An der Startlinie alles Kampfschweine. Außer ich. Mit neidischem Blick sehe ich auf das Rückteil von Frau Hansen. Schnittiger Einteiler mit hinten Reißverschluss auf. Damit man gleich weiß, mit wem man´s zu tun hat, hat Frau Hansen ihr Hinterteil getuned: H A N S E N steht in Großbuchstaben auf ihrem Allerwertesten. Ich bin sofort eingeschüchtert und will auch gar nicht mehr wissen, in welcher Altersklasse die startet. Eins ist klar: Egal, wie alt die ist, die ist auf jeden Fall schneller. Damit ich heute beim Duathlon in Kloppenheim nicht so viel Stress habe, habe ich sämtliches technisches Gerät von meinem Körper entfernt. Ich laufe und fahre besser ohne Uhr, damit ich gar nicht erst ins „Was-wäre-wenn-Kopfrechnen“ verfalle und nervös werde. Frau Hansen ist da nicht so zimperlich. Die hat sich neben ihrem High-End-zwei-Kilogramm-Messgerät noch irgendetwas ans Handgelenk getüttelt. Die Frau neben mir trägt das auch. Auf Nachfrage erfahre ich, dass das ein Power-Balance-Armband ist und setze es in Gedanken sofort auf meinen Einkaufszettel.
Die erste Laufrunde geht um. Fünf Kilometer bei schwüler Hitze. Das trainieren wir Migräniker ja besonders gern. Da haben wir immer die Wahl zwischen „schnell machen und den Rest des Tages im Bett verbringen“ und „langsam machen und noch was vom Tag haben“. Ich entscheide mich für die Handbremse. Schwarze Flecken vor Augen kann ich heute gar nicht gebrauchen. Insbesondere nicht, weil die Radstrecke nicht abgesperrt ist. Da ist Konzentration bei klarer Sicht angesagt. Nach ein paar Kilometern auf dem Rad überholt mich Frau Hansen. Wo kommt die denn her? Ich dachte, die war schon längst weg. „Ah,“ sage ich, „hallo, Frau Hansen.“ Sie wundert sich ganz offensichtlich, grinst aber freundlich. Versonnen schaue ich ihr hinterher: rumms-bumms treten ihre Beine im mühelosen Stakkato und bringen schneller die Meter zwischen uns als ich gucken kann. Wie machen diese Mädchen das bloß? Sitzen die nach einem Radmarathon abends entspannt vorm Fernseher, ziehen sich drei Stunden lang „Vom Winde verweht“ rein und treten währenddessen gut gelaunt so nebenbei die Beinpresse mit 90 Kilo? Egal, was die machen, eins ist klar: Ich mache was falsch.
Aber während ich so meinen Gedanken zur Optimierung des Trainings nachhänge, schaltet sich der Kettengott ein. Frau Hansen ruft „Scheiße“ und rollt rechts an den Kantstein. Ich zweifele keine Sekunde daran, dass sie das Problem sofort beheben wird, will mir aber nicht das Gefühl nehmen lassen, einmal ein bisschen schneller zu sein als sie und trete tüchtig in die Pedalen. Dauert nicht lange, dann hat sie mich auch schon wieder eingeholt. Ihr Lächeln beim Überholen ist dieses Mal noch ein bisschen breiter geworden, habe ich den Eindruck. Mittlerweile sind mir alle zehn Zehen eingeschlafen. Vielleicht ein Zeichen dafür, dass sich meine Füße bei dem Tempo langweilen?
Die abschließende Laufrunde geht dann auch noch irgendwie um. Insbesondere die drei kleinen Spaziergänge zwischendrin tragen wesentlich zur notwendigen Entspannung bei. Die ersten Jungs sind schon dabei, ihre Räder ins Auto zu packen als ich die Straße entlang gejoggt komme. Der durchtrainierte M30-Athlet stellt sein Laufrad ans Auto, klatscht behutsam und ruft „Gleich geschafft, noch 200 Meter!“. Ja, denke ich, das ist Respekt vorm Alter. Dauert nicht mehr lang, dann bieten sie dir einen Platz im Bus an.
Und dann Zieleinlauf als sechste Frau. Wie das? Leiden die anderen noch stärker an Migräne als ich, oder wie? Damit habe ich ja nun überhaupt nicht gerechnet und freue mich dafür natürlich um so mehr. In der AK 45 bin ich Dritte. Und, wer ist Zweite mit einer Minute Vorsprung? Genau, Frau Hansen. Später laufen wir uns noch in der Wechselzone über den Weg und ich spreche sie an. Ja, sie sei Liga-Starterin, erklärt sie mir. Ach, lacht sie, das mit dem Namen aufdrucken lassen könne jeder. „Danke, alles klar“, sage ich und mache in Gedanken eine Notiz auf meinem Einkaufszettel.
Abschließend noch an einige Männer, die ich auf der Radstrecke kennen lernen musste:
1. Ich kann es nicht leiden, wenn ihr bei Windschattenverbot Windschatten fahrt.
2. Ich kann es überhaupt nicht leiden, wenn ihr in meinem Windschatten fahrt.
3. Beim nächsten Mal gibt´s auf die Glocke.
You made my day!!
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früher: sex and drugs and rock `n roll.
heute: betablocker, insulin und kamillentee
Dafür durfte ich dann das erste Mal dieses Jahr hinter meinem Namen W40 lesen. Schon etwas komisch. Vor allem aber, dass die W40 mit Abstand die größte AK bei den Frauen war und man trotz PB nur auf den 12. Platz AK kommt. Kennen jetzt auch Frauen die Midlife-Crisis
So geht es mir auch (auch erstes Jahr W40) - zwei Wettkämpfe - beide Male gute Wettkämpfe und trotzdem weit weg vom Treppchen. In der letztes Jahr noch passenden AK hätte ich beide Male rauf gedurft
Aber so ist das halt
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Erfahrung ist fast immer eine Parodie auf die Idee. (J.W.v.Goethe)
Das gilt übrigens auch für Weitsprungversuche (= Idee) und Achillessehnenrisse (= Erfahrung) ...
auch ich habe seit diesem Jahr ein W40 hinter meinem Namen stehen und auf meinem Einteiler wurde hinten der Vorname aufgedruckt. Unglaublich, wie viele Leute mich Schnecke auf einmal auf der Radstrecke beim Überholen anfeuern
Also, liebe Pantone, schön auf den Einkaufszettel achten und Glückwunsch zur Platzierung
Yep,
volle Zustimmung. Da hält man sich brav ans Windschattenverbot, lässt sogar den Abstand größer werden, wenn der Kerl, der unbedingt überholen musste, dann nicht vorne weg kommt und darf dann sehen, wie sich da vorne eine Gruppe bildet, die munter Windschatten fährt. Ihr Pech: der KaRi stand schön versteckt in einer Hauseinfahrt...... Als sie vorbei brausten, schmiss er sein Motorrädle an und schwupps hagelte es Karten.... Nein, das kleine Grinsen habe ich mir nicht verkniffen, dafür war noch genug Energie da. Dafür durfte ich dann das erste Mal dieses Jahr hinter meinem Namen W40 lesen. Schon etwas komisch. Vor allem aber, dass die W40 mit Abstand die größte AK bei den Frauen war und man trotz PB nur auf den 12. Platz AK kommt. Kennen jetzt auch Frauen die Midlife-Crisis
Zitat:
Zitat von PippiLangstrumpf
Wofür Du bei Wettkämpfen alles Zeit hast
So geht es mir auch (auch erstes Jahr W40) - zwei Wettkämpfe - beide Male gute Wettkämpfe und trotzdem weit weg vom Treppchen. In der letztes Jahr noch passenden AK hätte ich beide Male rauf gedurft
Aber so ist das halt
Mädelz, so ist das mit der Gleichberechtigung...wir Männer müssen schon ab "Elite" oder "Herren" also im Prinzip knapp über 30 mit solchen und weitaus schlimmeren Platzierungen umgehen.
Aber dafür gibts ja den sensationellen Lobfred von Pantones Männe.
Sie hat allerdings wieder genau des Nagels Kopf auf selbigen und dazu noch mittig getroffen: In meiner ersten OD *Kunstpause* MUSSTE ich den Typen mit dem Namen auf dem Hintern noch einholen!