Bestandsaufnahme:
Raceday. Der Wecker klingelt um kurz nach 7. Ich habe für einen Wettkampftag ungewöhnlich gut geschlafen. Etwas Mist geträumt, aber es hielt sich in Grenzen, ebenso meine Aufregung. Ich hatte nichts zu verlieren.
Nach dem Aufstehen ein verschlafener Blick in den Spiegel. Hmmm. Geht so. Naja, für mein Alter eigentlich okay. Am Bauch hartnäckige Reste meiner Babybäuche. Ob das wohl irgendwann nochmal weggeht!? Ich fürchte eher nicht. Ansonsten!? Würde ich sagen, dass ich wenigstens vereinzelten 20-Jährigen noch locker Konkurrenz machen könnte
Der Gang auf die Waage. 58,2 kg. Keine Überraschungen. Nach dem liebevollen Carboloading des Vortages alles prima. Rund 3 kg to go.
Der Formtest:
Das Wetter war gut, ich weiterhin eher entspannt, trotzdem merkte ich, wie sich langsam aber sicher kleinere Mengen Adrenalin in meinem Körper verteilten. Noch einen Riegel essen, das obligatorische Gel vor dem Start. Um 11.00 Uhr ging es los, Wassertemperatur: 18°C – es gab trotzdem einige, die ohne Neo unterwegs waren … mein Respekt sei mit ihnen. Ich fand es mit Neo schon nicht sonderlich angenehm. So beschränkte sich mein Einschwimmen mal wieder aufs Wesentliche: ein paar halbherzige Brustzüge, nur nicht den Kopf unter Wasser nehmen. Ich machte mir keine Gedanken, dass das gleich nicht klappen würde, das Adrenalin stand in den Startlöchern und würde es richten. 3 – 2 – 1 – looooooooooos!!! Ich hatte mich eher neutral einsortiert. Nicht am Rand, aber etwas abseits der Mitte. Ich schwamm beherzt los, 500 m waren nicht weit, daher war Schonen keine Option. Die Strecke fühlte sich ungewöhnlich kurz an, mit Fakten belegen konnte ich das nicht, meine Uhr ist bekanntlich auf dem Weg zu Garmin und so entschied ich einfach, dass es auch ohne gehen würde. Einfluss auf mein Pacing hätte eine Uhr eh nicht gehabt.
Ich trabte zügig in die Wechselzone, war dort sehr überrascht, dass auf dem Wechselplatz neben mir noch eine meiner Vereinsmitstreiterinnen sich ihre Schuhe anzog, obwohl sie doch eine derer war, die von den Schwimmern kam. Ich hatte keine Zeit zum Nachdenken. Radl geschnappt, auf die Strecke und Vollgas los. Ich liebe Radeln im Wettkampf, war wieder in meinem Element. Zunächst hatte ich ein paar kleine Schwierigkeiten einen brauchbaren Rhythmus zu finden, es dauerte aber nicht lange, da rollte es. Auf der ersten Runde konnte ich ordentlich Boden gut machen, auf der zweiten Runde lichteten sich die Reihen merklich. Die Herren waren mittlerweile von der Strecke und wir Damen offenbar gut verteilt.
Nach etwa der Hälfte der zweiten Runde schauderte es mir Kurz.
X.!!! Wie konnte ich vergessen!!! Eine meiner Lieblings-Mitstreiterinnen. Mir schwimmtechnisch weit überlegen, radltechnisch auch ziemlich stark. ICH KONNTE SIE SCHON SEHEN!!! Damit hatte ich frühestens nach dem zweiten Wechsel gerechnet, jetzt noch nicht. Ein zusätzlicher gefühlter Liter Adrenalin schoss durch meine Adern, ich startete eine Aufholjagd, bei der man sich sicherlich drüber streiten konnte, ob das in meinem derzeitigen Zustand noch vernünftig war. Ich war mittlerweile doch schon eher am Limit unterwegs und … naja … gelaufen werden wollte ja auch noch

. Sch&%$ auf Vernunft, ich zog schwer keuchend an ihr vorbei, „grüßte“ sie mit: „Da bist Du ja schon

“ … woraufhin wir uns ein Rennen lieferten, das nicht von schlechten Eltern war und mir restlos alles abverlangte. Fast zeitgleich erreichten wir die Wechselzone, meinen Wechsel bestritt ich in sage und schreibe 55 Sekunden (wie mir die Ergebnisliste später verriet). Ich stürmte auf die Laufstrecke, die Beine fühlten sich grauenvoll an, noch „limitierender“ war aber im Moment meine Puste. Egal. Ich lief. Vor mir eine Mitstreiterin von St. Pauli Triathlon, die mir ebenfalls auf dem Radl das Leben, zumindest auf der zweiten Runde, schon recht schwergemacht hatte. Sie lief sehr konstant, aber ich auch und ich konnte noch etwas schneller. Also zog ich bald an ihr vorbei und konnte noch mindestens zwei weitere Damen hinter mir lassen. Der Wendepunkt. Ich nahm mir etwas Wasser, machte eine Mini-Gehpause. Weiter. Nun die Konkurrenz hinter mir konzentriert im Blick.
X.!!! Da war sie wieder!!! Aber wie weit war ich nun vom Wechselpunkt entfernt!?!? Ich hatte den Überblick zwischenzeitlich komplett verloren. Laufen… laufen… laufen… pustetechnisch war ich eigentlich durch. Die Muskeln funktionierten noch, der Kopf kämpfte. Die letzten Meter zogen sich endlos, ich erreichte das Ziel. Aus dem letzten Loch pfeifend. Planlos. Zum Glück aber war meine Family mit am Start und mein Mann als mittlerweile „professioneller“ Begleiter hatte natürlich alles im Blick. Genial

Und schnell war klar: ich hatte einmal mehr einen guten Tag erwischt.
Und nun noch für die Zahlenfreunde unter uns:
Swim: 10:23. Wie immer – nicht rekordverdächtig aber so, dass noch was zu retten ist. 28. Schwimmzeit von 70 LaLiLadies.
T1: 1:26. 25. Zeit. Okay, mit Potential aber für meine Verhältnisse nicht viel zu meckern.
Bike: 33:03. Es LIIIIIIIIIIIIIIEF!!! Und nun, haltet Euch fest, SCHNELLSTE RADZEIT aller Damen!!!!!!
T2 wie erwähnt: 55 Sekunden, 15. Wechselzeit und für mich mehr als rekordverdächtig!
Run: 22:57, 11. Laufzeit. Grundsätzlich kann ich sicherlich noch etwas schneller laufen, gestern definitiv nicht
Gesamtzeit: 1:08:41, Platz 4 der 70 LaLiLadies und meine AK gewonnen
Die "normale" SD (gleiche Strecke) hätte ich mit dieser Zeit gewonnen! Dort waren 202 Damen am Start.
Muskelmäßig fühlt sich überraschender Weise heute soweit alles gut an, kreislauftechnisch merke ich noch immer die „Nachwirkungen“. Offenbar ist der Kopf manchmal stärker als der Körper es leisten kann.
Mein Start in die neue Saison war ein voller Erfolg!!!