Ironman Wales – Langdistanz mal anders
Ich schreibe diesen Bericht im Wesentlichen aus zwei Gründen:
1. Um all die Leute teilhaben zu lassen, die mir daheim die Daumen gedrückt haben und auch schon zahlreich nachgefragt haben wie es denn so lief.
Vorab kann ich schon mal sagen, nicht wie geplant und auch nicht ganz meiner Erwartung entsprechend
2. Zum anderen schreibe ich diese Zeilen in der Hoffnung, dass ich diese noch einmal lese bevor ich mich ein weiteres Mal für dieses Rennen anmelde und hoffentlich die Entscheidung hinterfrage
Vorwettkamp/Anreise
Die direkte Vorbereitung für Wales lief eigentlich ziemlich gut. Meine ISG-Probleme waren fast weg und in den letzten 2-3 Wochen war sogar fast so etwas wie Schwimmform erkennbar (zumindest wenn man bei mir davon reden kann).
Das Googeln der Konkurrenz lies dann das erste Mal sowas wie Hoffnung aufkommen. 3-4 richtig starke aber dann schon so 4-5 Mitstreiter auf ähnlichem Niveau. Bei 6 – 7 Hawaii Slots eigentlich fast eine machbare Aufgabe.
Den ersten Dämpfer gab es dann in Frankfurt am Flughafen. Check-In hinter mir, Ausreisekontrolle der EU hinter mir und am Einstieg ins Flugzeug. „Ihr Pass ist abgelaufen. So kann ich sie nicht mitnehmen“. Wtf! Ist ja nicht so, dass da nicht vorher schon 3 Leute drauf geschaut hatten und es jetzt zu knapp war noch einen provisorischen zu organisieren. Blöd auch, dass ich bereits einen neuen beantragt hatte und dieser seit 4 Wochen zur Abholung bereit lag aber mir wohl versehentlich keine Abholbescheinigung zugestellt wurde und ich es auch wieder vergessen hatte. Simone ist mit Meo dann erst einmal vorgeflogen und ich habe mich um einen späteren Flug gekümmert. Das wäre selbst noch mal ein Bericht wert aber das erspare ich euch hier

)
Irgendwann war ich endlich auf der Insel und Stunden später auch in Tenby (einem wunderschönen Küstenort im Südwesten von Wales). Die WK-Besprechung bereitete einen dann schon mal etwas auf das vor, dass da noch kommen sollte.
„Wir erwarten alle 4 Jahreszeiten – and that probably more than once“.
„Ich bin heute noch einmal die Laufstrecke abgelaufen und habe eine Uhr, die Steigungen, Geraden und Abfahrten anzeigt, bei der Anzeige der Ebenen – there is a fat zero!“
Naja, ich kannte ja die Strecke und insofern wusste ich fast was mich erwartet.
Schwimmen
Das besondere am Schwimmen in Tenby ist, dass die langsameren Schwimmer einen längeren Kurs bekommen da die Strecke aufgrund der Flut immer länger wird. Auch eine von den vielen Besonderheiten die das Rennen so liebenswert machen ;0)
Nach der walisischen Nationalhymne ging es dann los und ich kam eigentlich ganz gut weg. Gelegentlich wurde ich mal in die Zange genommen aber das bleibt bei 1.700 Startern wohl nicht aus. Der Weg zur ersten Boje war eine kleine Weltreise aber danach ging es gefühlt zügig zum Landgang. Dort dann der erste kleine Schock 34:xx. Letztes Jahr stand da 30:xx.
Naja, ist nicht zu ändern also wieder rein in das kühle Nass und auf den Weg zur ersten Boje. Blick nach oben um die Richtung zu korrigieren. Ah da hinten ist die Boje. Nach 3-4 Minuten erneuter aufmerksamer Blick. Ah, immer noch da hinten. Seltsam! Die ist noch genauso weit weg wie beim letzten Blick. Das Ganze hat sich noch ein paar Mal wiederholt und ich bin wirklich schon ziemlich Anschlag geschwommen. Irgendwann war ich dann auch endlich an der Boje und durfte drehen. Scheinbar war dieses Jahr die Strömung ungewöhnlich stark was wohl gerade für die ganz schlechten Schwimmer (ja, es gibt noch schlechtere wie mich :0) ) dann echt schwierig wurde mit dem Cut-Off. Am Ende waren es dann für mich 1:09:xx
Dann eine weitere Besonderheit von Wales. Der Weg zur Wechselzone beträgt eine Meile und hat ca. 100 Höhenmeter. Überflüssig zu erwähnen, dass ich mich im Gegensatz zu allen anderen gegen Laufschuhe dafür entschlossen habe und barfuß über den walisischen Asphalt (Schmirgelpapier Körnung 100) gehumpelt bin. In der Wechselzone dann die erste kleine Überraschung. Da sind ja noch Räder! Und mal gar nicht so wenige.
Rad
Fürs Rad habe ich dann aufgrund der 12 Grad wiederwillig eine Weste angezogen und los ging es. Der Radkurs in Wales ist einfach unbeschreiblich und ich hoffe, dass es mir irgendwann gelingt einen Dummen dazu zu überreden dort ebenfalls zu starten damit er das bestätigt.
Generell ist der Asphalt ziemlich rau, es gibt viel Wind und es geht ständig nur hoch und runter. Aber keine Berge sondern immer nur so 500m bocksteil hoch und dann wieder runter. Unten dann meist eine scharfe Kurve, dass auch ja alle Energie vernichtet wird und dann wieder den nächsten Buckel hoch.
Dafür ist die Landschaft unbeschreiblich schön. Man fährt durch eine Nationalpark und oft sind die Straßen nur 1,5 – 2m breit.Technisch wirklich extrem anspruchsvoll aber dafür auch sehr ehrlich (Drafting betreiben nur Lebensmüde :0) ).
Da wir im 20 Minuten Rhythmus geduscht wurden war die Strecke mittlerweile auch ziemlich rutschig. In einer Linkskurve die immer mehr zumachte hatte ich dann plötzlich Zweifel ob mein Rad dafür genügend Haftung hat. Also aufgerichtet und die Bremse angezogen. Als das Gebüsch immer näher kam dann das gemacht was man von einem guten Triathlet erwarten kann. Die Bremse zugeknallt, mein Rad beschützt und Kopfüber in die Hecke gepurzelt. Schnell wieder aufgerappelt und nach dem Rad geschaut. Gott sei Dank! Es ist noch heil! Also weiter ging es.
15 Minuten später, immer noch leicht verwirrt von meinem Ausflug ins walisische grün die nächste scharfe Linkskurve. Plötzlich rutscht das Hinterrad weg. Also wieder aufrichten und voll auf die Gegenfahrbahn gekommen die ausgerechnet an dieser Stelle für den Verkehr freigegeben war. Mit Schreck entdeckte ich ein Jeep mit Rentner auf mich zukommen. Im Geiste habe ich schon die Alternativen (Jeep versus erneute walisische Botanik abgewogen) aber siehe da, der alte Recke war mal verdammt zügig mit dem Fuß auf der Bremse und kam einen Meter vor mir zu stehen.
In Summe war ich damit aber schon ziemlich bedient und ein bissel hat es mir damit auch den Mut zum Risiko genommen. Hinzu kam, dass ich zwar viele Leute überholt habe aber so gut wie keine aus meiner Altersklasse. Was mich zunehmend nervös gemacht hat.
Meine Laune wurde auch dadurch nicht gerade besser, dass ich mir die Riegel bereits ausgepackt auf den Rahmen geklebt hatte und sie mittlerweile komplett durchgeweicht waren. Für die Experten unter den Lesern. Erstaunlich, dass ein Powerbar dabei eine noch ekligere Konsistenz entwickeln kann.Überflüssig zu erwähnen, dass sich dabei auch mein Namenszug auf dem Rad abgelöst hat und ich das I und das K gegessen habe :0(
Eine Besonderheit von Wales ist dann noch mal die Anfahrt zur Wechselzone. Es geht dort 4 Anstiege hoch und zwar alle so steil, dass man sich wünscht, dass die globale Erwärmung für ein Versinken der gesamten, gottverdammten Insel sorgt. Nach 5:50 war ich dann endlich in T2.
Lauf
Der Lauf war eigentlich schon bei den Gedanken auf dem Rad daran eine Qual. So fing er dann auch an. Die Beine waren müde und es geht die ersten 5 Kilometer nur bergauf. Nach diesen ging es dann zur Belohnung auch mal bergab und so allmählich waren die Beine etwas lockerer. Allerdings fühlte es sich nie wirklich entspannt an, was aber vielleicht auch einfach an der Strecke und dem ständigen auf und ab liegt.
Was mich dann aber nach und nach zermürbte war die Tatsache, dass ich so um Position 10 lag aber an den Wendepunkten keine anderen Starter aus meiner AK sehen konnte. Zwar hatte ich nach hinten auch Luft aber nach vorne anscheinend auch.
Nach ca. 28 km war dann der Ofen schlagartig aus. Mir wurde schwindelig und ich wurde deutlich langsamer. Ein Gel half dann wieder für 5 Minuten aber dann wieder das Selbe. Auf alle Fälle musste ich dann sogar eine Gehpause einlegen wo ich Kekse und Cola in mich rein geschüttet habe. Aber damit war der Traum von Hawaii natürlich geplatzt.
Ich konnte dann wieder irgendwann wieder loslaufen und habe mich die verbleibenden 5 Kilometer ins Ziel geschleppt und hatte so wenigstens Zeit mich bei den ganzen Zuschauern und Helfern zu bedanken. Das Publikum ist dort wirklich außergewöhnlich. Bei strömenden Regen wird man mit Pint in der Hand Richtung Ziel geschrien und dass von Jung bis Alt.
Im Ziel hat mich dann eine schwer besorgte Simone empfangen und der Ruf „you are a three times Ironman Wales Finisher“.
Fazit:
Der Kopf ist jetzt erst einmal leer und ich brauche wohl noch ein paar Tage um das alles zu verarbeiten. Ich glaube ich bin mit etwas zu großen Hoffnungen nach Wales gefahren und hatte dann einfach keinen ausreichenden Plan B für ein derartiges Rennen.
Hinzu kam sicher, dass ich wohl aufgrund der Kälte wohl zu viel Energie verbraucht habe und daher irgendwann die Kohlehydrate leer waren. Was wohl die Schwindelgefühle erklärt. Ich hatte im Ziel auch komplett geschwollene Hände was wohl für zu hohe Salzkonzentration spricht. Das muss ich mal noch näher analysieren.
Generell ist das Rennen aber auch einfach unfassbar schwierig. Im Hotel hatten wir einen der im Frühjahr Lanzarote (ebenfalls schwer) gemacht hat und dort über 30 Minuten schneller war. Die schnellste Radzeit mit 5:11 und die Siegerzeit von 09:11 sagt eigentlich alles.
Das wäre eine Zeit die ich mir auf einem leichten Kurs selber zutrauen würde. Aber eben definitiv nicht in Wales.
Ich freue mich jetzt erst einmal auf ein Leben in „Sünde“. Allerdings rumort es in mir schon und ich weiß nicht ob mich Wales nicht noch mal wiedersieht. Dann hoffentlich aber mit einem Zeugen der das alles bestätigen kann.
Also, Freiwillige vor!

)