So, ich versuch es noch mal mit diesem Bildchen:
Zitat:
Zitat von schnodo
Es ging mir speziell darum, warum die Schwerkraft in der nach vorne geneigten Position keinen Einfluss haben soll, wenn doch offentlich der Schwerpunkt weit vor dem Fuß ist.
Vielleicht drücke ich mich auch komplett unverständlich aus. Ich meine im Prinzip die Position, die dieses Bildchen darstellt:

|
Offensichtlich geht es um eine Situation mitten im Lauf, es wirkt ganz normal die Gravitation nach unten (grün gestrichelt) und die Bodenreaktionskraft GRF dünn rot), deren senkrechte Komponente deutlich größer ist als die Gravitation, der Läufer beschleunigt also gerade nach oben (und vorne) und hebt bald ab.
Man kann es sich einfach machen (das ist meistens gut) und genau diese 2 Kräfte zeichnerisch addieren und hat die schwarze resultierende Kraft.
Das war dem schlauen Schwerkraftnutzer aber zu einfach. Er hat beschlossen, dass ein Teil der Bodenreaktionskraft gar nicht aktiv durch den Läufer erzeugt wird, sondern passiv als Reaktion auf die Schwerkraft!
Er zerlegt also die Schwerkraft in 2 Komponeneten - die 2 grünen Pfeile. Eine in Beinrichtung (die wir hier mal mit der Richtung der Bodenreaktionskraft gleichsetzen) und eine senkrecht dazu. Die Komponente in Beinrichtung müsste nun also einfach auf den Boden drücken, der seinerseits gleich stark zurückdrückt - so wie bei einem Apfel, der auf dem Tisch liegt. Der Tisch erzeugt automatisch eine - ich sag mal - Tischreaktionskraft, die der Gewichtskraft des Apfels genau in Größe und Richtung entgegenwirkt und so ein stabiles Gleichgewicht erzeugt. Der Apfel liegt still. Keine Kraft verrichtet irgendeine Arbeit, da es ja keine Bewegung gibt. Die 2 Kräfte heben sich also eigentlich auf und der Gedanke liegt nahe, sie fortan zu ignorieren. Ist das jetzt schlau?
Kommt drauf an...
Es macht eigentlich wenig Unterschied, ob auf den Apfel gar keine Kraft wirkt, oder 2 Kräfte, die sich im Gleichgewicht befinden. Außer dass im realen Fall der Apfel nach ner Woche eine Druckstelle hat, im kraftlosen Fall aber nicht. Aber wenn wir eh keine Äpfel mögen (oder ihn sofort essen), kann uns das doch egal sein, oder?
Jetzt stellen wir mal unseren Tisch mit Apfel in einen Aufzug. Der Aufzug fährt mit gleichmäßiger Geschwindigkeit nach oben. Da er einen superlautlosen und ruckelfreien Antrieb hat, merken wir (abgesehen von der Beschleunigungsphase) im Aufzug gar nicht, dass er nach oben fährt. Gibt es jetzt irgendeinen Unterschied?
Wenn wir noch eine Waage zwischen Tisch und Apfel schieben würden, sähen wir, dass er immer noch mit nicht mehr und nicht weniger als seiner normalen Gewichtskraft auf den Tisch drückt. Aber die wollten wir ja ignorieren, da der Tisch immer noch gleich stark zurück drückt.
Wenn wir die ganze Sache von außen betrachten, sehen wir jedoch, dass der Apfel gegen die Schwerkraft nach oben bewegt wird, er gewinnt also an Lageenergie.
Wer leistet die dazu nötige Arbeit? Wir brauchen also eine Kraft und können sie nicht weiter ignorieren. Neben der Gravitation ist weiterhin die "Tischreaktionskraft" die einzige, die auf den Apfel wirkt. Wie kann diese passiv durch bloße Reaktion auf die Gravitation erzeugte Kraft Arbeit verrichten? Hebt hier etwa die Gravitation selbst den Apfel gegen sich selbst hoch? Natürlich nicht!
Obwohl exakt die gleichen Kräfte wie im Ruhezustand auf den Apfel wirken, wird hier von außen Energie auf den Apfel übertragen. Die einzig mögliche Energiequelle dafür ist natürlich der Antrieb des Aufzugs. Gut, bei einem kleinen Apfel merkt man vielleicht nicht, dass der Aufzugsmotor stärker arbeiten muss, aber man kann sich das Gleiche mit einer Tonne Blei oder Gold vorstellen...
Aber wir sind von unserem Läufer abgeschwiffen.
Der schlaue Schwerkraftnutzer hat also den anscheinend passiv durch die Schwerkraft erzeugten Anteil der Bodenreaktionkraft ignoriert und übrig bleibt nur der nun kleinere rote Kraftpfeil C1, den der Läufer aktiv aufbringen muss.
Ebenso hat er den entsprechenden Teil der Schwerkraft ignoriert, von der nur noch der Teil C2 übrig beibt, die zumindest teilweise nach vorne weist! Die aus diesen beiden kleineren Kräften resultierende Kraft ist zwar exakt die gleiche, die wir aus den ursprünglichen Kräften hätten zusammensetzen können, aber das ist uns egal, denn wir haben uns nun einen Schwerkraftantrieb gebastelt! Zumindest können wir uns das prima einbilden, so lange wir die Ungläubigen mit Verachtung strafen, die uns erzählen, dass wir doch besser die gesamten Kräfte betrachtet hätten und dass der Läufer selbst die gesamte Bodenreaktionskraft erzeugen und somit die gesamte Energie selbst aufbringen muss (ähnlich, wie es der Aufzugsmotor tut).
In der Hoffnung, etwas zur Aufklärung beigetragen und in der Befürchtung, noch mehr Verwirrung gestiftet zu haben
Lidl
