Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Für mich persönlich ist das Staunen über das Leben nicht der Grund, es zu schützen. Auch nicht die Unkenntnis darüber, wie es entstanden sei.
Für mich persönlich zählt nicht mein Wissensstand über die Natur, sondern die Tatsache, dass Tiere Leid empfinden können. Die Frage nach dem verursachten Leid ist für mich die entscheidende moralische Richtschnur.
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Staunen über die Einzigartigkeit von Leben impliziert Respekt vor JEDEM Leben und damit automatisch das Vermeiden jeglichen Leids für JEDES Lebewesen.
Wie ich mit meinem Hinweis auf die Stubenfliegen, die ich einzeln ins Freie hinauskomplimentiere, zeigen wollte, darf es nicht darum gehen, ob ich als Mensch meine, ein Lebewesen könne Leid empfinden oder nicht - übrigens eine ziemlich unselige Diskussion, bei der Biologen schnell an die Grenzen ihres Fachs kommen.
Nein, das verlagert das Problem nur:
Denn wenn wir unseren Haus- und Nutztieren sowie allen positiv besetzen Tieren, wie Delphinen, Robben etc., Leidempfindung zugestehen, aber anderen Tieren nicht, stellt sich für mich die Frage, woher wir das wissen wollen (siehe dazu auch den bekannten Aufsatz von Nagel "What it is like to be a bat?") - kurz:
Wenn man Leid anderer Lebewesen vermeiden will, muss das für ALLE Lebewesen gelten.
@Highlander:
Ich verstehe absolut, was Du meinst.
Der Mensch hat eine inzwischen doch recht lange Tradition der Tierhaltung, die meiner Meinung grundsätzlich positiv zu sehen ist.
Allerdings hat der alles durchdringende Verwertungszwang des Kapitalismus dazu geführt, dass seit einigen Jahrzehnten immer mehr gigantomanische Mastbetriebe entstanden sind, die dem Gewinn alles unterordnen - und damit gar nicht anders können, als die Tiere leiden zu lassen.
An diesem Punkt müsste eine Diskussion ansetzen, um auszuhandeln, wie viel Freiheit nehmen wir anderen Lebewesen bzw. wie viel Leid fügen wir ihnen zu, damit wir überleben können.
Da gibt es mE zwei radikale Positionen, die quasi den Diskurs-Intervall definieren:
Auf der einen Seite diejenigen, für die Tiere reine Produkte sind, die einem optimalen Verwertungsprozess unterworfen werden dürfen.
Auf der anderen Seite die, die überhaupt kein Tier nutzbar machen wollen, weil man damit in die Autonomie des Lebewesens eingreifen würde.
Meiner Meinung liegt die für die Menschheit sinnvolle "Wahrheit" irgendwo dazwischen, aber wie gesagt:
Es ist nicht etwas, was einfach existiert, sondern darüber muss eine Gesellschaft quasi permanent diskutieren, darüber muss sich eine Gesellschaft immer wieder aufs Neue klar werden - und wenn sie das täte, würde sie damit "nebenbei" einen ethischen Rahmen schaffen, der weit über die Regelung des "Mensch-Tier"-Verhältnisses hinausreichen würde.
Insofern ist diese Diskussion hier sehr zu begrüßen, denn je mehr Menschen darüber halbwegs vernünftig und ohne sich an die Gurgel zu springen sprechen, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir dieses eminent wichtige Thema nicht einfach nur den sogenannten "Marktkräften" überlassen, sondern als aufgeklärte Teilnehmer/Teilhaber unserer Gemeinschaft mitgestalten.
Wow, das klingt jetzt wie das Wort zum Sonntag ...
Gruß: Michel