Meine erste Gänsehaut bekam ich bereits, als ich am Samstag in Begleitung unseres kleinen Nachwuchses (ich morgens: „Ich fahre jetzt zum Triathlon um meine Startunterlagen abzuholen!“
Triathlon war das Stichwort – unser Zwergi: „ICH WILL AUCH MIT ZUM TRIATHLON!!!“ „Fein, dann fahren wir halt gemeinsam…“) nach dem Startunterlagenabholen für eine Weile am Schwimmstart stand, da bin ich ja irgendwie echt mädchenhaft veranlagt. Die Stimmung ist da echt eine ganz eigene, dabei würde ich von mir nicht einmal behaupten, dass ich so total auf diese Massenveranstaltungen stehe!
Der Sonntag begann recht entspannt. Ich hatte unerwartet gut (also gut ist ja auch immer relativ…) geschlafen, fühlte mich fit. Mein Frühstück: eine Banane, ein paar Haferflocken, ein ordentlicher Esslöffel Nutella, etwas Joghurt. Alles liebevoll zusammengepampt. Ist lecker und seit ich denken kann mein bewährtes Wettkampffrühstück.
Recht pünktlich in HH angekommen, problemlos das Radl eingecheckt. Huh, ja, die Wechselzone war groß. Ich wählte Wechselplatz X135.
*Merken, merken, merken…*… es wäre nicht das erste Mal, dass ich planlos durch die Wechselzone trabe und mein Radl nicht wiederfinde
Um kurz vor 10 in Richtung Schwimmstart begeben, dort noch ein paar liebe Mitstreiter meines Schwimmtrainings getroffen, ein kurzes: „Viel Glück!“ Sie starteten bereits um 10. Ich nahm einen letzten Riegel zu mir, ein letztes Ekelgel. Bäääh, aber auch das war irgendwie zwischenzeitlich zur „Tradition“ geworden und hatte sich bewährt. Um 10.10 Uhr begann das obligatorische Warmturnen im Vorstartbereich für unseren Startblock. Ich turnte etwas halbherzig mit, beäugte derweil die Konkurrenz.
… aber was war das!??
Ein Anflug von Panik stieg in mir hoch.
Nee, das konnte doch nicht sein.
Wieder schaute ich mich um.
Was war das –
WO WAREN HIER DIE FRAUEN?????????????? Hektisch rannte ich zu meinem Mann, der noch am Zaun stand:
„HIER SIND KEINE FRAUEN!!!“ Letztendlich erspähte ich noch vereinzelte. Vielleicht fünf, mehr sicherlich nicht. Na fein, prügele ich mich halt mit den Männern beim Schwimmen

Ich war nicht gewillt von meinem Plan – dieses Mal eher nicht so mädchenmäßig am Rand zu starten – zu lassen. Sortierte mich also deutlich mittiger als gewohnt ein.
Der Countdown lief. Fünf. Vier. Drei. Zwei. LOOOOOS! Ich merkte, dass mein kläglicher Versuch meine Uhr zu starten scheiterte. Fantastisch, das fing ja gut an. Ich entschied es zunächst dabei zu belassen und mich auf`s Schwimmen zu konzentrieren. Eher hohe Zugfrequenz, nicht abhängen lassen. Schwimmen, schwimmen, schwimmen. Die erwartete Prügelei blieb aus, das Feld zog sich rasch in die Länge. Also glaube ich, zumindest lichteten sich die Reihen um mich in Windeseile. Zwei Mitstreiter schwammen mit kleinem Abstand vor mir, ich hängte mich hartnäckig an ihre Füße. Einer der beiden schwächelte offenbar nach einer Weile, fiel zurück. Also waren wir noch zu zweit. Ich hatte das Gefühl, dass mein nun noch verbliebener Mitstreiter genauso orientierungslos durch das Wasser trieb wie ich, trotzdem blieben wir tapfer zusammen. Überraschenderweise überholten wir bereits an der Wende (ja, der Kurs in HH ist eigentlich simpel: ein kleines Stück hin, ein deutlich größeres zurück. Alles gerade. Eine Kurve.) die erste andersfarbige Badekappe, offenbar aus dem zuvor gestarteten Startblock. Oooops, so früh war mir das noch nie passiert! Das ließ hoffen!
Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten wir den Schwimmausstieg, erleichtert, das olle Schwimmen erledigt zu haben und nun aufs Radl zu dürfen stürmte ich in die wohl längste Wechselzone der Welt.
*Die wohl längste Praline der Welt wäre mir gerade lieber!* Ich verwarf den Gedanken fix wieder und konzentrierte mich auf`s Wesentliche. Versuchte zum Beispiel meine Uhr doch noch in Gang zu schmeißen, auf der langen Strecke alles machbar. Pellte mich bis zur Hüfte aus meinem Neo, erreichte Block X in der Wechselzone. Nahm überrascht zur Kenntnis, dass noch viiiiiele Räder an ihrem Platz standen. Ein Mitstreiter neben mir war bereits dort … und auch immer noch, als ich mit meinem Radl in Richtung Radstrecke trabte. Motiviert. Radeln, radeln, radeln… Uff, beim Einfahren auf die Radstrecke war es aber eng. Wie sollte das denn gehen ohne direkt wegen Windschattenfahrens ein paar auf den Deckel zu bekommen!? Klar – Gas geben!!! Ich trat also beherzt in die Pedale, überholte was das Zeug hielt. Ein Fehler!? Immerhin waren noch 40 radelnde Kilometer zu absolvieren, aufgeteilt in drei Runden. Ich fuhr, machte mir, wie es so meine Art war, wenige Gedanken, das Adrenalin verrichtete brav seinen Dienst. Als ich auf dem Rückweg in der ersten Runde durch den Wallringtunnel (so heißt der, oder!?) fuhr, zeigte die Geschwindigkeitsanzeige im Tunnel 43km/h
*GRINS* - läuft! Okay, möglicherweise hatte ich gerade etwas Rückenwind oder es ging bergab, aber es war in jedem Fall motivierend. Runde zwei, es wurde gefühlt immer hügeliger … sagt man nicht, dass Hamburg eigentlich platt ist!? Egal. Berghoch kann ich. Bergrunter nicht ganz so, aber berghoch konnte ich regelmäßig einsammeln. Runde drei, ich glaube, dass ich etwas langsamer wurde, das war aber okay, hatte ich doch auf der ersten Runde bereits einige „Körner gelassen“. Dachte ich vor dem Ende der Radstrecke doch kurz darüber nach meine Schuhe bereits auf dem Radl auszuziehen und auf Socken durch die ewige Wechselzone zu laufen, verwarf den Gedanken aber schnell wieder, da ich das natürlich noch nie geübt hatte
Auch der zweite Wechsel ging relativ rasch und problemlos vonstatten, auf meiner Uhr hatte ich mich schon wieder verdrückt, etwas angenervt steuerte ich die Laufstrecke an, freute mich aber auf den Endspurt. Ich hatte mich wieder für meine alten Schuhe entschieden, erwartungsgemäß meldeten sich nach knapp 5km die ersten Blasen. Ich nahm mein letztes Gel, trank brav was. Ich war nicht übermäßig schnell unterwegs, konnte aber selbst beim Laufen noch überwiegend überholen. Irgendwie gab es auf der Laufstrecke keine einzige Km-Markierung, wie unprofessionell war das denn!? Gelegentlich schielte ich auf meine Uhr, die mir zwischenzeitlich wenigstens wieder Kilometerzeiten lieferte. Fein, fast alle gut unter 5 Minuten, passte. Ich sehnte mich dem Ziel entgegen und war frohen Mutes, als ich endlich von Weitem den Zielbogen erblickte. Als ich allerdings näherkam, stellte ich fest, dass er das noch überhaupt nicht war

. Ich fühlte mich etwas verschaukelt, lief brav weiter. Es kamen noch mindestens drei dieser Bögen, die offenbar lediglich zu Werbezwecken dienten, ein Helfer rief mir irgendwann zu, dass es nun noch etwa 300m wären. Prima, damit konnte ich was anfangen. Danke.
Kurz vor dem Ziel: eine Horde Cheerleader. Cool, ich dachte kurz an die Püschel
Der Zieleinlauf!? Ist in Hamburg schon irgendwie was Besonderes. Nein, ich konnte ihn in diesem Moment nicht sonderlich genießen, pfiff halt aus dem letzten Loch. Was irgendwelche Zeiten anging, hatte ich zwischenzeitlich komplett den Überblick verloren. Im Ziel empfingen mich mein Mann und einige Mittriathleten meines Vereins, die teils einzeln, teils in der Staffel gestartet waren.
Mein Mann – mittlerweile ja erfahrener Begleiter seiner Ehefrau – warf einen professionellen Blick auf seine Uhr … und faselte was von unter 2:30.
WAAAAAAAAAAAAAAAAASSSSSS?????????? Innerhalb kürzester Zeit waren alle meine Systeme wieder „auf go“. Unter 2:30?????????? Never!!! „Doch, mittlerweile wurde es auch angesagt, hast Du es nicht gehört?!“ „NEIN!!!“ Fieberhaft wartete ich also darauf, dass meine Zeit endlich auf der Ergebnisliste angezeigt wurde, was eine gefühlte Ewigkeit dauerte.
… und tatsächlich, es stimmte. Endzeit: für mich sagenhafte
2:29:16!!!
Schwimmen: für mich rekordverdächtige 27:51 und damit rund 5 Minuten schneller als im letzten Jahr!
T1: solide 5:08.
Bike: 1:05:12, Wahnsinn, 15. Radzeit von 666 Damen!!!
T2: 3:17, auch nix dran zu meckern
Run: 47:50. Nicht, dass ich nicht schon schneller gelaufen wäre, aber das war einfach nicht mehr drin.
Gesamt: 23./666 Frauen, 3./102 AK
Es ist unfassbar. Es war wohl der Triathlon-Tag meines Lebens. Alles passte irgendwie. Es fühlt sich für mich immer noch ein wenig an wie im Film. Ich war selten so von meinen bunten Socken wie jetzt.