass die Theologie sich im gleichen Rahmen wie alles andere bewegt und einfach Murks ist?
Du kannst der Theologie ihre eigenen Wahrheitsbedingungen theoretisch schon bestreiten. Dann solltest Du aber zumindest andere aufstellen. Und ich vermute, damit wirst Du dann nicht zu dem Ergebnis kommen, daß die theologischen Sätze falsch sind, sondern daß sie gar keine Sätze bzw. unsinnig sind.
Ich beschreibe Vorgänge und Entscheidungen, auf denen die Religion beruht. Das ist keine einseitige Hilfestellung für die Theologie. Im Gegenteil, es kann auch für den, der die Religion angreifen will, hilfreich sein. (Den Feind besser kennen.)
Wie man sich den Bezug zum weltlich Realen vorstellen kann, habe ich ja schon am Beispiel der Sünde versucht darzulegen.
Ich teile die Ansicht nicht, daß sich alles andere in einem einzigen Rahmen bewegt. Mathematik, Kunst, Philosophie, Naturwissenschaft, etc. haben unterschiedliche Wahrheitsbedingungen. Oder willst Du die auch alle widerlegen und abschaffen?
"Beschüsse" von außen führen eher zur Festigung des Systems, denn zu dessen Aufweichung. Deshalb ist der postulierte "Sieg" des Systems der Atheisten für das Religionssystem (bzw. des hier näher eingegrenzten Systems des Klerus) ziemlich irrelevant - auch wenn das aus einer persönlichen Sicht bedauerlich sein sollte.
Wir leben alle wohl ganz gut damit, dass wir heute Alternativen zum "Religionssystem" haben. Die Freude darüber liegt nicht bei einer einzelnen Person, sondern bei der überwiegenden Mehrheit der westlichen, freiheitlichen Gesellschaft. Unsere heutigen Freiheitsrechte haben wir auch durch eine kritische Auseinandersetzung mit den Religionen erreicht.
Übrigens in einem friedlichen Prozess. Kriegerisch, also gewaltsam, agierte eher die Seite der Religion. Deine Sprachbilder von "Beschüssen" und "Siegen" gehen etwas an den Realitäten vorbei. Kant, Feuerbach, Darwin, Einstein etc. waren sehr friedliche Menschen.
Ich teile Deinen ersten Punkt: Religion ist wie jedes andere System über Kommunikation und Leitdifferenzen sozial konstruiert. In diesem Fall sogar mit x-verschiedenen Konstruktionen und zum Teil historisch schon recht alt. Und in den Systemen existieren x-verschiedene Subsysteme. Jedes davon konstruiert seine eigene Wahrheit, um den sensiblen Begriff eines Teils der Diskussion hier nochmals aufzugreifen. Und zwar normativ, nicht empirisch. Und weil die Systeme prinzipiell selbstreferentiell sind, haben sie die Tendenz sich selbst zu erhalten - wie wir sehen sogar recht lange.
Ich sehe da auch nichts Negatives dran. Ganz im Gegenteil.
Natürlich wird mit Hilfe von Religion unterdrückt, ausgebeutet, gemordet. Das muss man auch benennen und dagegen angehen. Wird aber der Physikunterricht abgeschafft, weil die Kinder zu Ingenieuren ausgebildet werden und einige davon direkt oder indirekt am Bau grausamer Waffensystem beteiligt sind? Kaufen wir keine coolen Laufschuhe mehr, die irgendwo unter unmenschlichen Bedingungen für 60€ pro Monat von jungen Frauen zusammengenäht werden? Im Fach Wirtschaft werden die Grundsteine dazu gelegt und jedem Schüler eingedrichtert, bis er nicht mehr darüber nachdenkt und es verinnerlicht hat. Gehirnwäsche pur!
Mit dem Buchdruck wurde die Bibel massenhaft verbreitet und dem Volk das Lesen (der Bibel) gelernt. Beides, der Buchdruck und das Lesen, trugen gleichzeitig dazu bei, dass halt auch die Schriften der Aufklärer oder eines Darwin massenhaft rezipiert wurden. Die Trennung von Staat / Religion schützte später die Religionsfreiheit und beseitigte den Weltanschauungszwang. Insofern kann die These von der familiären "Vererbung" der Religionen den Wandel nicht erklären, der in der Neuzeit bei den religiösen, weltanschaulichen Einstellungen und religiösen Organisationen stattfand. Man muss sich die Veränderungen der Lebensgrundlagen, der Produktivkräfte anschauen, welche weltanschauliche Veränderungen nach sich ziehen. Dass sich weltweit die religiösen Traditionen der vorneuzeitlichen Gesellschaften regional erhalten, indem sie sich an die neuzeitlichen Lebensformen anpassen und indem sie Bündnisse mit den neuen kapitalistischen Herrscher eingehen, gehört zu diesem Wandel dazu. Selbst Saudi-Arabien, wo noch eine Monarchenfamilie und Religionsdiktatur mit Gewalt herrschen, weil sich sonst Saudis der Aufklärung zu- und vom Wahabismus und Mekka abwenden würden, muss neuerdings dem "ökonomischen" Zwang der Neuzeit folgen und ein Gesetz erlassen, das den Frauen erlaubt, ohne Erlaubnis ihres Mannes / Vaters eine Arbeit, ein Studium oder Ausbildung aufzunehmen und ins Krankenhaus zu gehen.
Hier die Zahlen zu Europa:
"Die Anzahl der Einwohner, die angaben, weder an Gott, noch an eine spirituelle Kraft zu glauben, war im Jahr 2010 mit 40 % in Frankreich und 37 % in Tschechien am höchsten und betrug in Deutschland 27 %, in Österreich 12 % sowie 11 % in der Schweiz." https://de.wikipedia.org/wiki/Atheis...ische_Merkmale
Offenbar beeinflusst eine streng laizistische Verfassung wie in Frankreich die Zahl der Atheisten / Gläubigen.
Ich sehe da auch nichts Negatives dran. Ganz im Gegenteil.
Natürlich wird mit Hilfe von Religion unterdrückt, ausgebeutet, gemordet. Das muss man auch benennen und dagegen angehen. Wird aber der Physikunterricht abgeschafft ... . Gehirnwäsche pur!
Dogmatisches Denken soll durch ein Glaubens- oder Erkenntniskonstrukt nicht gefördert werden.
Kritisches Denken soll gefördert werden - das ist aber eine besondere Schwachstelle der Religionen. Die Falsifizierbarkeit einer These - undekbar für eine Religion und Basis für kritisches Denken.
In der Turkei wäre ich wahrscheinlich Moslem, in Indien Hindu. Das ist mir völlig klar.
Ich glaube aber, dass Religionen auch dann entstehen würden, gäbe es sie heute nicht. Vielleicht liegt es daran, dass der Mensch hinter dem ganzen Klimbim hier einen Plan vermutet oder nicht damit fertig wird, dass sein Leben und das Leben aller Menschen letztendlich sinnlos ist und somit mit Hilfe irgendeiner Religion seinem Leben einen Sinn und dem Geschehen einen Plan gibt.
Mit solchen Fragen beschäftigte sich Freud intensiv. Ich finde seine Gedanken interessant, obgleich ich sie nur begrenzt teile, und seine Theorie "analysiert" die Funktion einer patriarchal-bestimmten Religion für die Menschen.
"Das bedeutendste Element des "psychischen Inventars" für die Stabilisierung der Kultur ist jedoch die religiöse Vorstellung, da sie für den nötigen Triebverzicht sorgt und somit den anarchischen Naturzustand verhindert. Es sei die Hauptaufgabe der Kultur, ihr eigentlicher Daseinsgrund, uns gegen die Natur zu verteidigen - auch gegen die eigene - da sonst der Urzustand drohe.
Die Götter hatten zunächst eine dreifache Aufgabe:
+ die Natur zu bannen,
* mit dem Schicksal zu versöhnen und
* für das Leiden zu entschädigen.
Im Laufe der Zeit gelang die Konzentrierung auf den väterlichen Kern der Gottesidee, erwachsen aus der Erfahrung der eigenen Hilflosigkeit während der Kindheit.
Der Autor sieht hier eine Wiederholung der individualpsychologischen Entwicklung in der Kindheit:
"Wenn nun der Heranwachsende merkt, dass es ihm bestimmt ist,
immer ein Kind zu bleiben, daß er des Schutzes gegen fremde Übermächte
nicht entbehren kann, verleiht er diesen die Züge der Vatergestalt,
er schafft sich die Götter, vor denen er sich fürchtet,
die er zu gewinnen sucht und denen er doch seinen Schutz überträgt."
Religion ist so die Abwehr der menschlichen Hilflosigkeit und Ohnmacht, die sich - wie dem Vater gegenüber - in einem ambivalenten Verhältnis aus Liebe und Furcht äußert."