Diese Woche beherbergte mal ein klitzekleines HiLite in meinem sonst so grauen Trainingssumpf.
Der Samstag. Trail des Hautes Fagnes. Die Tage davor hatte ich mir zurecht gelegt, wenn die Sehne dauernd weh tut, nehmen wir die MTBs mit und ich laufe dort gar nicht.
Zieht sie nur ab und zu lauf ich die kurze Strecke (14 km, 600 hm). Ist sie nicht zu merken melde ich mich auf der langen Strecke an.
Freitag nachmittag tobte ich etwas auf den letzten Metern der Strecke rum und entschied mich am nächsten Morgen für die 14 km zu melden. Mein Freund zaulte, er würde sein MTB vermissen.
Aber Fotowandern in der Ecke ist auch recht kurzweilig.
Sonnenaufgang am Race Day
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Samstag schaute ich mir wehmütig den Start der Langstreckler an und lief mich schon mal etwas warm. Eine Runde ums Dorf. Vor dem Warmlaufen war ich auf dem Klo, wo ich mir in einer Schwingtür den Finger einquetschte. Nun fand ich den puckernden Finger gar nicht schlecht, der ließ mich nicht dauernd an die Sehne am Knöchel denken. Inzwischen war schon brutale Hitze ausgebrochen und als ich die Mitstarter mit ihren Getränkegürteln und Rucksäcken sah, war ich mir nicht sicher, ob ich nicht einen Fehler machte, da ich lediglich den Becher für die eine Ravi nach etwas mehr als 5 km mitführte. Es sollte keine Trinkbecher an den Ravis geben. Jeder Teilnehmer bekam einen Becher an der Anmeldung. Andererseits dachte ich, dass ich auf 14 km auch nicht soviel brauche. Zur Not gabs ja die Bäche, woraus ich trinke könnte, falls ich verdursten würde. Der Becher brachte mich eh aus dem Konzept, da ich nur mein Startnummernband hatte, wo ich ihn mit dem Karabiner anklippsen konnte. Ob das gut geht mit so Gebamsel?
Da ursprünglich geplant war mit meinen gesammelten Trail- Erkenntnissen die 38 km volle Pulle zu laufen, wollte ich nun die 14 km so was wie sprinten. Die ersten 5 km etwas lockerer, die nächsten 5 km mit etwas Zug und dann den Rest all out. Problem war dass es dort keine km-Schilder gibt. In der Woche kristallisierte sich schon raus, dass es der 14er werden würde, da konnte ich mir Profil und Karte einigermassen einprägen.
Letztes Jahr hatte ich auf den 38 km einen Schnitt von 7 kmh, das würde dieses Jahr bedeuten, würde es schlecht laufen, wäre ich 2 Std unterwegs. Liefe es gut rechnete ich mit 1:40 - 1:45 Std. Teile der Strecke waren mir vom letzten Jahr bekannt, so wußte ich was uns erwartet.
Endlich war Startaufstellung. Bei diesem erlesenen Starterfeld (Belgische Meisterschaft im Traillauf) stellte ich mich mal lieber ins hintere Drittel, sollte es ja eh locker los gehen.
Peng und auf gings. Naja, nicht wirklich, erstmal Stau. Ein paar Meter durchs Dorf und dann stürzten wir uns schon ins Warchetal. Ich war zu weit hinten. Meine Mitläufer konnten nicht bergablaufen, ich war nur mit bremsen beschäftigt, was mehr Kraft kostete als diese steile Bergabpassage, die mit ordentlichen Steinen garniert war, locker runter zugleiten. Überholen war nur selten möglich. Unten im Tal ging es erstmal immer leicht bergan und ich konnte besser überholen, erschrak mich aber als ich mal auf den Pulser guggte. Mach mal langsam, der Puls ist viel zu hoch, dachte ich mir, aber ich konnte und wollte nicht, weil sich die Beine gut anfühlten.
Da kam sie auch schon, die gefürchtete Wand, die alle im Gänsemarsch hochgingen. Dann kam der Knüller, ich überholte im Gehen. Das war neu für mich, ich überholte sogar ein paar Kerlchen, die sowas wie laufen versuchten. Beflügelt von diesem Erlebnis konnte ich oben an der Kante wieder überholen. Nun gings es am oberen Rand des Tals leicht rauf und runter, immer über Wurzeln und Steine. Da hatte ich einen vor mir das ging überhaupt nicht. Der konnte die Füße nicht hochheben und machte Riesenschritte, blieb an jeder zweiten Wurzel hängen. Der packt sich bestimmt gleich aufs Mett. Überholen war mal wieder ganz schlecht. Inzwischen hatte ich zwei Frauen in meinem Nacken und etliche Kerle. Endlich kam mal eine kleine Spaltung des Trails und ich sprintete die etwas längere Strecke um diesen Vorläufer herum. Mit mir die beiden anderen Mädels. Das Goldlöckchen nahm gleich richtig Fahrt auf und war erstmal weg. Wir erreichten eine Strasse und die Staumauer, ah die Ravi kommt, ich konnte schon mal meinen Becher vom Band prokeln. Das andere Mädel sprach mich an. Sprichst Du holländisch oder französisch? Nee, deutsch oder englisch. Sie wollte wissen wie weit wir schon wären und wie lange wir schon unterwegs seien. Kurz nach km 5 und 43 Minuten. Sie war etwas geschockt über den Schnitt. Aber so isses auf dem Trail, über Schnitte denkt man besser nicht nach.
Kurz Wasser einschenken lassen, ein paar Schluck getrunken, Becher wieder eingehakt und weiter. Rauf und runter über Stock und Stein. Mittlerweile hatte sich eine Gruppe gebildet mit der Holländerin, die mit zwei Kerlen zusammen lief, Pinki, die immer jeden Anstieg hochlief, aber oben fast stehen blieb und dann noch diverse Kerle. Das Schöne an diesen Gruppen beim Traillauf ist, das jeder andere Stärken hat und dauernd überholt man sich. Und irgendwann sind die anderen weg, entweder nach vorne oder nach hinten. Und gerade bei diesen Sägezahnprofilen, wo alle paar hundert Meter ein Rhythmuswechsel stattfindet. Inzwischen hatte ich aufgegeben, zu überlegen wo wir wohl sein könnten, ich starrte hochkonzentriert auf die nächsten 4 - 5 Schritte. Erschrak ab und zu über meinen immer weitersteigenden Puls. Irgendwann geht nix mehr, das war mir klar. Aber erstmal hatte ich eine Mission: renn den Mädels hinterher. Nur war die Holländerin irgendwann weg (nach vorne), aber die beiden Kerle waren noch da und Pinki. Bei einem längeren Anstieg trippelte auch Pinki davon, aber ihre Schwächen kannte ich ja und dachte mir hinten raus kackt die Ente. Ich fühlte mich furchtbar stark. Es war mal einen Moment flach und asphaltiert, da konnte ich schön anziehen. Ha, Goldlöckchen war da vorne. Ran und vorbei. Voller Freude stellte ich fest, dass wir nun auf die letzten km vom letztjährigen 38er kamen. Ich bildete mir ein, ich weiss was kommt. Erstmal im freien Fall nach unten. Sch***, Goldlöckchen klebte mir an den Fersen. Ich flog durch den Matsch, kletterte über die Brücke und schon gings wieder hoch und Goldlöckchen sprintete wieder vorbei, mußte aber bald gehen. Ich versuchte mich zu erinnern was noch kam. Scheiß drauf, pack aus was Du hast. Es ging leicht bergauf, letztes Jahr mußte ich gehen. Dies Jahr überholte ich eine Reihe von Gehern mit den vorletzten Reserven, auch Goldlöckchen und Pinki. Vor mir lag ein Baum quer, ich guggte schon wo ich am besten springen könnte. Da war eine weisse Linie ... hinter dem Baum. Sch****, Vollbremsung, da sah ich weisse Pfeile, die ins Unterholz zeigten. Einen Abhang ging es noch runter, sowas was man schön runter springen kann, wenn man noch kann. Hoffentlich hatte ich nicht überzockt bei meinem Überholmanöver. Aber Wöltjebuche liess grüßen und ich sprang einige hundert Meter über den lockeren Boden zwischen den Bäumen hinab. Ein Blick nach oben, als ich unten angekommen war: die anderen waren alle weit entfernt, aber es kann sich alles nochmal ändern. Erstmal gings auf der Waldautobahn ein Stück runter, rechts rein, eine Brücke, eine Matschkuhle, eine fiese Rampe, wo ich nochmal gehen mußte und da war es nur noch ein km ungefähr, alles leicht bergan. Und fast alle gingen, nur die Holländerin lief ca 200 m vor mir. Renn! Aber gleichzeitig war mir klar, dass der Abstand zu groß, meine Beine nicht mehr frisch genug waren, aber einige andere konnte ich noch überholen. Ich wagte einen Blick auf die Uhr, OK der Puls war fast am Maximum und ich hatte 1:30 Std stehen, ein paar Meter waren es ja noch.
Vorbei an unserer Unterkunft direkt am Start, zwei Kurven und da war auch schon das Ziel. 1:31:47. (6. in meiner AK von 52 und 220. von 650 Gesamt). Ich schnappte mir eine Flasche und ging am Zielkanal runter guggen wann die anderen kamen. OK, ich hab nen schönes Finish hingelegt. Wenn schon nicht lang, denn wenigstens ein ordentlicher Sprint über die Kurzdistanz. So hatte der Abschluß meiner diesjährigen Trailsaison doch noch einen versöhnlichen Abschluß.
Der nächste Traillauf in Belgien ist im Visier, dann auch hoffentlich auf der Bambinistrecke der Ultras, 55 km mit knapp 2000 hm.
Mein Freund ist am Samstag früh losgezogen und hat geknipst, wo wir langgetrabt sind.
Blick auf Schloß Reinhardstein
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Das Auf und Ab an der der Kante
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und auch ohne Kante
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