Das Argument enthält im Kern, dass Solidarität eine Sache sei, die auf Gegenseitigkeit beruhen müsse. Das ist jedoch nicht richtig.
Die Bulgaren könnten uns nicht in der Weise militärisch helfen, wie wir ihnen helfen können. Die erheblichen Steuern, die ich zugunsten nur halbtags arbeitender Bürger aufbringe, wollen mir diese niemals zurückzahlen. Die Milliarden, die in die neuen Bundesländer gepumpt werden, sind keine Kredite, die in besseren Zeiten zurückgezahlt werden. Ich helfe einer afrikanischen Familie, aber die Chance, dass sie im Gegenzug irgendwann mir helfen kann, ist exakt Null.
Solidarität wird nur in seltenen Fällen 1:1 vergolten. Meistens ist es eine Einbahnstraße. Man gewährt sie trotzdem, weil man dadurch höhere Güter erreichen kann. Den Bulgaren sichern wir Hilfe nicht um der Bulgaren willen zu, sondern wegen des Friedens auf dem europäischen Kontinent. Einkommensunterschiede gleichen wir aus, um soziale Stabilität zu bekommen. Den neuen Bundesländern helfen wir, weil ... äh, habe ich vergessen. :-)
Den Syrern helfen wir um unserer eigenen Werte willen. Die Solidarität mit ihnen ist eine Solidarität mit uns selbst.
Ziehen wir lieber für die Bulgaren in den Krieg, als dass wir syrische Familien unter uns dulden?
Wenn es darum geht, für wen man eher (vergleichbar hohe) Nachteile auf sich nimmt, dann fühle ich mich auf jeden Fall den Bulgaren deutlich näher, als Syrern, einfach auf Grund größerer kultureller Nähe und Gemeinsamkeiten. Dene Frage suggeriert allerdings, daß eine Hilfe für Bulgarien ein größeres Opfer wäre, als die "Duldung" von Syrern. Wenn sich eine sehr große Anzahl von Menschen einer anderer Kultur mitten unter uns ansiedeln, ist das ein größerer und dauerhafterer Eingriff in das Leben des ganzen Landes, als ein (theoretischer) Militäreinsatz irgendwo im Ausland, der an einem Großteil der Menschen hier vorbeigeht.
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“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Wenn es darum geht, für wen man eher (vergleichbar hohe) Nachteile auf sich nimmt, dann fühle ich mich auf jeden Fall den Bulgaren deutlich näher, als Syrern, einfach auf Grund größerer kultureller Nähe und Gemeinsamkeiten.
Nur ca. 1/3 der Flüchtlinge sind Syrer. Arne spricht ja immer gerne von Syrern, wenn er die Flüchtlinge meint. Die gelten als relativ gut ausgebildet und vergleichsweise liberale Moslems. Genauso viele Flüchtlinge kommen und werden aus Afghanistan kommen. Die sind vermutlich deutlich schwerer in unsere Gesellschaft zu integrieren.
Ich glaube es gibt hier im Forum kaum jemanden, der ein grundsätzliches Problem mit der Solidarität gegenüber Flüchtlingen hat. Wie und ob man das ganze kontrollieren kann/muss, lediglich darüber weichen - soweit ich das sehen kann - die Meinungen ab. Mal schauen wie viele es noch werden und dann überlegen, wie man das hinbekommt, dass ist eine Grundhaltung, mit der ich persönlich immer weniger anfangen kann. Ich bräuchte jetzt Fakten und Lösungen, bin aber weiterhin davon überzeugt, dass wir helfen müssen.
Uneingeschränkte und bedingungslose Solidarität ist bei den meisten Menschen auf ganz spezifische Anlässe beschränkt.
Es muß nicht für alle gelten, aber solche Berichte habe ich bereits im September-Oktober in englischen Zeitungen (Times, Guardian) wiederholt gelesen; Hauptfluchtgrund war dort auch sehr häufig die Vermeidung des Militärdienstes und vermeintlich gute Arbeitsmöglichkeiten. Ein Einzelfall ist es wohl keineswegs.
Ich habe mich damals schon gefragt, warum ich solche Berichte in der deutschen Presse nicht finde. Ich vermute, in Deutschland hätten damals wohl solche Berichte die tolle "wir schaffen das" Stimmung getrübt...
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...dann fühle ich mich auf jeden Fall den Bulgaren deutlich näher, als Syrern, einfach auf Grund größerer kultureller Nähe und Gemeinsamkeiten. ....
auch sehr pauschal. Ich bezweifle das ein bulgarischer Moslem dir kulturell oder sprachlich näher steht als ein syrischer Christ.
Was ich in diesem thread absolut vermisse ist die einfache Grundannahme der Gleichheit von Menschen bei Geburt und ihrer Prägung durch das Umfeld, welche sich natürlich in anderem Umfeld auch wieder ändert. Langsamer zwar, aber sie tut es.
Das ist Journalismus für Dumme. Sieht man auch ganz gut an den Kommentaren.
Interessante Sichtweise. Die Qualität des Inhalts wird also durch die Qualität der nachträglichen Kommentare bestimmt? Und schreibt dann die Londoner Times auch Journalismus für Dumme?
Oder sind alle, die kommentiert haben, dumm, weil sie das, was der Artikel beschreibt, für glaubhaft halten - oder nur, weil Sie die Welt anders sehen, als Du? Es steht Dir ja frei, klug zu kommentieren, um das Niveau zu heben.
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