Was ist an einem blutbefleckten Altartuch missverständlich? Der Papst behauptet klipp und klar, dieses Blut sei aus der Oblate herausgeflossen. Um alle dennoch auftauchenden Missverständnisse zu klären, wird das Tuch bis heute ausgestellt, mitsamt dem Blutfleck. Es ist eben gerade keine Anekdote. Das Tuch ist vorhanden. Die Schrift des Papstes ist ebenfalls vorhanden.
Hier geht es nur scheinbar um Theologie oder um die Auslegung eines Begriffs. In Wahrheit geht es um blanke Scharlatanerie, um Betrug. Es ist ja nicht so, als wüssten wir nicht, was eine Oblate ist.
Hier sehen wir wieder, wie Du Dich durch den Sprachgebrauch irreführen läßt und der Religion eine vermeintlich absurde Position unterschiebst. Im scholastischen Kontext sind die Begriffe der Realität und Substanz ja gerade nicht zu verstehen als Materie oder äußerlich Wahrnehmbares, wie man sie heute im modernen Sinne versteht.
Wir sind in dem Punkt unterschiedlicher Auffassung. Mir ging es darum, dass Metaphern etwas Spirituelles ausdrücken können. Überstrapaziert man diese Metaphern jedoch, werden die spirituellen Inhalte zu bloßem Unsinn.
Mir scheint, dass viele Menschen sich durchaus mit einem spirituellem (weltanschaulichen) Rahmen anfreunden können, in dem die Welt irgendwie geschaffen wurde, und nicht nur durch eine zufällige Quantenfluktuation entstand; und dass wir Menschen in diesem Universum einen Sinn haben. Vielleicht sogar eine Aufgabe. Religionen drücken dieses Gefühl mit ihren Schöpfungsmythen aus. Sie entwickeln Metaphern und Bilder, die sich damit beschäftigen, wie die Welt ins Sein kam.
Wie gesagt, viele Menschen sind nach meiner Beobachtung offen für solche Gedanken. Stoßen sie jedoch an Ausschmückungen wie die Himmelfahrt Marias oder die Verwandlung einer Oblate in den Leib Christi, verbinden die wenigsten aufgeklärten Menschen diese Vorgänge mit spirituellen Gedanken. Stattdessen leuchtet eine kleine innere rote Lampe auf, mit der Aufschrift "Bullshitalarm!".
Die Kirchen betreiben die Entspiritualisierung der Religionen auf diese Weise selbst.
Wir sind in dem Punkt unterschiedlicher Auffassung. ...
Sie entwickeln Metaphern und Bilder, die sich damit beschäftigen, wie die Welt ins Sein kam.
Wie gesagt, viele Menschen sind nach meiner Beobachtung offen für solche Gedanken. Stoßen sie jedoch an Ausschmückungen wie die Himmelfahrt Marias oder die Verwandlung einer Oblate in den Leib Christi, verbinden die wenigsten aufgeklärten Menschen diese Vorgänge mit spirituellen Gedanken.
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So wie Du Deine Position hier beschreibst, sind, denke ich, in der Sache unsere Auffassungen nicht so weit voneinander entfernt.
Ein Unterschied scheint mir z. B. darin zu liegen, daß meiner Meinung nach selbst die Transsubstantionslehre nicht unbedingt „eine Überstrapazierung der Metaphorik“ darstellen muß (aber natürlich in bestimmten Auslegungen sehr wohl: kann), wenn die Veränderung des Substanzbegriffs berücksichtigt wird.
Als Kind brachte ich vom Weiher Kaulquappen nachhause und wollte sehen, wie sie sich in Frösche verwandeln. Meine Mutter gab mir den Tipp, Oblaten zu besorgen als Nahrung für die Tiere. Als ich feststellte, dass die Oblaten, die ich den Tieren verfütterte, genaus aussehen und schmecken wie der Leib Christi in der Kirche, konnte ich nicht mehr verstehen und fand es eher lustig, dass man in dier Kirche dasselbe bekommt wie meine Kaulquappen. Das Abendmahl-Ritual verlor für mich ab da an Bedeutung, weil ich, legte mir der Priester die Oblate auf die Zunge, immer an die Kaulquappenfütterungen von mir denken musste.
Nein, natürlich nicht. Es handelt sich um komplexe Wechselwirkungen mit der Priorität auf der Entwicklung der Produktivkräfte...
Was ich inbezug auf Religion und Naturbeherrschung meine: je mehr der Mensch die Natur und seine Lebensgrundlagen "beherrscht", desto weniger erscheinen weltliche Phänomene als "gottbestimmt". Was bleibt noch der Religion: Allein ein fiktives "Jenseits" ausserhalb der von Menschen erforschten, erfahrbaren Welt gedacht.
Danke für diese Antwort, die ich gut nachvollziehen kann. Interessant finde ich, diese Überlegungen auf heutige Menschen mit unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen anzuwenden. In unterschiedlichen Kulturkreisen und auch innerhalb der jeweiligen Kulturkreise gibt es offensichtlich erhebliche Unterschiede, obwohl hier ähnliche sozio-kulturelle Verhältnisse herrschen.
Bemerkenswert finde ich, dass die Kirchen erhebliche Energie darauf verwenden, nachweisbaren Unfug (Anekdoten mit Wahrheitsanspruch) als Wahrheit zu postulieren - wie Arne ja schon zeigte, mit nicht nur positiver Wirkung auf spirituell Interessierte. Offensichtlich sind aber viele Menschen immer noch (?) empfänglich dafür. (Ich erinnere mich gerade an eine Reise nach Turin, in der ich u.a. das "Original-Grabtuch" Christi sah, und insbesondere an den erheblichen Aufwand, mit dem die Authentizität behauptet wird - oder ich denke an den Nachbau der Arche Noah im Maßstab 1:1 in den USA zur Illustration der alternativen Evolution).
Der Religion bleibt "der ausserhalb der von Menschen erforschten, erfahrbaren Welt gedachte Raum". Und doch wirkt die Kirche mit ihren Mythen in den Köpfen der Glaubigen auch in den diesseitigen Raum. Die Kirchen beanspruchen hohe moralische Autorität für sich (heute auf der Seite 1 der Süddeutschen: Papst prangert Terrorismus an ...) und beharren zugleich darauf, dass viel offensichtlicher Unsinn als Wahrheit geglaubt wird. Alternative Fakten
Das finde ich enttäuschend. Wie Arne so treffend schreibt: Bullshitalarm.
Ich kann natürlich die historische Entwicklung, auf die Zarathustra mich hier möglicherweise sogleich hinweisen wollen würde, nachvollziehen. Interessant ist auch, dass gerade der Islam so großen Zulauf erfährt, und nicht die durch die Aufklärung gepeinigte christliche Kirche. Der Wunsch nach beinharter Dogmatik scheint verbreitet zu sein. Und auf der anderen Seite die Abwanderung von Menschen aus dem christlichen Kulturkreis in private Versionen asiatischer Transzendenzvorstellungen.
Sind wir Menschen "reif" für die Wahrheit? Oder brauchen wir irgendwelche Hilfskonstrukte, die uns die Welt leichter verdaulich machen?
Ich würde sagen, dass wir reif sind für die Wahrheit. Wir haben genügend Wissen gesammelt, um die Welt zu begreifen. Das Leid, das ein Tsunami bringen kann, können wir dadurch einordnen. Wir sind dem Leid nicht ausgeliefert, sondern können es mildern oder gar voraussehen und vermeiden. Es ist nicht mehr hilfreich, wenn wir uns eine Geschichte dazu ausdenken -- auch dann nicht, wenn sie ohne Oblaten und Marienfiguren auskommen. Wir brauchen sie nicht mehr. Wir brauchen die Maria nicht, und wir brauchen auch alle anderen Geschichten nicht.
Arne hat öfter beschrieben, dass die Religion (oder andere fiktive Überzeugungen) dazu beitragen konnte, große Gesellschaften zu bilden und stabil zu halten. Meine These ist, dass dieser Effekt ab einer bestimmten Größe der Gesellschaft wieder kippt. Das kann man gerade in unserer Zeit beobachten. Wenn Gesellschaften global werden, wird die Religion zu einem Hindernis, weil sich die Religionen untereinander nicht vertragen.
Die Menschheit wird durch Internet und Flugzeuge zu einer globalen Weltgemeinschaft. Religionen sind da nicht mehr hilfreich, sondern stehen im Weg.
Probieren wir es doch einfach mal mit der Wahrheit.
Wenn wir es gar nicht erst versuchen, dann können wir auch nicht wissen, ob es vielleicht der beste Weg ist. Ich habe jedenfalls keine Lust auf Märchen. Ich will die Wahrheit. Die Religion hatte ihre Chance.
Danke für diese Antwort, die ich gut nachvollziehen kann. Interessant finde ich, diese Überlegungen auf heutige Menschen mit unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen anzuwenden. In unterschiedlichen Kulturkreisen und auch innerhalb der jeweiligen Kulturkreise gibt es offensichtlich erhebliche Unterschiede, obwohl hier ähnliche sozio-kulturelle Verhältnisse herrschen.
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Ich kann natürlich die historische Entwicklung, auf die Zarathustra mich hier möglicherweise sogleich hinweisen wollen würde, nachvollziehen. Interessant ist auch, dass gerade der Islam so großen Zulauf erfährt, und nicht die durch die Aufklärung gepeinigte christliche Kirche. Der Wunsch nach beinharter Dogmatik scheint verbreitet zu sein. Und auf der anderen Seite die Abwanderung von Menschen aus dem christlichen Kulturkreis in private Versionen asiatischer Transzendenzvorstellungen.
Es würde in diesem Thread vielleicht zu weit führen, sich damit zu beschäftigen, weshalb sich die Herrschaftsverhältnisse im Nahen Osten und anderen islamisch geprägten Regionen aktuell auf eine Reislamisierung oder auf islamistische reaktionäre Bewegungen stützen.
Einige Faktoren wären:
* Zeitfaktor: Zwischen Descartes und heute liegen in Europa 400 Jahre und mehrere industrielle Revolutionen, auch in der Landwirtschaft.
* Industrialisierungsprozesse erfolgten im Nahen Osten, Türkei, Iran erst sehr spät im 20. Jahrhundert, wenn überhaupt. Aussterbende Dörfer. Gegensätze zwischen Stadt / Land, Armut und Reichtum.
* Rolle des Islams bei der Nationenbildung und der nationalen Identität nach Ende der Kolonialisierung.
* Grad der Volksbildung.
* Verfolgung, Ermordung, Vertreibung der politisch fortschrittlichen Menschen.
* In den Golfstaaten: brutale Unterdrückung in Kombination mit Bestechung der (ehemaligen Nomaden-)Stämme durch den Ölreichtum, geschützt durch die USA.
* Interessen der NATO/USA nach Ende der Kolonialzeit
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Die Regionen, die in Afghanistan die Taliban z.B. beherrschen, gehören zu den ärmsten, wenig industrialisierten, wenig gebildeten.