Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Also, dass Claudia Pechstein an einer milden Kugelzellenanämie leidet, ebenso wie ihr Vater, ist doch mittlerweile unstrittig, oder?
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Für mich (ich bin kein medizinischer Laie, aber auch kein hämatologischer Experte) ist es absolut nicht bewiesen, dass Pechstein und ihr Vater an einer milden Kugelzellanämie leiden.
In dem Gutachten von Herrn Ehninger stützt sich die Diagnose auf einen neu entwickelten Untersuchungsalgorhythmus, der (zumindest 2009) noch nicht veröffentlicht war und der sich lediglich auf die Verknüpfung verschiedener gemessener Blutparameter stützt.
Das Diagnoseverfahren hat laut Ehninger eine Spezifiät von 94,4%, d.h. bei 20 Patienten bei denen man mit dieser methode eine Sphärozytose versucht zu diagnostizieren, findet man einen bei denen man diese Diagnose zu Unrecht stellt. Der Link, der in dem Gutachten angegeben wird (
www.sysmex.de/files/articles/Xtra_5_Symposium_ Istanbul.pdf), funktioniert leider nicht und führt nicht zu dem Diagnoseverfahren, sondern nur auf die Sysmex-Website.
Für die Erstellung des Diagnosealgorhythmus hat man Blutwerte von Gesunden mit den blutwerten von Sphärozytose-Kranken verglichen.
Wenn jetzt aber ein Gesunder in irgendeiner Weise mit seinem Blut gepanscht hat (sei es mit UV-Bestrahlung, mit Blutdoping oder sonst einer anderen Methode) hat er aber danach sicher nicht mehr die Blutparameter einer gesunden Normpopulation, so dass sich die Wahrscheinlichkeit , dass er zu Unrecht durch diese Methode als "krank" eingestuft wird, die ja ohnehin schon 1:20 beträgt, zweifellos erhöht.
Wenn ich als gesperrter Sportler nach Argumenten suchen würde, die dazu geeignet sein könnten die Gutachten des Verbandes in ihrer Glaubwürdigkeit zu schwächen und ein mir gewogener Gutachter würde mir vorschlagen, dass man meine Eltern untersuchen müsste, ob diese vielleicht ähnliche Blutbildveränderungen haben wie ich, würde ich
vor dieser geplanten Untersuchung dasselbe mit dem Blut meines Vaters machen (z.B. ihn zur UV-Bestrahlung nach Erfurt schicken), wie in der Vergangenheit mit meinem eigenen, in der Hoffnung, dass sich dann das Blut z.B.meines Vaters in ähnlicher Weise verändert.
Bei 80-90% aller Patienten mit Sphärozytose lässt sich die Membranveränderung direkt in den roten Blutkörperchen nachweisen: bei Pechstein und ihrem Vater lässt sich eine solche Membranveränderung aber eben nicht nachweisen. (diesen Fakt findet man auf Seite 5 des Ehninger-Gutachtens.)
Das Argument des fehlenden Nachweises einer Membranveränderung wischt Ehninger mal eben beiseite, indem er lapidar anführt, dass bei 10%-20% der Patienten mit Sphärozytose diese Mempranveränderung nicht nachweisen lässt.
Dass das zur Diagnose angewandte indirekte Diagnoseverfahren ("Diagnosealgorhythmus") andererseits eine Fehlerwahrscheinlichkeit von 5% hat, wird andererseits von ihm nicht mal thematisiert.
Ich behaupte nicht, dass ich in dem Fall unvoreingenommen bin, aber Ehnigers Argumentationsweise ist für mich unseriös und eindeutig tendenziös. Getragen von einer aus welchem Grund auch immer vorgefertigten Meinung.
Im übrigen irritiert mich an dem sog. Gutachten von Herrn Ehninger die fehlende Gliederung und der geringe Umfang. 5 Seiten Gutachten, formuliert in ungegliedertem Fließtext ist bei einem Streitwert von über 4 mio Euro ein absoluter Witz. Eigentlich ist der Text kein Gutachten, sondern eher so eine Art Attest.
Wenn ich ein freies Gutachten erstelle z.B. für eine Unfallversicherung oder für das Sozialgericht bei einem Antrag auf Erwerbsminderung sind die entsprechenden Texte mindestens 15, manchmal 40 Seiten lang und folgen einer klaren Gliederung mit Zwischenüberschriften und auf den ersten ca. 3/4 eines Gutachtens habe sämtliche wertenden Äußerungen nichts verloren.
Im Anfangsteil geht man auf den Gutachtenzweck ein, erläutert die genutzten untersuchungsmethoden samt Literaturangaben, trägt dann möglichst neutral sämtliche Fakten und Untersuchungsergebnisse zusammen und erst im letzten Abschnitt fließt dann eine Bewertung der gesammelten Erkenntnisse in den Text ein, aber auch da muss man immer in beide Richtungen argumentieren und die endgültige Bewertung des Gesamtverhaltens letztlich dem Auftraggeber (Gericht, Versicherung) überlassen.