Ich neide ihm seine Millionen gar nicht. Ich weiß nicht mal, ob er welche hat. Nur glaube ich nicht, dass jemand einfach so in den Dopingsumpf schlittert. Wenn man so argumentiert, gibt es bald nur noch Opfer auf dieser Welt.
Verständlich find es schon aus Sicht der Profisportler (wie der Dürr sagte, er muß seine Familie am Kacken halten), nix anderes gelernt, womöglich noch die einzigen sozialen Kontakte sind die Mitsportler, die vielleicht geringere Hemmschwellen haben als man selbst. Die meisten fangen ja auch nicht als gefestigte Mitt40er den Sport an, sondern als leicht beeinflussbare Teenies oder noch eher. Das ist keine Entschuldigung, nur eine Erklärung.
Da bin ich mal Arnes Meinung, dass das ganz, ganz schwer ist zu beurteilen, was man selbst getan hätte, wäre man in der Situation gewesen.
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Beim Rennrad-Kindertraining (10 jährige)
Kind1 (w): Darf ich dir mal was sagen?
Kind2 (m): Mhm
Kind1: Weißt du warum du langsam bist?
Kind2: Mhm???
Kind1: Du redest zu viel.
Vergiss nicht, keko, dass Ullrich in der Hochphase des Epo-Dopings in den Profisport kam. Alle nahmen es weil es nicht nachweisbar war, es steigerte die Leistung enorm, sodass es für die Profis hieß: Friss oder stirb. Jeder betrog jeden, und damit keiner irgendjemanden.
Den Kreislauf verstehe ich. Trotzdem muss man ihn nicht mitgehen. Ich erkläre meinen Kindern doch auch, dass sie keinen Drogen nehmen sollen und dann halt mal nicht auf eine Feier gehen sollen oder nicht gut drauf sein müssen. Das sind doch Grundzüge und Grundkenntnisse des Lebens, dass man nicht alles haben muss und überall mittanzen muss. War Ulle so blöd, dass er das nicht abschätzen konnte? Das wäre für mich die einzige Entschuldigung.
Spätestens als die Blutbeutel von Ulrich bei Fuentes auftauchten, hätte er einen Schlusstrich ziehen können ( und müssen) und alles auf den Tisch legen, anstatt Medien (Spiegel) und Dopingaufklärer (Franke) mit Klagen und einstweiligen Verfügungen zu überziehen und sich selbst damit komplett lächerlich zu machen.
Jacksche war zum selben Zeitpunkt in genau der gleichen Situation, hat sich komplett anders entschieden als Ulrich und damit zumindest meinen menschlichen Respekt verdient, obwohl und gerade weil ihm seine umfassende Beichte wirtschaftlich zum Nachteil gereichte.
Ich neide ihm seine Millionen gar nicht. Ich weiß nicht mal, ob er welche hat. Nur glaube ich nicht, dass jemand einfach so in den Dopingsumpf schlittert. Wenn man so argumentiert, gibt es bald nur noch Opfer auf dieser Welt.
Du vielleicht nicht.
Aber weiter oben stand sinngemäß irgendwo, daß er ja finanziell erheblich profitiert hat und deswegen kein Opfer sein kann. Ersteres ist zwar richtig, aber mir wird dadurch suggeriert, daß er irgendwo in ner schönen Villa hockt und sich denkt 'Kohle stimmt, bißchen blöd gelaufen aber unterm Strich würd ich's genauso wieder machen'.
Und genau das kann ich mir nur sehr sehr schwer vorstellen.
Geändert von KalleMalle (27.02.2014 um 14:01 Uhr).
Spätestens als die Blutbeutel von Ulrich bei Fuentes auftauchten, hätte er einen Schlusstrich ziehen können ( und müssen) und alles auf den Tisch legen, anstatt Medien (Spiegel) und Dopingaufklärer (Franke) mit Klagen und einstweiligen Verfügungen zu überziehen und sich selbst damit komplett lächerlich zu machen.
Sehe ich auch so. Ich möchte ihm auch nicht seine persönliche Schuld absprechen. Er wurde zurecht gesperrt, das ist gar keine Frage. Soweit ich weiß, hat er auch vor Gericht falsch ausgesagt – auch das gehört bestraft.
Ja, und außerdem Opfer der Gier seiner Umgebung nach Erfolg, Geld usw. Das große Geld, das sich mit dem Radsport verdienen lässt, landet doch nicht beim Sportler. Das wird mit Einschaltquoten, Zeitungsauflagen, Produktwerbung, Radverkäufen und so weiter verdient. Vergleiche mal den Werbewert für die Deutsche Telekom und die ganze indirekte Wertschöpfungskette mit dem Einkommen des Radprofis, der am Schluss ganz allein den Kopf hinhält.
Sicher war es auch Jan Ullrichs persönliche Entscheidung, zu dopen. Dafür wurde er zu recht bestraft. Aber es ist billig, vom bequemen Sofa aus ein moralisches Urteil zu fällen. Niemand von uns hatte die Hysterie eines 80-Millionen-Volks am Allerwertesten, das Ullrich als Dauerverlierer und Weichei, als unprofessionellen Fettsack und renntaktische Schlafpille beschimpfte, manchmal direkt, manchmal subtil. 360 Tage im Jahr schlechte Presse, nur weil es einen gab, der schneller war.
Dazu der Druck, dass das gesamte Team, inklusive aller Fahrer und Mechaniker und Physiotherapeuten etc., auf einen zweiten Toursieg ausgerichtet war, zu dem niemand im Team außer ihm in der Lage war. Man sollte sich ehrlich fragen, ob Ulrich tatsächlich frei entscheiden konnte, fortan bei der Tour Dreißigster zu werden. Das lässt sich nicht mit Ja oder Nein beantworten, sondern die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen.
Grüße,
Arne
Lieber Arne,
dieses Umfeld hat dann aber auch gleichzeitig wieder für weitere Einnahmen gesorgt- ist also eine win-win Situation gewesen. Ulle ist da kein Opfer von denen gewesen, das lief auf gegenseitige Gewinnmaximierung heraus.
Letztendlich muss aber der Athlet selber entscheiden ob er das will oder es sein lässt. Und ob er diesen Druck haben möchte. Von jedem Menschen werden Dinge erwartet und bei jemanden, der viel Geld bekommt wird eben auch viel erwartet.
Und Jan hatte nicht 360 Tage schlechte Presse am Hintern, im Gegenteil. Ansonsten hätte er nicht so viel verdient als Werbeträger.
Und dass er als Teamchef natürlich am meisten Druck im Team hatte ist auch klar, aber auch da konnte er sich entscheiden ob er das will oder nicht.
Nach Deiner Argumentation kann nur jemand ein moralisches Unteil fällen, der in der gleichen Situation war/ist.
Das ist natürlich auch bequem, denn das spricht 99% der Bevölkerung ein moralisches Urteil ab, nach dem Motto: "Halt mal schön die Klappe, Du kannst Dir da gar kein Urteil erlauben!"
Und nebenbei spricht diese Argumentation auch Dir ein Urteil von Deinem bequemen Sofa ab.
Du bagatellisierst hier den Begriff des Opfers, denn ein Opfer ist nicht Schuld an seiner Situation.
Und Du gehst mit keinem Wort auf die Opfer Ullrichs ein, die er nach seinem Rücktritt in Kauf genommen hat, die Leute, die er mit Klagen überzogen und angelogen hat.
Da er keinerlei offensichtliche Reue gezeigt hat bleibt die Vermutung, der "liebe Jan" wäre lieber einen anderen Weg gegangen von Leuten auf dem Sofa wie Dir sinnlos. Er wollte den Weg von Erfolg, Ruhm und Geld und ist ihn gegangen. Und er hat bis zum heutigen Tag versucht ihn weiter zu gehen und keine Abstriche gemacht. WO sind seine Geständnisse, WO eine öffentliche Positionierung gegen Doping, WO seine Aufklärung? Ich sehe nur einen Jan Ullrich, der aus seiner Popularität weiter versucht Gewinnmaximierung zu schlagen.
Und Leute wie Du Arne, die ihn als Opfer versuchen darzustellen ohne die wirklichen Opfer auch nur mit einer Bemerkung zu erwähnen reden ihm dann auch nach dem Mund und fördern seine unkritische Haltung und die Legendenbildung vom ach so armen Kerl.