Nun ist es also da das neue Jahrzehnt.
Ich liege ziemlich erschlagen mit Kopfschmerzen auf der Couch und lasse nochmal den gestrigen Abend Revue passieren.
Eine ruhige Zeit vor dem Fernseher war eigentlich geplant doch hat es sich urplötzlich ganz anders entwickelt.
Eine Freundin von Claudia hatte sich mit ihrer Tochter angesagt um die letzten Stunden des Jahres gemeinsam mit uns zu verbringen.
So richtig glücklich war ich nicht da ich ja doch meistens meine Zeit alleine verbringe und schon lange keinen Besuch mehr hatte. Aber dann hab ich mich doch meinem Schicksal ergeben und dachte mir bei einer Tasse Kaffee den Gesprächen der Ladys zu lauschen und ein bißchen schmunzeln zu können.
Alles begann relativ ruhig, die ersten Caipirinhas wurden gemixt und getrunken, Luftschlangen und sonstiges Zeug überall drapiert , die ersten Tischfeuerwerke verstreuten ihr Konfetti durch die Gegend, alles wird gut.
Aber dann wurden die Mädels immer aufgedrehter und der Geräuschpegel zerrte an meinen Nerven.
Flüchten war ja nicht möglich und da ich immer unruhiger wurde und ich mich langsam unwohl fühlte, beschloß ich dem Kaffee zu entsagen und öffnete die erste Flasche Rotwein seit Jahren um mir doch ein Glas zu gönnen.
Da ich ja sehr viele Medikamente nehmen muß trinke ich eigentlich nicht, aber was blieb mir an so einem Abend anderes übrig.
So langsam kochte die Stimmung meiner Frauen hier höher und es wurden die ersten Wunderkerzen gezündet und dermaßen herum gealbert bis sich schließlich der Rauchmelder im Wohnzimmer mit schrillen Warntönen zu Wort meldete.
Aber auch dieses Problem war schnell unter großem Trubel und Gelächter gelöst und die Cocktails der Damen wurden in immer kürzeren Abständen geleert. Unmengen von Crush Eis , Limetten, Rum und was da sonst noch alles rein gehört wurden systhematisch vernichtet.
Dann war auch das besinnliche Fernsehen vorbei, die Menge wollte Musik zum tanzen.
Also fand ich im TV dann die „50 besten Party Hits“, damit nahm das Unheil seinen Lauf. Es wurde getanzt, gesungen, gekreischt und langsam aber sicher die Lautstärke erhöht bis ich mich in eine Disco der 80er Jahre zurück versetzt fühlte.
Inzwischen trug ich einen Langhaarperücke aus Luftschlangen und war bei der Hälfte der Rotweinflasche angelangt.
Die einzige Chance für mich dieses Chaos halbwegs unbeschadet zu überstehen bestand wohl darin meinen Alkoholpegel ebenfalls zu erhöhen.
Außerdem war es gar nicht mal so schlecht die Lieder der guten alten Zeit zu hören. Von Bony M über Smokie, Bryan Adams, Madonna und weiß der Kuckuck wem noch alles war alles vertreten.
Als dann der Holzmichl ertönte und anschließend Wolfgang Petry loslegte war Schluß mit lustig.
Ich wurde wiederholt zum tanzen genötigt was ja nun überhaupt nicht zu meinen Stärken gehörte, aber ich war machtlos, das Hyänenrudel hatte Blut geleckt.
Inzwischen war die Flasche Rotwein geleert, die Rumflasche übrigens auch, und mir war alles egal.
Dann war endlich Mitternacht, das allgemeine knutschen und drücken begann und die 3 Damen verzogen sich dann auf die Strasse um das obligatorische Feuerwerk zu sehen.
Das war ein Fehler...
Bei ihrer Rückkehr zeigte der Alkohol seine Wirkung und langsam aber stetig wurde es ruhiger.
Ich hatte inzwischen die 2. Flasche Wein geöffnet und kam langsam auf Betriebstemperatur, quasi auferstanden aus Ruinen. Mir ging es prima nur dem Rest inzwischen nicht mehr.
Nach und nach verwandelte sich unsere Partymeile in ein Totenschiff und irgendwann saß ich dann alleine hier.
Aber an Schlaf war bei mir einfach nicht zu denken, ich war viel zu aufgedreht und der Wein machte es mir auch schön wohlig im Kopf.
So saß ich dann bis 5 Uhr heute morgen vor dem Fernseher, schaute nochmal „Diner for One“ und zog mir ansonsten irgendwelche Partymusik rein.
Dann war auch die 2. Flasche Wein vernichtet und nun war es auch langsam Zeit für mich sich auf die Seite zu drehen. Im Rückblick bleibt noch zu sagen das es doch ein sehr schöner Abend war.
Ok die Kopfschmerzen und das schlechte Gefühl vom Restalkohol bin ich nicht mehr gewohnt und finde es auch nicht so prickelnd, aber im Großen und Ganzen kann ich damit leben, mehr noch es war es wirklich wert. Für ein paar Stunden hab ich mich nach langer Zeit mal wieder so richtig als Mensch gefühlt, ein Ausflug in schöne, lang verschüttete Zeiten.
Vom Kopf her bin ich relativ ruhig und gelöst, die schwarze Wand der Depression baut sich im Moment noch nicht vor mir auf.
Ich hoffe das sich das bis Morgen hält und sich auch die körperlichen Beeinträchtigungen bis dahin verflüchtigen.
Beweisfotos für den gestrigen Absturz folgen...
