Du hast recht, dass Krisen kurzfristig zu Konzentration führen – Banken 2008, Tech Hubble nach 2000 sind ganz gute Beispiele.
Weshalb "kurzfristig". Die heutigen Branchengiganten sind in der Regel deutlich grösser und mächtiger als alle früheren. Das kann man als systemisches Gesetz bezeichnen, bekannt als die wachsende Konzentration und Akkumulation von Kapital über die ökonomischen Krisenmechanismen.
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Zitat von Genussläufer
Aber das ist nie statisch: Die Marktführer von gestern (Kodak, Nokia, Yahoo) sind heute weg, begraben. Genau das macht den Kapitalismus überlegen: Er rotiert die Eliten ständig durch.
Piketty bewies empirisch, dass in den westlichen Gesellschaften in den vergangenen Jahrzehnten tendentiell eine Refeudalisierung stattfand und die Durchlässigkeit und Chancen abnahmen.
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Zitat von Genussläufer
Armut global betrachtet sinkt, Innovation steigt. Faschismus war eine historische Ausnahmekatastrophe – kein ökonomisches Gesetz.
Sicher, es gibt kein Automatismus im Sinne eines Gesetzes, aufgrund dessen bei Wirtschaftskrisen eine faschistische Macht die Dominanz erhält. Das hängt davon ab, ob Demokratien durch Wirtschaftskrisen an Stabilität verlieren. Neben dem europäischen Faschismus bestätigen z.B. die zahlreichen Militärdiktaturen in Lateinamerika im 20. Jahrhundert die Tendenz, dass halt wirtschaftliche Krisen die Wahrscheinlichkeit für autoritäre Systeme und Diktaturen erhöhen.
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Zitat von Genussläufer
Und je weniger Eingriffe es gibt, umso durchlässiger ist das System. In den USA gibt es mehr Ungleichheit, aber auch viel mehr Dynamik. Ca. 70 % der Milliardäre sind Selfmade. In Deutschland und Frankreich wirst Du eher klassisch reich. Du erbst., Selfmade ist hier nichtmal die Hälfte wie bei uns. Hohe Eingriffe stabilisieren zwar die Gesellschaft nach unten, bremsen aber den Aufstieg nach oben. Bei den Jungs und Mädels auf der anderen Seite des Nordatlantik gibt es mehr Extreme, in Europa mehr Stillstand.
Da würde ich mich doch mehr für die Extreme entscheiden. Aber klar, kann man auch anders sehen.
Nein, je weniger regulierende Eingriffe und Gesetze, welche die Chancengleichheiten und soziale Sicherheiten fördern / unterstützen, umso grösser werden die Unterschiede und der Reichtum weniger, was empirisch nachgewiesen worden ist z.B. von Piketty. Du überträgst IMHO einfach die simple Metapher vom Tellerwäscher auf die ganze Gesellschaft.
Weshalb "kurzfristig". Die heutigen Branchengiganten sind in der Regel deutlich grösser und mächtiger als alle früheren. Das kann man als systemisches Gesetz bezeichnen, bekannt als die wachsende Konzentration und Akkumulation von Kapital über die ökonomischen Krisenmechanismen.
Nach jeder Krise wachsen die Überlebenden und werden dominanter. Aber das ist kein systemisches Endgesetz, sondern nur eine Zwischenphase. Die nächste Technologie- oder Marktverschiebung spült neue Gewinner nach oben. Google, Tesla, BYD, die es vor 20 Jahren noch gar nicht gab. Und beim Zahlungsverkehr läuft halt deutlich mehr über Mastercard, Visa, Apple, Paypal, etc. Aber auch die werden sich nicht ewig halten. Kapitalismus bedeutet: Konzentration nach der Krise, aber auch ständige Rotation. Die Großen von heute sind selten die Großen von übermorgen.
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Piketty bewies empirisch, dass in den westlichen Gesellschaften in den vergangenen Jahrzehnten tendentiell eine Refeudalisierung stattfand und die Durchlässigkeit und Chancen abnahmen.
Das ist nicht richtig. Piketty hat gezeigt, dass Vermögen sich in den letzten Jahrzehnten stärker konzentriert sind – besonders in den USA. Aber das ist nicht gleichzusetzen mit einem starren System wie im Feudalismus. Wie geschrieben, rotieren die Unternehmenseliten ständig: Kapitalismus kann Vermögen konzentrieren, aber er sorgt gleichzeitig für permanente Bewegung bei den Playern. Piketty misst Bestände, ich spreche von Dynamik. Ok, Sozialisten mögen Dynamik nicht. Das ist aber ein Problem. Nix is fix.
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Sicher, es gibt kein Automatismus im Sinne eines Gesetzes, aufgrund dessen bei Wirtschaftskrisen eine faschistische Macht die Dominanz erhält. Das hängt davon ab, ob Demokratien durch Wirtschaftskrisen an Stabilität verlieren. Neben dem europäischen Faschismus bestätigen z.B. die zahlreichen Militärdiktaturen in Lateinamerika im 20. Jahrhundert die Tendenz, dass halt wirtschaftliche Krisen die Wahrscheinlichkeit für autoritäre Systeme und Diktaturen erhöhen.
Ich stimme Dir zu, dass Wirtschaftskrisen die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Gesellschaften autoritär werden. Aber das ist kein Naturgesetz, sondern hängt von der Stärke der Institutionen ab. Westliche Demokratien haben seit 1945 zig Krisen durchgestanden, ohne in Faschismus oder Militärdiktatur abzurutschen – weil Kapitalismus Krisen bereinigt und der Sozialstaat sie abfedert. Am heftigsten krachte es tatsächlich dort, wo Systeme nicht marktwirtschaftlich reagieren konnten: Sozialistische Staaten und zentral gesteuerte Ökonomien. Dort werden Krisen nicht bereinigt, sondern gestaut – bis sie unkontrollierbar explodieren.
Kapitalismus ist also nicht perfekt, aber immer noch mit Abstand die beste Lösung. Deswegen sollte man sich schleunigst die Hosentaschen zunähen, wenn mal wieder das Lied vom "diesmal gibt es aber eine besser Form von Sozialismus". Ansonsten bekommt man die derart vollgehauen, dass man nicht wieder hochkommt
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Nein, je weniger regulierende Eingriffe und Gesetze, welche die Chancengleichheiten und soziale Sicherheiten fördern / unterstützen, umso grösser werden die Unterschiede und der Reichtum weniger, was empirisch nachgewiesen worden ist z.B. von Piketty. Du überträgst IMHO einfach die simple Metapher vom Tellerwäscher auf die ganze Gesellschaft.
Stimmt, weniger Eingriffe bedeuten mehr Ungleichheit. Aber das heißt nicht automatisch weniger Chancen. In den USA ist der Reichtum stärker konzentriert, gleichzeitig sind 70 % der Milliardäre Selfmade. In Europa ist die Ungleichheit kleiner, aber auch die Durchlässigkeit. Bei uns dominieren alte Vermögen. Mit anderen Worten: Europa stabilisiert, Amerika rotiert. Zur Wahl steht letztendlich: mehr Risiko und mehr Aufstiegschancen dort, mehr Sicherheit und mehr Stillstand hier.
Ohne diese Dynamik wird der Kuchen sehr wahrscheinlich immer kleiner. Das nun wieder wäre der Traum von Ulrike Hermann. Mein Fall ist das nicht. Ich weiss die Freiheiten, die ich seit 1989 habe extremst zu schätzen. Die Welt davon will ich auf keinen Fall zurück. Auch nicht in Teilen.
Nach jeder Krise wachsen die Überlebenden und werden dominanter. Aber das ist kein systemisches Endgesetz, sondern nur eine Zwischenphase. Die nächste Technologie- oder Marktverschiebung spült neue Gewinner nach oben. Google, Tesla, BYD, die es vor 20 Jahren noch gar nicht gab. Und beim Zahlungsverkehr läuft halt deutlich mehr über Mastercard, Visa, Apple, Paypal, etc. Aber auch die werden sich nicht ewig halten. Kapitalismus bedeutet: Konzentration nach der Krise, aber auch ständige Rotation. Die Großen von heute sind selten die Großen von übermorgen.
Solange Du nicht auch verstehen willst, was es für eine demokratische Gesellschaft bedeutet, wenn die Grossen von [b]heute jeweils sehr viel grösser als die von gestern sind[/B,] wirtschaftlich und in ihrem politischen Einfluss (direkt oder über Lobbies) und nur auf den Wechsel der Individuen / Besitzer schaust oder im besten Fall auf die dahinter stehende Entwicklung der Branchenänderungen, argumentierst Du IMHO an des Pudels Kern, dem Systemmotor, hartnäckig vorbei und schaust nur auf die wechselnde Haarfarbe, welche Du geil findest.
1. Die Personen handeln quasi als "Charaktermasken" oder "Rollen" in einem systemischen Zusammenhang, egal wie die Individuen heissen. Der Wechsel (neue Gewinner) ändert nichts daran, dass der Reichtum der Konzerne sprich die Marktkapitalisierung der jeweiligen Branchengigantem kontinuierlich wächst, was eben ein beherrrschendes Gesetz der Entwicklung ist, vermittelt über Krisen wie der sog. Autokrise (eine Produktions- und keine Finanzkrise) z.B. oder dem sog. Energiewandel. Weder die Besitzerrotation an der Spitze (passen die Besitzenden z.T. nicht auch einfach ihre Portfolio´s an?) noch die stoffliche Branchenrotation hebt das ständige Grössenwachstum der Monopole und das ihrer Macht und ihres wachsenden Einflusses auf seit der Entstehung des Systems.
2. Selbstverständlich führen neue Technologien, die aber nur als neue Monopole entstehen, sofern genug Kapital akkumiliert werden kann bzw. vorhanden ist, zu den von Dir genannten stofflichen Branchen-Macht-Verschiebungen. Im Wissen darum, basiert die chinesische Wirtschaft auch bekanntlich nicht mehr auf einer zentralistischen Planwirtschaft, sondern einer staatlich gelenkten Marktwirtschaft, z.B.
Mensch Arne, setz doch mal die rosarote Erneuerbaren Brille ab. Die Ausgangssituation für Dein Anliegen sieht nun mal so aus: […]
Was in Deiner ganzen Argumentation fehlt, ist die angestrebte Klimaneutralität.
Technologien, die uns eine weitgehend emissionsfreie Energieerzeugung ermöglichen, kommen für die Zukunft in Frage, alle anderen nicht. So einfach ist das. Solange wir das nicht hinbekommen, werden die Temperaturen immer weiter steigen.
Man liest oft: "... 3°C globale Temperaturerhöhung bzw. 6°C in Europa bis zum Jahr 2100". Selten werden längere Zeiträume betrachtet. Als würde die globale Erwärmung dort Halt machen.
Wenn wir im Jahr 2100 angekommen sind und die Temperaturerhöhung über den europäischen Landmassen 6°C beträgt: Dann steigen die Temperaturen weiter. Es sei denn, wir sind klimaneutral.
Deine ganzen Wenns und Abers nützen überhaupt nichts. Am Ende kommt dabei heraus, dass wir entweder klimaneutral werden oder die Grätsche machen, früher oder später.
Wenn hier jemand eine rosarote Brille auf hat, dann bist Du es, nicht ich. Bei mir trifft es schon deshalb nicht zu, weil ich überzeugt bin, dass die Menschen es nicht schaffen werden.
Man könnte auch mit einem Augenzwinkern sage: In der Analyse bist du Marxist, der allerdings dessen Schlussfolgerung für falsch hält. Lasst uns also den Kapitalismus vom Menschen befreien. Kortikalknoten für allle, es lebe der Transhumanismus.