Ich habe jetzt gerade den ersten Teil des Buches der Mutter von Greta T. gelesen. Die psychischen Probleme beider Kinder, welche die Mutter aus der Vorpubertät beschreibt, sind schon sehr stark. Mir tun beide sehr leid, beim Lesen. Was mich schon verwundert, dass die Eltern die Probleme ihrer Kinder offenbar erst so richtig gewahr wurden, als die Mädchen schon so starke Symptome (Magersucht, Depression, seleltiver Mutismus bei Greta; Zwangsstörung, Trotz- und Wutausbrüche, ADHS bei Beata) hatten, dass sie dadurch komplett die ganze Aufmerksamkeit der Eltern einforderten und erhielten. Erst an einer Schulfeier fiel dem Vater z.B. auf, dass seine Tochter von anderen Kindern missfällig und schlecht behandelt wurde. Auch habe ich mich gefragt, weshalb die Eltern die Kinder nicht in eine ambulante Kinderpsychotherapie brachten mit Elternberatung und / oder Familientherapie, da ja alle betroffen waren, oder weshalb die Schulpsychologin, welche den Eltern den Verdacht auf Asperger bei Greta als erste mitteilte (auch sehr spät eigentlich!), für Greta keine ambulante Kinderpsychotherapie wegen der Magersucht vermittelte. In Deutschland würden beide Kinder auf jeden Fall eine von der Kasse bezahlte ambulante Kinderpsychotherapie erhalten, obgleich es oft mit einer längeren Wartezeit verbunden ist.
Der erste Teil beschäftigt sich in der Hauptsache damit, wie die Mutter und der Vater mit den in der Vorpubertät aufgetretenen riesigen Problemen der Kinder versuchten umzugehen und wie diese die Eltern so stark forderten, dass sie den Beruf einschränkten oder aufgaben und sich die Familie von 2 Eltern - 2 Kinder in z.T. in je 1 Elternteil - 1 Kind aufteilte.
Leider fehlen Erzählungen zu der frühen Kindheit und aus dem Vorschulalter. Man könnte dann eher verstehen und nachvollziehen, weshalb sich bei den Kinden solch gravierende seelische Probleme entwickelten, die nicht zu ADHS oder Asperger gehören. Vermutlich konnte sich die Beziehung zur Mutter in der frühen Kindheit nicht verlässlich genug ausbilden, da die Mutter als internationale Opernsängerin sehr viel reiste, und eventuell auch die Familie oft den Wohnsitz wechselte, was immer wieder Beziehungsabbrüche der Kleinen zu Gleichaltrigen bedeutet hätte. Und es fehlt mir leider die tiefere Eigenreflektion der Eltern im Buch im Hinblick auf ihren eigenen Umgang mit den Kindern.
Es ist doch klar, dass und warum Greta kritisiert wird.
Wenn man sie als aufbegehrende Jugendliche sieht, dann ist Kritik am "rebellischen" Verhalten von Jugendlichen nachvollziehbar (und vermutlich so alt wie die ältesten Zivilisationen).
Wenn man sie, vor den Führern und Eliten der Welt redend, von ihnen per Handkuß oder mit "Ghettofaust" begrüßt und mit enormer Präsenz in den Medien als Mainstream ansieht, dann ist Kritk normal, da Kritik am Mainstream normal ist.
Von daher ist die Kritik halb so wild. Sie hat zweifelsfrei Einfluß auf westliche Gesellschaften. Manchen geht dieser Einfluß zu weit, anderen geht es alles zu langsam. Wie auch immer:"This is just the beginning..."
Der 2. und 3. Teil des Buches besteht aus collageartigen Eindrücken und Reflektionen über zahlreiche Aspekte des Klimawandels und den Reaktionen der Menschen auf diesen. Immer wieder rückt in den Mittelpunkt, weshalb Menschen einfach so weiterleben wie bisher, obwohl sie kollektiv auf einen Abgrund zulaufen bzw. das Feuer näher rückt. So in etwa wie die Bild-Zeitung sich als Schlagzeile damit beschäftigt, wie RTL das Dschungelcamp als Unterhaltungssendung produzieren kann, wenn gleichzeitig in 100 km Entfernung Buschbrände lodern. Die Autorin beschäftigt sich in einem der Collagenstücke (Nähe) dann auch damit, ob es eine Rolle spielt, wie weit Umweltkatastrophen von einem örtlich auf der Welt entfernt liegen und was "Nähe" heute bedeutet.
Dazwischen bekommt man kaleidoskopartig einen Einblick in Situationen der Mädchen und der Familie, sei es ein Winterausflug, eine Reise nach London von Vater und Tochter Beata zu einem Little Mix Konzert, der Auftritt der Mutter beim ESC in Moskau mit sehr enttäuschendem Ergebnis, einem Gespräch mit Geowissenschaftlern, der Besuch beim Kinder- und Jugendpsychiatrischen Zentrum. Es mischen sich in die kurzen Schilderungen persönlicher Ereignisse Reflektionen zum eigenen ökologischen Fussabdruck der Familie Thunberg im Vergleich mit anderen. Dabei zieht sich wie ein roter Faden durch die Schilderungen das subjektiv empfundene Anderssein der Familienmitglieder, sei es aufgrund der seelischen Probleme und psychiatrischen Diagnosen oder dem nahe an sich Heranlassen der Umweltprobleme, als wie die meisten Menschen. Ich würde dazu den Begriff der Entfremdung wählen. Aufgehoben wird diese im Erleben der Autorin in der Entscheidung der Familie und von Greta , sich aktiv für den Klimaschutz zu engagieren. Die Autorin erzählt, wie die Eltern mit den anwesenden Kindern in der Kinderpsychiatrie wieder einmal brav alle Fragen beantworten und der Arzt abschliessend zu den Eltern meint: "Himmelherrgott, Sie brauchen doch Hilfe!" und auf dem Heimweg Greta und der Vater Svante in den Baumarkt gehen und ein Stück übriggebliebenes Sperrholz besorgen, das Greta später weiss anmalen und beschriften kann mit: Schulstreik für das Klima.
Die Autorin erzählt an anderer Stelle, ihr hätte das Singen als Opernsängerin das Leben gerettet, als sie unter Bulimie und ADHS litt, und für Greta scheint die Aktivität für die politische FFF-Bewegung eine ähnliche Rolle einzunehmen.
Ich habe oft den Eindruck Eltern geben so einiges an ihre Kinder weiter, obwohl sie das ganz und gar nicht wollen.
Niemand kann aus seiner Haut auch dann nicht, wenn da eine große Verantwortung ist gegenüber den eigenen Kindern.
Manches dürfte stark veranlagungsbedingt sein, wie etwa die Neigung zu zwanghaften Verhaltensweisen oder dazu zu neigen schneller als die meisten anderen abhängig zu werden usw.usf..
Die Eltern dürften es schon arg schwer gehabt über viele Jahre mit der Situation in der Familie.
Das ist ja schon krass, wenn es so weit kommt, dass sich Mutter und Vater gezwungen sehen getrennt voneinader sich um jeweils eine Tochter so intensiv zu kümmern, dass sonst ein "normales" Leben kaum mehr möglich ist.
Da würde ich es verstehen, dass da auch ein bisschen Erleichterung da ist, wenn eben eine Tochter scheinbar oder wirklich glücklicher ist, wenn sie ihr Leben so sehr einer einzigen Sache widmet, wie es Greta Thunberg vermutlich tut.
Sie hatte ja eigentlich vor nächstes Schuljahr mit der Schule weiterzumachen.
Hoffentlich macht sie das dann auch und der Wirbel um sie ebbt sehr stark ab.
Sie hatte ja eigentlich vor nächstes Schuljahr mit der Schule weiterzumachen.
Hoffentlich macht sie das dann auch und der Wirbel um sie ebbt sehr stark ab.
So wie sie das letzte Jahr gemeistert hat, wird das für sie keine Schwierigkeit sein, solange sie weiterhin für ein besseres Klima kämpfen kann.
Manche Kinder muss man einfach machen lassen.
Der Wirbel wird wohl schon etwas abflachen, aber ich hoffe das genügend andere junge Menschen zumindest es ansatzweise ihr gleich tun.