Kräfte werden vektoriell addiert. Da die Schwerkraft senkrecht nach unten wirkt, hat sie keine Komponente in Laufrichtung (solange die Laufrichtung nicht nach unten geht, also z.B. bergab).
Ist dann das Bildchen, das ich in Post 198 verlinkt habe falsch, oder verstehe ich es falsch?
Es ging mir speziell darum, warum die Schwerkraft in der nach vorne geneigten Position keinen Einfluss haben soll, wenn doch offentlich der Schwerpunkt weit vor dem Fuß ist.
Vielleicht drücke ich mich auch komplett unverständlich aus. Ich meine im Prinzip die Position, die dieses Bildchen darstellt:
So, nach einiger Überlegung versuche ich es jetzt mit einer Erklärung, warum das Bild und damit auch die Pose-Theorie und jede andere Theorie, die mitten im Lauf vorwärts gerichtete Komponenten aus der senkrecht wirkenden Schwerkraft basteln will, von einem falschen Ansatz ausgeht. Ich muss gestehen, dass ich nicht 100% sicher bin, ob meine Erklärung schon perfekt ist.
Man stelle sich mal den im Bild skizzierten Läufer vor! In was für einer Bewegung befindet er und insbesondere sein Schwerpunkt sich gerade? Im wesentlichen bewegt er sich mit ca. Laufgeschwindigkeit nach rechts. Und da er gerade in der Abstoßphase ist, bewegt er sich auch ein wenig nach oben. Der Schwerpunkt entfernt sich also vom Aufstandspunkt, das Bein verlängert sich und übt dabei eine Kraft (Ground Reaction Force GRF) auf den Schwerpunkt nach oben rechts aus. Diese beschleunigt die Bewegung sowohl horizontal als auch vertikal.
Was würde jetzt passieren, wenn wir mal kurz virtuell die Zeit anhalten, das echte Bein durch eine starre Stütze in gleicher Lage wie zuvor das Bein) ersetzen, und dann die Zeit weiterlaufen lassen? Also wir halten die Bewegung nicht wirklich an, sondern sie läuft nach Einschalten der Zeit einfach weiter.
Unterschied zu vorher ist nur, dass dass die starre Stütze sich eben nicht verlängern kann.
Würde nun die Gewichtskraft auf diese starre Stütze drücken?
Nein, das würde sie nicht. Der Schwerpunkt würde sich zunächst mal aufgrund der Massenträgheit genau so weiterbewegen, wie er sich zuletzt bewegt hat, d.h. er würde sich weiter nach oben rechts bewegen und sich weiter vom Aufstandspunkt der Stütze bzw. des Beins entfernen und folglich vom oberen Ende der Stütze abheben.
Damit würde dann natürlich die zuvor vom Bein auf den Schwerpunkt ausgeübte Kraft wegfallen, die horizontale Bewegung würde ungebremst weitergehen, die vertikale würde nun von der allein wirkenden Schwerkraft gebremst.
Können wir in so einer Situation, wo der Schwerpunkt, wenn er sich selbst (und der Schwerkraft!) überlassen wird, sich vom Aufstandspunkt entfernt, davon sprechen, dass die Schwerkraft auf das Bein drückt (wir haben gedanklich wieder zur echten Situation mit Bein zurückgeschaltet) und so einen Teil der Bodenreaktionskraft erzeugt? Ich denke nein. Damit entfällt auch die Legitimation dafür, die Schwerkraft in ihre Komponenten in Beinrichtung und senkrecht dazu zu zerlegen. Die Schwerkraft ist in dieser Situation einfach die Schwerkraft und tut, was die Schwerkraft gewöhnlich tut: sie wirkt senkrecht nach unten und hat keine sonstwohin gerichtete Komponente.
(Eine etwas einfachere Vorstellung wäre vielleicht, dass der Läufer einfach plötzlich aufhört, das Bein zu verlängern, während sein Schwerpunkt lose auf dem oberen Ende des Beins liegt.)
Bin gespannt, ob das irgendwer versteht und vielleicht sogar als nicht ganz falsch erachtet ...
In diese Richtung zielte übrigens vor ein paar Tagen schon mein kurzer Kommentar:
Zitat:
Zitat von LidlRacer
Nur, weil man irgendwie ein schönes Diagramm mit Kraftvektoren malen kann, heißt das noch lange nicht, dass die real auch so wirken, wie man (Romanov) das gerne hätte ...
Aber da waren meine Gedanken noch deutlich weniger ausgereift.
Danke für die Erklärung Lidl. Ich habe sie noch nicht ganz verstanden, aber der Tag ist noch jung und mein Kaffee noch nicht angekommen. Ich werde sie mir nach der heutigen Sendung genauer anschauen.
Hier noch schnell mein spontaner Gedanke zum dem Bild mit den Kräftezerlegungen. Es ist unnötig kompliziert und vernebelt damit aus meiner Sicht die entscheidenden Kräfte, nämlich die Schwerkraft (gestrichelte Linie) und die Kraft, mit der sich der Sportler nach oben abstößt (rote Linie).
Denkt man sich die Schwerkraft für einen Moment weg und lässt den Sportler in der gezeichneten Situation auf einer schwerelosen Raumstation laufen, wirkt nur das Abstoßen des Sportlers vom Boden. Trägheitskräfte lassen wir mal außen vor. Der Sportler würde also entlang der roten Linie vom Boden abheben. Die Richtung der Bewegung ist nach vorne-oben gerichtet und entspricht damit genau jener Richtung, in die der Sportler sich abdrückt.
Jetzt denken wir uns die Schwerkraft dazu. Sie führt zu einer flacheren Flugbahn, da sie der senkrecht nach oben wirkenden Komponente des Abstoßens entgegenwirkt. Die vorwärts wirkende Komponente des Abstoßens ist davon völlig unberührt, da diese beiden Kraftkomponenten senkrecht zueinander stehen. Mit anderen Worten: Die vorwärts wirkende Komponente ist genau jene, die vom Abstoßen des Sportlers kommt. Die Schwerkraft fügt dem nichts hinzu. Das ist Argument Nummer 1.
Argument Nummer zwei besteht darin, dass diese gedachte Zeichnung aus Schwerkraftlinie und Abstoß-Kraft des Sportlers in der anschließenden Landephase genau umgekehrt zu zeichnen wäre.
Die Schwerkraft ist in dieser Situation einfach die Schwerkraft und tut, was die Schwerkraft gewöhnlich tut: sie wirkt senkrecht nach unten und hat keine sonstwohin gerichtete Komponente.
Danke für den Erklärungsversuch. So recht durchschaut habe ich nicht, warum man dem Sportler beim Laufen quasi das Bein absägt, aber ich schreibe mal hin, was ich meine, was Du meinst.
Du sagst folgendes (bitte korrigieren wenn ich falsch liege):
Es ist für die Auswirkung der Schwerkraft nicht relevant, ob der Läufer Bodenkontakt hat. Die Schwerkraft kann nie eine vorwärtsgerichtete Komponente haben. (Edit: "nie" nur wenn es nicht bergab geht)
D.h. die Aufspaltung des gestrichelten grünen Pfeils "gravity" in "components of gravity" ist unzulässig. Den schwarzen Pfeil "resultant force" gibt es auch nicht, es existiert nur der rote.
Jetzt schließe ich daraus, dass man - wenn man muskulär in der Lage ist, die Flugphase einzuleiten - auf dem Mond genauso schnell rennt wie auf der Erde oder dem Saturn. Ist das korrekt?
Was mir immer noch nicht recht einleuchtet, ist, warum man das Standbein gedanklich einfach abschneiden kann. Die physikalische Herleitung scheint trivial zu sein aber sie drängt sich einem, der Physik in der Oberstufe (leider muss ich heute sagen) gerne mal geschwänzt hat, nicht auf. Nachdem ich den Runnersworld-Forum: Die Pose-Methode - ein Erklärungsversuch Thread nun auch komplett durchgelesen habe, scheint es so, dass selbst nach einigen Semestern Physik Beratungsbedarf besteht. Könnt Ihr mir da mit ein paar Basics auf die Sprünge helfen?
Falls noch jemand damit beschäftigt ist, zu versuchen, meine längliche Erklärung zu verstehen, kann er damit aufhören!
Sie war zwar m.E. nicht falsch, aber komplizierter als nötig.
Dennoch bleibt es nicht ganz trivial, zu erklären, wo der grundsätzliche Fehler im Gedankengang der Svhwerkraftnutzer liegt.
Später mehr...
Selbst ein Apfel, der ruhig auf einem Tisch liegt (der kommt in einem Pose-Video) vor, kann zu Verwirrung führen, wenn der Tisch in einem Aufzug steht..