Zitat:
Zitat von BananeToWin
Gibts denn hier eigentlich jemanden, der behauptet er komme aus "der Wissenschaft"? Rein aus Interesse.
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Ich sehe die Frage mal als provokativen Impuls. Denn eigentlich ist sie falsch formuliuert.
Es gibt sie nämlich gar nicht, "DIE Wissenschaft".
Das meint nicht nur, dass es verschiedene wissenschaftliche Gebiete, Fächer, Arbeitszweige usw. gibt, die alle ihre spezifischen Fragestellungen, Herangehensweisen und Methoden (zur Hypothesengewinnung und zur Antwortenfindung) haben.
Das meint auch, dass es deduktive und induktive Forschungsansätze geben kann, die scheinbar konträr gegenüberstehen, jedoch für spezifische Problemstellungen eine ganz eigene Lösung aufzeigen können.
Desweiteren ist "Wissenschaft" schon seit Jahrhunderten Gegenstand der Selbstreflexion gewesen. Ich empfehle da mal einen sorgfältigen Blick in die
Wissenschaftstheorie...
Durch wissenschaftliches Arbeiten gewonnene Erkenntnisse sind immer nur vorläufig - Hypothesen werden in einem mitunter langwierigen Verfahren nach den Prinzipien wissenschaftlicher Rationalität geprüft, akzeptiert oder verworfen - bis zum nächsten Erkenntnisschritt. Insofern ist das selbstreflektierende Tun und die Wissenschaftskritik Teil des Erkenntnisprozesses, man könnte sie auch zum "Kerngeschaft der Wissenschaft" erklären.
Ergo bedarf es da schon einer sehr sorgfältigen Begründung für das, was "wissenschaftliche Forschung" sein soll. In den 35 Jahren, in denen ich mit sowas grob zu tun habe, habe ich nicht nur mitgekriegt, wie unglaublich vielfältig dieses Gebiet ist, sondern auch, dass sich das Selbstverständnis, also das, was als "Wissenschaft" verstanden wird, in einigen Kreisen stark gewandelt hat.
Bei manchen Arbeitszweigen und beruflichen Tätigkeiten war es noch vor 20 Jahren absolut undenkbar, sie als "wissenschaftlich" bezeichnen zu wollen (z.B. Hebammenwissenschaft)
Und selbst die alltägliche Forschungspraxis der verschiedenen Disziplinen bietet Anlass zur Differenzierung. Grundlagenforschung und angewandte Forschung sind nur zwei Beispiele. Wissenschaftliche Forschung ist nicht selten auch interessengeleitet, d.h. neben dem sachlichen Interesse auch ein angestrebter Nutzen dahinter (z.B. bei Krebstherapien oder Impfstoffen); nicht zu vergessen, dass dies häufig auch bedeutet, dass ein "Nutznießer" dahinterstecken kann, der auch der Geldgeber sein kann (der wiederum ein wirtschaftliches Interesse haben kann).
Das alles kann die Fragestellung, die Forschungsmethoden, die Auswertung und die Verwertung von Ergebnissen beeinflussen. Dass in manchen Fällen auch noch der Faktor ZEIT eine regulierende Rolle spielt - manchmal eine entscheidende! - haben wir u.a. in der jüngsten Pandemie sehen können.
Und gerade WEIL das ein so unglaublich komplexes Thema ist, habe ich beschlossen, mich hier weitgehend rauszuhalten. Mich ermüden die immer gleichen Denkmuster, die simplifizierenden Pseudofragestellungen, die fortgesetzten Bemühungen, sich mit den wirklichen Experten auf eine Stufe stellen zu wollen - in dem gut gemeinten Glauben, sich fehlende Fachkompetenz schnell aneignen, alles zur Diskussion freigeben und kraft "gesundem Menschenverstand" mitentscheiden zu können.
Das ist im allerbesten Fall noch eine populärwissenschaftliche Scheindiskussion, aber kein wissenschaftlicher Diskurs.