Ja, diese Regelung war ein erster Schritt in die Richtung, Parteien über den Einzelabgeordneten mehr Macht zu verleihen
Sorry, diesem Menschenbild kann ich nur begrenzt folgen. Wer also es nicht schafft, zumindest ein grundlegendes Verständnis für ein Thema zu erarbeiten, soll einfach blind der Fraktionsführung glauben? Meine Erwartung ist, daß Abgeordnete, die ihren Job ernst nehmen, nur dort abstimmen, wo sie auch selbst genug für eine Entscheidung verstanden haben.
Ein grundlegendes Verständnis sicher, eine Meinung wird sicher auch jede/r Abgeordnete zu den Entscheidungen haben. Wenn es aber darum geht, die Fakten, Rahmenbedingungen, Zusammenhänge und Abhängigkeiten im Details zu kennen und zu bewerten, dann schafft man das als Einzelner einfach nicht.
Genauso wenig, wie du dich als Angestellter eben auch nicht in allen Unternehmensbereichen deines Arbeitgebers gleich gut auskennst. Arbeitsteilung ist völlig normal und absolut sinnvoll; in Unternehmen wie in Parlamenten.
Zitat:
Zitat von Schwarzfahrer
Natürlich, die Parteispitze ist da völlig selbstlos, und nimmt keinen Einfluß, Wikpedia ist da auch irgendeiner Lüge aufgesessen,
Nein, wieso sollte das so sein, dort arbeiten auch nur Menschen. Die Parteispitze hat eine Rolle. Ich darf an dieser Stelle nochmal darauf hinweisen, dass Parteiführung und Fraktionsführung zwei unterschiedliche Rollen sind, die meist auch von unterschiedlichen Personen ausgeführt werden.
Zitat:
Zitat von Schwarzfahrer
Wir werden uns hier nicht einigen, es prallen einfach zu unterschiedliche Menschenbilder und Politikvorstellungen aufeinander. Und Deine Sicht ist in diesem Land sehr zementiert; das könnte nur ein Bundestag ändern, wo aber keine der Parteien auch nur das geringste Interesse dran haben dürfte. Insofern bleiben meine Vorstellungen eine Utopie, womit ich unter vielen anderen politischen Vorstellungen gut untergebracht bin.
Du sollst ja auch deine Utopie haben. Ist ja auch wertwoll, sich immer mal wieder darüber auszutauschen. Du verbeist dich halt sehr an dem Begriff der "Partei". Dieser ist ganz offensichtlich für dich negativ konutiert und daraus leitst du dann Schlussfolgerungen ab. Insbesondere deckst du scheinbar, dass der Einzelne irgendwie bessere Entscheidungen treffen kann und das heutige Parlamentsmodell mit der "Fraktionsdisziplin" irgendwie dysfunktional ist. Aus meiner Sicht ist das keineswegs so. Natürlich ärgere ich mich manchmal über Fraktions- und Koalitionsdisziplin, vor allem natürlich dann, wenn ich gerne eine andere Entscheidung gesehen hätte. Letztendendlich ist das aber genau die gerne verlangte Kompromisfähigkeit, die von "der Politik" verlangt wird.
Wer Abgeordnete daran hindern will oder dies gar aktiv tut, dass sie nach ihrem eigenem persönlichen Gewissen abstimmen handelt ganz einneutig und ohne jeden zweifel verfassungswidrig und gänzlich undemokratisch.
Das ist sehr theoretisch.
Abgeordnete werden gewählt, weil sie für bestimmte politische Positionen stehen: Sie machen vor der Wahl bestimmte Zusagen gegenüber ihren Wählerinnen und Wählern. In diesem Sinne gehen Abgeordnete eine Verpflichtung ein, auch wenn diese Verpflichtung gewisse Spielräume lässt. Ein Abgeordneter repräsentiert den Willen seiner Wählerinnen und Wähler.
Es kann daher keine Rede davon sein, dass ein Abgeordneter allein seinem Gewissen unterliege, alles andere sei undemokratisch.
Ein weiterer Punkt ist, welche politischen Entscheidungen überhaupt zur Abstimmung kommen. Oft geht es um sehr komplexe Fragen. Diese werden in Ausschüssen des Bundestages bearbeitet. Bereits auf dieser Ebene bilden sich zwangsläufig politische Lager, die sich auf einen Vorschlag einigen und diesen dann gemeinsam im Parlament durchzusetzen versuchen.
Wollte man die Freiheit jedes Abgeordneten realisieren, müsste man zu jedem Gesetz 500 Vorschläge zur Wahl stellen, aus denen dann jeder Abgeordnete frei wählen könnte. So kommt man aber zu nichts.
Abgeordnete werden gewählt, weil sie für bestimmte politische Positionen stehen: Sie machen vor der Wahl bestimmte Zusagen gegenüber ihren Wählerinnen und Wählern. In diesem Sinne gehen Abgeordnete eine Verpflichtung ein, auch wenn diese Verpflichtung gewisse Spielräume lässt. Ein Abgeordneter repräsentiert den Willen seiner Wählerinnen und Wähler.
Es kann daher keine Rede davon sein, dass ein Abgeordneter allein seinem Gewissen unterliege, alles andere sei undemokratisch.
Ein weiterer Punkt ist, welche politischen Entscheidungen überhaupt zur Abstimmung kommen. Oft geht es um sehr komplexe Fragen. Diese werden in Ausschüssen des Bundestages bearbeitet. Bereits auf dieser Ebene bilden sich zwangsläufig politische Lager, die sich auf einen Vorschlag einigen und diesen dann gemeinsam im Parlament durchzusetzen versuchen.
Wollte man die Freiheit jedes Abgeordneten realisieren, müsste man zu jedem Gesetz 500 Vorschläge zur Wahl stellen, aus denen dann jeder Abgeordnete frei wählen könnte. So kommt man aber zu nichts.
Klarer kann man es denke ich nicht formulieren.
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 38
(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.
Darüber hinaus regelt das grundgesetz genau wie Anträge egstellt werden können. Das verhindertd ein Szenario.
Genauso wenig, wie du dich als Angestellter eben auch nicht in allen Unternehmensbereichen deines Arbeitgebers gleich gut auskennst.
Ich gebe meine Stimme/Meinung aber nur zu Themen ab, zu denen ich auch etwas sagen kann. Wo ich nichts von verstehe, halte ich den Mund, und überlasse es komplett den anderen.
Zitat:
Zitat von Nepumuk
Du verbeist dich halt sehr an dem Begriff der "Partei". Dieser ist ganz offensichtlich für dich negativ konutiert und daraus leitst du dann Schlussfolgerungen ab.
Nicht der Begriff oder Institution an sich ist mein Problem, sondern die inzwischen m.M.n. zu große Macht der Parteien im Vergleich zur Summe der Einzelabgeordneten. Manche mögen die Entwicklung gut finden, ich halte sie für stark mitverantwortlich dafür, daß die Menschen hierzulande zwar die Demokratie als Prinzip gut finden, aber viel weniger meinen, es würde in Deutschland auch gut funktionieren.
Zitat:
Zitat von Nepumuk
Insbesondere deckst du scheinbar, dass der Einzelne irgendwie bessere Entscheidungen treffen kann und das heutige Parlamentsmodell mit der "Fraktionsdisziplin" irgendwie dysfunktional ist.
"Besser" ja, wenn damit eine Entscheidung gemeint ist, die die tatsächliche Verteilung der Einzelmeinungen wiederspiegelt, ohne eine Verzerrung durch die Parteivorgaben. Und Fraktionsdisziplin ist nicht "dysfunktional", sondern nur verzerrend bezogen auf obige Zielgröße. Aus Sicht von Parteiführungen ist Fraktionsdisziplin höchst funktional, und Begriffe wie "Parteisoldat" oder "Parteidisziplin" sind dort eben positiv konnotiert, obwohl das letztere bei Wikipedia weniger positiv rüberkommt:
Was meint ihr, werden sich bei der Abstimmung alle Grünen und SPD Abgeordneten enthalten? Sonst könnte ja Scholz mit Stimmen der AfD, so als Protestabstimmung, bei der Abstimmung bestätigt werden und Kanzler bleiben...
Auch wenn er diese Stimmen wahrscheinlich nicht will.
Zitat:
Zitat von Schwarzfahrer
...
Ich würde von der demokratischen Politik lieber klare Mehrheitsentscheidungen erwarten, davon haben mehr Menschen etwas, als von Kompromissen.
...das wird aber in den Führungsebenen der Parteien unterbunden. Wenn du als Abgeordneter nicht anständig Parteikonform abstimmst, erscheinst du halt nicht wieder auf den Listen der nächsten Wahlen.
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„Der Horizont vieler Menschen ist wie ein Kreis mit Radius Null. Und das nennen sie dann ihren Standpunkt.„