@tobi_nb: Ohne sie näher zu kennen, glaube ich Nina Kraft, dass sie ihren Fehler als solchen erkannt hat und bereut. Die Wahrscheinlichkeit zu einer zukünftigen Wiederholungstat sehe ich persönlich bei 0%.
Bei den Radprofis, die wir hier diskutieren, ist das etwas ganz anderes. Weder wird die eigene Rolle im Dopingsystem von den Profis erkannt ("habe nie jemanden betrogen", Ullrich) noch liegt ein Unrechtsbewusstsein vor ("habe mich entschuldigt und Schluss", Basso). Dazu lügen die Radprofis einer versammelten Weltöffentlichkeit ins Gesicht ohne rot zu werden. Auch das war bei Nina Kraft in meinen Augen anders, sie schämte sich unendlich für ihren Fehler. Dass sie die Quelle des Epos nicht nannte und nennt, hat für mich – und da könnt ihr mich steinigen – etwas mit diesem Schamgefühl zu tun, dessen Wurzel der Anstand ist. Wenn ich jemanden für meine eigenen Ziele zum Komplizen mache, verbietet es der Anstand, ihn später dafür ohne Not in die Pfanne zu hauen. Vielleicht kam der Helfer aus ihrem näheren Umfeld – kein anständiger Mensch würde in einem solchen Fall plaudern, sondern die Suppe schön alleine auslöffeln.
Die Empörung der Szene im Fall Kraft war IMO nicht zuletzt deshalb so groß, weil wir den ganzen Rest der Triathlonwelt für sauber hielten. Es sind ein paar Jahre vergangen und wir gehen heute eher vom Gegenteil aus. An den Pranger gehört daher nicht eine einzelne Person, sondern eine Epoche.
Die Empörung der Szene im Fall Kraft war IMO nicht zuletzt deshalb so groß, weil wir den ganzen Rest der Triathlonwelt für sauber hielten. Es sind ein paar Jahre vergangen und wir gehen heute eher vom Gegenteil aus. An den Pranger gehört daher nicht eine einzelne Person, sondern eine Epoche.
My two cents,
Klugschnacker
Meine Meinung.........
Andererseits ist es doch eifnach nur zum heulen das wir inzwischen vom Gegenteil ausgehen müssen um nicht enttäuscht zu werden. Und wieweit muß man vom Gegenteil ausgehen? Ist jeder der einen IM gewinnt gedopt? Diese Frage muß sich dann doch auch stellen lassen. Auch wenn der Radsport verseucht ist, so schlägt mein Herz immer noch für einen hoffentlich sauberen Triathlonsport, auch wenn das vielleicht ein "irrwitziger" Traum ist. In der eigenen Sportart läßt sich das vielleicht immer einfacher verdrängen.
Edit: sehr passender Kommentar dazu im verlinkten Tagesspiegel ArtikelBasso, Ulrich und wir:"Doch beim Sportfan bleibt die Sehnsucht nach dem reinen Talent, nach dem wahren Genie. Das wollen wir bewundern – und Höchstleistungen sehen. Aber wer ausgerechnet im hochbezahlten Spitzenleistungssport jene brüderliche Gleichheit der Gerechten sucht, die es nie gibt, wo Menschen im Konkurrenzkampf leben, der ist naiv. Oder scheinheilig."
Geändert von Triarugger (10.05.2007 um 00:10 Uhr).
Grund: Ergänzung
...
andererseits frage ich mich schon, wie es sein kann das in unserer ja so moralisch und ethisch aufgestellten Gesellschaft ein solches mafiöses Treiben und Verhalten über Jahrzehnte entstehen konnte.
Frag doch mal bei Siemens nach, die arbeiten auch an der Frage.
TriSt
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"Die Prophezeiung des Ereignisses führt zum Ereignis der Prophezeiung."
P. Watzlawick
Die Empörung der Szene im Fall Kraft war IMO nicht zuletzt deshalb so groß, weil wir den ganzen Rest der Triathlonwelt für sauber hielten.
Für einen Teil der Leute wie z. B. mich war die Aufregung eher deshalb groß, weil sie das, was ihr bereits bewiesen wurde (EPO-Einnahme), als Aufklärung der Geschichte verkaufen wollte. Sie hat ihre Quellen nicht gekannt (ok, muss sie nicht), sie hat ihre angebliche Unschuld in FFM nicht durch einen Nachtest beweisen lassen (ok, muss sie auch nicht), sie hat lediglich kein großes Rechtsanwaltstheater a la "vielleicht macht Fuentes ja Blutwurst aus den Konserven" gespielt.
Wäre sie vorher sauber gewesen, wäre der Nachtest kein Problem für sie gewesen. Nun hat sie vermutlich lediglich aus dem positiven Test gelernt - dopingtechnisch.
sie hat ihre angebliche Unschuld in FFM nicht durch einen Nachtest beweisen lassen (ok, muss sie auch nicht)
[...]
Wäre sie vorher sauber gewesen, wäre der Nachtest kein Problem für sie gewesen.
Allgemein, ohne speziell auf den Fall N.K. eingehen zu wollen - die Wahrscheinlichkeit, dass ein des Dopings überführter Sportler in den früheren Rennen sauber war, dürfte nicht höher liegen als die wahrscheinlichkeit, dass ein dopender Sportler bei seinem ersten Verstoß erwischt wird.
In diesem Sinne sind Aussagen der Art "einmaliger Fehler, früher immer sauber" IMO ebenso glaubwürdig wie Aussagen über funktionierende Dopingkontrollen und vereinzelte bedauerliche Einzelbeispiele.
Gruß Torsten
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Dies ist das Land, in dem man nicht versteht
Dass „Fremd“ kein Wort für „Feindlich“ ist
In dem Besucher nur geduldet sind
Wenn sie versprechen, dass sie bald wieder geh'n
Es ist auch mein Zuhaus, selbst wenn's ein Zufall ist
Und irgendwann fällt es auch auf mich zurück
Allgemein, ohne speziell auf den Fall N.K. eingehen zu wollen - die Wahrscheinlichkeit, dass ein des Dopings überführter Sportler in den früheren Rennen sauber war, dürfte nicht höher liegen als die wahrscheinlichkeit, dass ein dopender Sportler bei seinem ersten Verstoß erwischt wird.
Und da liegt ja das Problem, wie's Hafu früher auch immer schon gesagt hat: bei der Frage der lebenslangen Sperre. Wenn ich in unserer normalen Gesellschaft eine Straftat begehe, so wird mir nach Verbüßung der Strafe i. A. ein normales Leben gewährt - weil man davon ausgeht, dass man eben nicht zwangsläufig rückfällig wird. Bei denjenigen, die eben eine Rückfallprognose und gleichzeitig eine schwere Tat begangen haben, gibt es die anschließende Sicherheitsverwahrung bzw. Unterbringung in der Psychiatrie. Und da ist ja gerade der Unterschied zum Leistungssport: da kann man sich doch geradezu sicher sein, dass jemand, der nicht elendig hinterhergurken will, auch später etwas nehmen *muss*. Die lebenslange Sperre beim zweiten positiven Test ist ja bereits das Eingeständnis, dass dem Problem anders nicht beizukommen ist (oder würden wir akzeptieren, dass ein Einbrecher beim zweiten Bruch für immer hinter Gittern verschwindet?). Also warum nicht gleich beim ersten Mal?
Und nein, das Problem der über Jahrzehnte gewachsenen Strukturen löst das auch nicht.
Und da ist ja gerade der Unterschied zum Leistungssport: da kann man sich doch geradezu sicher sein, dass jemand, der nicht elendig hinterhergurken will, auch später etwas nehmen *muss*.
Was zu beweisen waere und IMHO nicht bewiesen werden kann. (hab das schon mehrfach gesagt, IM Zeiten um 8h sind IMHO machbar, das mag aber jeder sehen wie er will)
Ich glaube nicht, dass man in allen Sportarten dopen muss um Weltklasse zu sein. Die Tour wird man allerdings IMHO nicht sauber gewinnen koennen (die Vorteile bei der Regeneration sind wohl der staerkste Effekt von Doping), so gesehen koennte ein Radfahrer einpacken - aber vll kann er ja auch was anderes gewinnen, Eintagesrennen zum Beispiel, da ist beim Radrennen soviel Glueck im Spiel, es kommt ja nicht nur auf die Beine an. Allerdings wird es einem sauberen Radfahrer kaum gelingen ein ganzes Jahr auf hoechstem Niveau zu fahren. Wie sagt die Sig von Rolfi im 3athlon Forum: "nur der Mittelmäßige ist immer in Bestform"
Zitat:
Zitat von tobi_nb
Da habe ich mich mißverständlich ausgedrückt. Meine Meinung ist die: Wenn man erfolgreich ist, kann man keine Moral haben oder ehrlich, sozial usw sein. Das hab ich ja schon einige Male gepostet.
IMHO ist das Unfug. Wie definierst du Erfolg? Ich kenne viele erfolgreiche Leute die ganz und gar nicht unmoralisch sind.
Zitat:
Wie gesagt, meine Meinung (ganz einfach formuliert): Der Mensch ist ein Produkt der Natur, und nur der cleverste, stärkste und der, der am besten täuschen kann, gewinnt. (Egal ob Politik, Wirtschaft, Soziales oder Sport)
Wer ist denn der Gewinner? Ich glaube dein leicht fatalistisches Weltbild beruht auf einer sehr simplen Bewertung von 'Erfolg' und 'Gewinner'. Es gibt viele schlaue Leute die genau das machen was sie wollen und sich dabei moralisch und sozial korrekt verhalten. Die wuerde ich als Gewinner beschreiben. Ein Topmanager der zig Millionen im Jahr verdient ist nicht unbedingt ein Gewinner, in meinen Augen sind die sogar ziemliche loser, da sie fuer mich persoenlich voellig abwegig ihre Prioritaten setzen und ihre Lebenszeit vergeuden. Ich wuerde nie mit solchen Leuten tauschen wollen. Geld ist ueberbewertet. (so lange man genug zum leben hat)