Flüchtig nehme ich die Kinderstimme war. "Jee, diesmal bei mir". Gekicher. Das Mädchen, von welchem ich gerade einen Trinkbecher entgegengenommen habe, scheint im Wetteifer mit ihren Kolleginnen gerade einen Punkt mehr bekommen zu haben. Schön wenn man mit Kleinigkeiten eine Freude machen kann. Auch wenn ich jetzt andere Probleme habe. Die letzte Verpflegungsstelle ist schon mal geschafft.
Von Anfang. Seit dem Einlaufen weiss ich, das die Beine heute da sind. Nach dem Start lasse ich einige ziehen und versuche, mich nur aufs flüssige Laufen zu konzentrieren. Es scheint zu gelingen, die ersten zwei Kilometerschilder verpasse ich. Das Dritte sagt mir dann, dass ich leicht unter meiner Marschtabelle von 3:30 pro tausend Meter bin. Trotzdem sind eigentlich zu viele Leute vor mir.
Ich fühle mich gut. Bei Kilometer 4 merke ich, wie die Leute um mich herum strenger zu atmen beginnen. Ich kann mich langsam von der Gruppe lösen. Weit vor mir erstreckt sich nun, in mehr oder weniger grossen Abständen, eine ausgedehnte Einerkolonne von Läufern. Wie durch eine unsichtbare Schnur verbunden. Ich bin, wie so oft, im Niemandsland.
Der Lauf führt um einen See herum. Auf der Gegenseite geht es weg vom Asphalt und rein in den Wald. Der GPS war schon vorher nicht wirklich brauchbar. Hier, zwischen Bäumen und kleinen Bodenwellen kann man ihn gänzlich rauchen. Die Kilometerschilder zeigen allerdings weiterhin, dass es läuft.
Kilometer Zehn passiere ich nach etwas mehr als 34:40 und somit nur etwa 20 Sekunden hinter der reinen Zehner-Bestzeit. Ich bin schneller unterwegs als im Vorjahr. Und schon ertappe ich mich dabei wie ich mich ausruhe. Dabei hab ich doch letztes Jahr ab hier beschleunigen können. Also weiter pushen.
Ich nehme etwas Traubenzucker zu mir und hoffe auf einen zusätzlichen Kick. Es wird nun hart. Am Schluss kann man es schön rollen lassen. 2 Kilometer gehen immer. Einer sowieso. Das Schild mit der 14 kommt und ich versuche nochmal zu beschleunigen. Die letzten Hundert Meter geht es leicht bergab.
Nach 49:03 stoppt die Uhr für mich. Ich hab so ziemlich alles rausgeholt und muss die Hände auf den Knie abstützen. Mit der Zeit bin ich zufrieden. Ne halbe Minute schneller als letztes Jahr nehme ich gerne. Zumal es damals schon gut lief.
(Ob jetzt ne 8 oder 9 hinter der 4 steht spielt ja nicht wirklich eine Rolle)
Nun schaue ich wie es mit dem Knie geht und lege wenn möglich einen zweiwöchigen Trainingsblock ein.
In der Nacht liege ich hellwach im Bett. Wenn ich mich bis kurz vor 20 Uhr wettkampfmässig verausgaben muss, schlafe ich nie gut. Ich bin müde, der Geist aber ist lebendig. Der Herzschlag noch erhöht. Ich kann Zucker nicht mehr sehen, trotzdem lechzt der Körper danach. Ich esse mehr als im Magen Platz hat und trotzdem habe ich irgendwie noch Hunger. Das ist immer speziell, aber man nimmt es in Kauf.
Aber ab morgen gibt's ja wieder Mittagsschläfchen
Grüsse