Ein Buchhalter der wegen Unterschlagung rechtskräftig verurteilt ist, wird in seinem Job nie wieder eine Anstellung bekommen. Genauso muss es dopenden Sportlern ergehen.
Einverstanden. Aber nur, wenn das Verfahren, mit dem das bewusste und absichtliche Doping nachgewiesen wird, ebenso gut ist, wie das juristische Verfahren, das der Buchhalter bekommt.
Im Moment ist das nicht der Fall. Daher wäre ich mit einer lebenslangen Strafe nicht einverstanden. Die Wahrscheinlichkeit, jemanden zu Unrecht lebenslang zu bestrafen, ist zu groß. Lieber lasse ich einen Schuldigen laufen, als einen Unschuldigen zu Unrecht zu verurteilen.
Ein gutes Beispiel ist der Fall von Dieter Baumann. Ich weiß, die meisten glauben die Erklärung mit dem Anschlag nicht. Aber sie ist nicht ausgeschlossen, und nehmen wir nur in Gedanken einmal an, sie wäre zutreffend: Welche Möglichkeiten hatte Baumann letztlich, sich zu verteidigen und die im Strafrecht selbstverständlichen Rechte eines Angeklagten wahrzunehmen? So gut wie keine. Dazu ein kleines Detail, um klar zu machen, was ich meine:
Jens Prokop war damals beim Deutschen Leichtathletikverband (DLV) der Chefankläger gegen Baumann. Baumann war "sein" Fall. Er plädierte für eine konsequente Bestrafung des Olympiasiegers und gab dazu zahlreiche Interviews in allen großen Zeitungen. Der Rechtsausschuss des DLV, das oberste Entscheidungsgremium in diesem Fall, sprach Baumann jedoch frei. Baumann durfte wieder starten.
Der Internationale Leichtathletikverband (IAAF) erhob Einspruch und bestand darauf, die Sache selbst zu verhandeln. Angeklagt war dabei nicht Baumann als Person, sondern der DLV als nationaler Verband – vertreten ausgerechnet durch Jens Prokop, der in Deutschland der eifrigste Widersacher Baumanns war!
Kein Wunder, dass man sich schnell einig wurde. Baumann war fortan wieder gesperrt. Der Vorsitzende der Verhandlung kam von den Philippinen – ob er die 2000 Seiten umfassende Ermittlungsakte (in deutscher Sprache von einer Sonderkommission der Polizei verfasst) gelesen hat? Eine zwanzigseitige Zusammenfassung in englischer Sprache, die Baumann selbst hat anfertigen lassen, wollte keiner haben.
Unabhängig von der Frage, was nun mit der Zahnpasta war, ist dieses Verfahren eine Farce gewesen. Solange das so ist, bin ich gegen lebenslängliche Strafen.
Einverstanden. Aber nur, wenn das Verfahren, mit dem das bewusste und absichtliche Doping nachgewiesen wird, ebenso gut ist, wie das juristische Verfahren, das der Buchhalter bekommt.
Im Moment ist das nicht der Fall.
Das ist ja mein Reden.
Und es hilft nichts Argumente 100mal zu wiederholen, warum das existierende Sportrecht völlig überfordert ist oder auch einfach unpassend. Was jetzt gefragt ist, eine Aktion, um die Situation zu verändern. z.B. ein Gesetz auf den Weg zu bringen.
Gibt es Bundestagsabgeordnete, die für ein solches Projekt zu gewinnen sind?
Könnte t-s eine Plattform sein, um eine solche Aktion ans Laufen zu bringen?
Nach den bisherigen Erfahrungen zeigen das vorhandene Sportrecht sowie die Sportfunktionäre eine klare Überforderung. Die Dopingproblematik gehört schnellstens in staatliche Reglementierung überführt.
Ich verstehe dein Argument, wenn da was passieren soll müssen Profi-Kriminalisten ran. Die sind dann auch wirklich unabhängig.
Nur muss man sich solche Fragen stellen: Ist die Dopingproblematik wirklich wichtig genug, um die Justiz damit beschäftigen zu müssen? Steht Doping wirklich auf der gleichen Stufe wie andere Verbrechen, für deren Bekämpfung dann weniger Zeit übrig bleibt? Klares Nein aus meiner Sicht.
Bei denen ist Doping offensichtlich allgemein akzeptiert.
Und sie fordern nicht ständig bessere und häufigere Dopingkontrollen und höhere Strafen für Doping, wie Miss Wellington das immer wieder unaufgefordert tut.
Doch, das gibts. Holczer meint in seinem Buch, ein großer Denkfehler sei, da irgendwo ein logisches Vorgehen zu unterstellen. Doper handeln aber nicht logisch. Die leben in ihrer eigenen kleinen Lügenwelt, und lügen sich vielleicht auch selber was in die Tasche (ähnlich wie Suchtkranke, der erste wichtige Schritt in der Therapie ist die eigene Sucht anzuerkennen).
Er berichtet sehr plastisch (klar, Holczer halt), wie Bernhard Kohl jemand anderes (Teammitglied oder so) eine ganze Busfahrt lang vollquatsch, wie unfair die Doper sind, das sie ihm, dem ehrlichen Athleten die Chancen wegnehmen usw. - das alles (iirc) unaufgefordert, und zu einer Zeit, wo er schon randvoll unterwegs war! Würde das ein Doper tun? Ja, absolut. Logik hilft nicht weiter.
Ist die Dopingproblematik wirklich wichtig genug, um die Justiz damit beschäftigen zu müssen? Steht Doping wirklich auf der gleichen Stufe wie andere Verbrechen, für deren Bekämpfung dann weniger Zeit übrig bleibt?
Doping beschäftigt jetzt schon die Justiz, allerdings auf Grund fehlender Handhabe mit wenig Erfolg.
Die Politik investiert schon jetzt viele Steuergelder in den Sport und dessen Verwaltung, dann bitte auch nutzenstiftend.
Das ist die aktuelle Verwaltungspyramide beim Bund:
Bundesminister des Innern Dr. Thomas de Maizière
:.Staatssekretärin Rogall-Grothe (030 18) 681 - 1109
..:.Abteilung SP
..:.Sport MinDir Böhm (0228 99) 681 - 3700
..:.Ständiger Vertreter TB Burmester (0228 99) 681 - 3711
..:.:. Referat SP 1 Grundsatz- und Rechtsangelegenheiten RD’n Heinzen (0228 99) 681 - 3733
..:.:. Referat SP 2
..:.:. Referat SP 3
..:.:. Referat SP 4
..:.:. Referat SP 5
..:.:. Referat SP 6
..:.:. Referat SP 7 Nationale und internationale Dopingbekämpfung; Toleranz und Fair Play MinR Moog (0228 99) 681-3232
Die Abteilung SP ist zuständig für die Angelegenheiten der Spitzensportförderung.
Ihr obliegen insbesondere die Grundsatz- und Rechtsangelegenheiten der nationalen Sportpolitik wie die internationalen und EU-Sportangelegenheiten, die Förderung des Leistungssports einschließlich des Behindertensports, die Dopingbekämpfung sowie die Förderung von Baumaßnahmen für den Spitzensport.
Ich habe das vor einigen Jahren mal recherchiert. [...]
Das bedeutet nicht, dass in Italien weniger gedopt wurde. Aber das Risiko ist für einen italienischen Dopingsünder größer als für einen Deutschen, zumindest was die direkten Strafen betrifft. [...]
Das führte nicht nur zum massenhaften Wohnsitzwechsel vieler Radprofis von Nizza ins spanische Kaff Girona, sondern auch zu einer Phase großer Erfolglosigkeit französischer Radprofis.
Das würde aber schon bedeuten - zumind. ein Indiz dafür sein - dass Strafverfolgung was bringt.
Andererseits: Wie ist denn das, denn Doping ist ja ein globales Problem: Angenommen in Deutschland gäbe es ein Gesetz, das Doping unter Strafe stellt. Ich lebe und wohne in Deutschland, bin Profisportler. Ich trainiere aber fleissig in San Diego und bin ab und zu mal in Mexiko zum Dopen. Dort ist Doping nicht strafbar. Kann mich die Deutsche Justiz dann dort überhaupt belangen? Bzw. für das belangen was ich da getan habe? Müssen mich die Mexikaner dann "ausliefern"?
Was das Strafmaß "lebenslänglich" anbelangt: Hier bin ich nicht dafür. Ein Bestrafter muss die Gelegenheit haben eine Strafe zu verbüßen. Hat er das nicht, denke ich das wäre wohl Verfassungswidrig und nicht haltbar. Nicht mal bei Mord ist eine "echte" lebenslängliche Freiheitsstrafe üblich. Die lebenslängliche Freiheitsstrafe ist auf unbestimmte Zeit aber mind. 15 Jahre. Und das ist schon ne explizite Ausnahme.
Bei Sportlern ist es ja eh so, dass bereits z.B. eine 4 jährige Sperre einen Trümmerhaufen hinterlassen kann (und oft auch wird). Ewig jung ist keiner und wenn man mal einen Olympiazyklus trainiert hat, gesperrt wird für einen Weiteren und dann noch mal nach einem weiteren Zyklus zu den Spielen kann ... ja dann ist man meist eine echte Ausnahme. Wir reden von bis zu 12 Jahren in dem Fall.
Strafrechtliche Konsequenzen müssen in das System der versch. "Strafmaße" passen. Ein lebenslanges Berufsverbot tut das m.E. nicht. Für viele ist der Sport nach so einer Tat das einzige was ihnen bleibt. Ich denke das wäre töricht den Menschen das zu nehmen. nehmt ihnen Titel und Rekorde. Aber nehmt ihnen nicht lebenslang die Möglichkeit der freie Entscheidung. Ich denke das ist (menschen)unwürdig.
Er berichtet sehr plastisch (klar, Holczer halt), wie Bernhard Kohl jemand anderes (Teammitglied oder so) eine ganze Busfahrt lang vollquatsch, wie unfair die Doper sind, das sie ihm, dem ehrlichen Athleten die Chancen wegnehmen usw. - das alles (iirc) unaufgefordert, und zu einer Zeit, wo er schon randvoll unterwegs war! Würde das ein Doper tun? Ja, absolut. Logik hilft nicht weiter.
@lidlracer: das war's was ich meinte...
__________________ „friendlyness in sport has changed into pure business“
Kenneth Gasque
Zum Thema "Preisgestaltung Ironman":
"Schließlich sei Triathlon eine exklusive Passion, bemerkte der deutsche Ironman-Chef Björn Steinmetz vergangenes Jahr in einem Interview. Im Zweifel, so sagte er, müsse man sich eben ein neues Hobby suchen."
Doping beschäftigt jetzt schon die Justiz, allerdings auf Grund fehlender Handhabe mit wenig Erfolg.
Das ist ein Widerspruch in sich. Entweder es gibt eine Handhabe, dann wird ermittelt. Oder nicht.
Wenn heute was vor ein ordentliches Gericht geht, dann weil jemand (gerne mal Günter Franke) Strafanzeige (z.B. wegen Betrug) gestellt hat. Auch der Fall von Dieter Baumann war nur vor Gericht, weil er selber Strafanzeige gegen Unbekannt (wegen Körperverletzung?) gestellt hat.
Also jedenfalls geht heute nur ein kleiner Teil der Fälle wegen anderer Delikte als dem eigentlichen Dopen vor Gericht. Das gilt für den Sportler, Hintermänner sieht wieder anders aus (Handel mit Medikamenten z.B.). Ein Straftatbestand "Doping" halte ich nicht für sachgerecht, weil nicht "wichtig" genug für die Gesellschaft.
Zitat:
Die Politik investiert schon jetzt viele Steuergelder in den Sport und dessen Verwaltung, dann bitte auch nutzenstiftend.
Wo ist der gesellschaftliche Nutzen, wenn sich eine immer fetter werdende Gesellschaft im Fernsehen Sport ansieht? Wie ändert sich der Nutzen, wenn die Akteuer (gemeint sind nicht die vor dem Fernseher) dabei nicht mehr dopen?
Ich würde sämtliche Sportförderung streichen, aber das ist nur meine Meinung.