Ahoi!
1. Es wird wohl keinen Reisebericht geben.
2. Ich habe heute an einem Radrennen teilgenommen! Krass was? Ein Kumpel von Björn und eine sehr Rad-talentierte Freundin, die früher, vor der Geburt ihrer drei Kinder, recht erfolgreich Radrennen gefahren ist, waren für den Münster Giro angemeldet und fragten, ob Björn auch mitmachen will. Wollte er und fragte, ob ich auch mitmache. Och ja, warum nicht?
Warum nicht? Zum Beispiel, weil man auf der 110 km Strecke, für die ich dann umgehend angemeldet wurde, während wir durch Südosteuropa gurkten, einen 28er Schnitt fahren muss, um nicht aus dem Rennen genommen und in den Besenwagen verfrachtet zu werden. Das habe ich erst gestern Abend bei der privaten Pasta-Party erfahren. Da war es zu spät.
Heute Morgen um 10 Uhr ging es los. Wir starteten im vorletzten Block, weil Michi und Thorsten von einem 32er Schnitt ausgingen. Haha! Gut, die beiden haben es auch hinbekommen. Ca 1 km nach dem Start ließen wir sie fahren, Björn blieb netterweise bei mir. Dann fuhren erst nahezu alle Starter aus Block D an uns vorbei, kurz darauf die aus Block E, die ein paar Minuten nach uns gestartet waren. Recht bald waren wir dann ziemlich alleine unterwegs.
Mit dem Wetter hatten wir Glück, es war trocken und nicht so kalt und die Gegend schön, es gab sogar ein paar kleinere Hügel. Björn fuhr die ganze Zeit vorne und ich im Windschatten. Auf gerader Strecke konnte ich so ziemlich schnell fahren. Es war aber auch grenzwertig anstrengend und ich befürchtete schon da das Schlimmste für später.
Mein Ernährungskonzept war gelinde gesagt subopitmal. Ich hatte zwar ordentlich gefrühstückt, 2 Brötchen, aber nur 500 ml Wasser mit und etwas Weingummi. An der einzigen Verpflegungsstelle nach 55 km gab es nix mehr zu essen, aber immerhin konnte ich die halbleere Wasserflasche auffüllen und aß ein paar Weingummis.
Es wurde zunehmend anstrengend. Ca. 35 km vor dem Ziel ging Björn pinkeln und ich rollte langsam weiter. Ein Auto fuhr neben mir, ein Krankenwagen dahinter, und die Frau auf dem Beifahrersitz des Autos sagte: "Wir müssen dich jetzt leider aus dem Rennen nehmen, es kommt gleich ein Bus, der dich mitnimmt." Äh, wie jetzt? Das ist aber doof und die Sonne scheint doch gerade so schön!
Sie fuhren weiter und Björn schloss auf. Der fand die Aussicht, aus dem Rennen genommen zu werden, gar nicht gut und gab Gas. So konnten wir den Krankenwagen und den Skoda mit der Frau mit den schlechten Nachrichten bald wieder einholen. Den Besenwagen, der kurz zuvor an uns vorbei gefahren war, auch. Dazu waren wir Geschwindigkeiten von ca. 36-37 km/h gefahren, aber auf ganz ebener Strecke und ich natürlich im Windschatten.
Beim Überholen des Besenwagen-Trosses, verlor ich Björn aus den Augen, dachte, er sei hinter mir, aber er war vor mir. Ich fuhr vorne in einer Gruppe von ca. 10-12 Leuten, die ich darüber informierte, dass uns der Drecks-Besenwagen im Nacken sitzt und wir uns sputen müssen, falls wir das Rennen beenden wollen. Ich dachte, dass Björn sich hinten in der Gruppe ein wenig ausruht. Da war er schon außer Sichtweite.
Ich machte mir Sorgen, ließ mich zurückfallen und zack, war der Besenwagen schon wieder da. Die Frau fragte, ob ich aussteigen wolle und ich sagte, nein, ich suche meinen Freund. Welche Nummer der denn hätte? Sie schaute in einer Liste nach und sagte, dass er nicht raus aus dem Rennen sei, also weiter vorne sein müsste. Ich mühte mich ab und fand wieder Anschluss an die Gruppe, in der ich dann bis zum Schluss blieb.
Wir fuhren echt schnell, meistens deutlich über 30 und ich oft auch vorne, obwohl mir schlecht und schwindelig vor Hunger und Erschöpfung war. So kurz vor'm Ziel wollte ich aber auch nicht aus dem Rennen genommen werden.
Hügel gab es zum Glück längst nicht mehr und der Wind stand günstig, ich glaub' er kam von hinten, zumindest nicht von vorne.
Ich erlebte dann, was Michi mir später im Ziel sagte: Dass es ein großer Unterschied ist, ob man im Windschatten einer Person fährt oder hinten in einer größeren Gruppe. Wenn ich mich in der Gruppe nach hinten fallen ließ, weil ich vom Fahren im Wind völlig im Arsch war, war der Windschatten Effekt viel größer als vorher, als ich nur bei Björn im Windschatten fuhr.
Dann waren es nur noch 12 km und ich war guter Hoffnung, dass wir es vor dem Besenwagen schaffen. Es war aber auch sehr anstrengend.
Am Ende kam unsere Gruppe zusammen ins Ziel, noch mal um 5-6 Leute geschrumpft allerdings.
Leute, ich war dermaßen im Arsch, das glaubt ihr gar nicht! Ich bin also mit meinem sehr mäßigen Rad-Talent und mit wirklich wenig Training 110 km in einem Schnitt ganz knapp über 28 km/h gefahren und bin nicht mal letzte Frau geworden, sondern konnte ganze 7 Frauen hinter mir lassen.

Und ich war immerhin 9 Minuten schneller als die letzte Frau. Allerdings war ich auch 1:08 h langsamer als die erste Frau. Ich habe 3:51,14 gebraucht.
Michi war sehr zufrieden mit ihren 3:12 h. Damit ist sie 36. Frau geworden. Es haben auf der Distanz allerdings auch nur popelige 95 Frauen mitgemacht, in einem Feld von fast 1500 Männern.
Björn ist am Ende doch nur gut eine Minute vor mir im Ziel gewesen, aber er wäre ohne mich natürlich viel weiter vorne gewesen.
Die letzte gute Stunde, also die Zeit, in der ich auf der Flucht vor dem Besenwagen war, war echt kein Spaß und insgesamt muss ich sagen, dass das für mich wirklich grenzwertig anstrengend war, aber jetzt bin ich ein bisschen stolz, dass ich es geschafft habe und es kann sein, dass ich nächstes Jahr wieder mitmache und versuchen werde, den Besenwagen besser im Griff zu haben...
Viele Grüße
J., Radrenn-Queen.
