Ich plauder mal ein wenig aus dem Nähkästchen:
In meinem Dorf-Verein war ich nach über 20 Jahren der erste Schwimmer, der wieder zu den Landesmeisterschaften durfte. Anreise, Unterkunft (im Zelt im April!!!) etc, alles selbst organisiert und bezahlt. Ohne meinen Vater wäre ich als 13jähriger ziemlich aufgeschmissen gewesen...
Einige Zeit später haben wir erfahren, dass ich die Kader-Norm für das D-Kader geschafft habe. Der nächste Stützpunkt war 85(!)km entfernt. Also ist mein Vater 2x die Woche nach der Arbeit mit mir ins Kadertraining gefahren, ist selbst 2h geschwommen um dann nachts um halb elf todmüde ins Bett zu fallen. Dazu bis zu 48Wettkämpfe pro Jahr. Oft (wie oben beschrieben) alles selbst organisiert und bezahlt.
Mein 7 Jahre jüngerer Bruder fing auch recht bald mit Schwimmen an und wurde noch besser. Inzwischen war mein Vater ehrenamtlicher Kampfrichter und meine Mutter (ehrenamtliche) Trainerin mit C-Lizenz. So wurden die Wettkämpfe immerhin zu netten "Familienausflügen"...
Mit 15 Jahren wurde mein Bruder zu einem Lehrgang von Dirk Lange (damals Kader-Trainer) nach Hamburg eingeladen. Im Anschluß an den Lehrgang bot man ihm so wie einigen weiteren Teilnehmern eine Art Internat an. Wohnungen direkt über dem Olympiastützpunkt in einer Art betreuten WG, normale Schule um die Ecke. Mein Bruder ist dann mit 16 in diese WG eingezogen. 2-3x täglich Training plus Landtraining plus Schule. Er war im B-Kader, ist Weltcup geschwommen und war mehrmals auf dem Podium bei den Deutschen Jahrgangsmeisterschaften. Die Schwimmer wurden von der SG Hamburg unterstützt und gefördert. Das waren dann schon deutlich bessere Bedingungen als zu Hause im Dorf-Verein. Aber z.B. Preisgelder wie bei den Tennisspielern gab es für die Schwimmer auch auf dem Niveau eigentlich nie.
Dann ging es irgendwann um das A-Kader, was Herr Lange persönlich trainiert hat. Klare Ansage: "Wer von mir trainiert werden will hat pro Monat xxx,-€ zu bezahlen."

Er forderte also von den Athleten (die meisten noch KINDER ohne eigenes Einkommen!!!) neben seinem Honorar von der SG Hamburg und dem DSV (und wo er sonst noch Kohle her bekommen hat) auch noch mal Geld. Da meine Eltern nicht in der Lage waren, diesen 5-stelligen Betrag pro Jahr zu zahlen (und mein Bruder das auch nicht wollte), blieb ihm nichts anderes übrig, als weiterhin im B-Kader zu trainieren. Einige wenige Eltern haben es bezahlt. Einen von diesen Athleten hat man in Peking gesehen...
Her Lange war dann aber gar nicht mehr lange in HH, war dann zwischenzeitlich ja mal DSV Cheftrainier (ohne großen Erfolg) und ist dann nach RSA abgehauen wo er wohl keinen allzu großen Gegenwind hat mit seiner Art.
Mein Bruder hat sich dann lieber auf sein Abi konzentriert und anschließend Jura studiert.
Denn was man nicht vergessen darf: Man kann als Schwimmer in Deutschland NICHT von diesem Sport leben. Einzige Ausnahme mag vielleicht Franzi sein. Aber als Mann ? Keine Chance...
Sowas wie die Herren Phelps, Thorpe, Spitz, etc das sind Nationalhelden wie bei uns vielleicht der Schumacher oder FC Bayern. Die Bedingungen sind einfach andere.
Fakt ist, es gibt in D keine gescheite Talentförderung. Die Anforderungen für die Kader sind inzwischen ziemlich heftig und es wird gesiebt. Aber sobald es etwas weiter nach oben geht, wird es ziemlich dünn. Zudem haben Schwimmen in D keine Perspektiven. Das sind alles durch die Bank weg AMATEURE !!! Klar werden die von den Arbeitgebern frei gestellt, aber sicher stellt sich der Arbeitgeber schon die Frage, wozu er jemanden, der im Halbfinale rausfliegt so fördern soll. Das bringt ihm ja eher nicht so viel, besonders wenn die Leistung nicht stimmte. Ein Sponsor will schließlich Erfolge sehen !
Wenn dann noch ein riesen Pulk plan- und ahnungsloser Funktionäre an der Spitze des Verbandes sein Unwesen treibt (der Chef vom DSV ist ein TURMSPRINGER!!!), braucht man sich eigentlich nicht zu wundern, dass die Motivation der Deutschen Athleten eine etwas andere ist, als z.B. die der Amis.
Große Sprüche wie von Herrn Matthes werde nach solch "verpatzten" Meisterschaften immer geklopft. Aber ändern tut sich dann meist doch nix. In den Funtkionärsklüngel kommt man nicht so ohne weiteres rein, besonders wenn man ein Querkopf ist und mal was ändern will. (sh. Dirk Lange)
Allerdings habe ich zumindest ein bisschen Hoffnung, dass sich der DSV nach diesem wiederholten Debakel mal so langsam Gedanken macht, was da falsch läuft.