Auch wenn ich das Wort 'Ding' verwendet habe, ging es ja weniger um die Dinghaftigkeit als um die Wirklichkeit. Es überrascht mich wiederum, daß gerade Du in diesem Zusammenhang eine Position zu verteidigen scheinst, die der des 'alten, anschauenden Materialismus' gleichkommt.
Ich dachte, es ginge um die physikalisch-messbare Wirklichkeit, also eben auch dingliche, im Unterschied zur fiktiven.
Im Zusammenhang mit neuzeitlicher Religionskritik habe ich bekanntlich regelmässig auf Ludwig Feuerbach verwiesen, weil er sich intensiv mit dem "Wesen des Christentums" beschäftigte. Marx bezeichnet Feuerbachs Auffassung in der Tat als "Anschauender Materialismus", die er mit seiner Auffassung von "praktisch-menschlicher Tätigkeit" überwindet, in der er die "materielle" Grundlage von Gesellschaften sieht. Der (undogmatisch verstandene, praktisch jeweils neu anzuwendende, zu entwickelnde) Geschichtsmaterialismus in Verbindung mit anderen Philosophen liegt mir insofern näher. Da analysiert man Staat und Religionen in ihrer Entwicklung als Teil des (ideellen) Überbaus von Gesellschaften und versteht die Produktivkräfte der Gesellschaft, die Einwirkung der Menschen auf die Natur mittels Arbeit, als "materielle" Verhältnisse, mit denen der Überbau in Wechselwirkung steht. Deswegen erwähnte ich das Beispiel, Geld als Mystifikation. Ich dachte, das würde vielleicht an die Ableitung des Geldes bei Marx als allgemeinste Form der abstrakten Arbeit erinnern.
"In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen. Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt, und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewußtseinsformen entsprechen. Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozeß überhaupt. Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt." Karl Marx. (damit auch dasjenige der Religionen)
Gott ist die Ursache der Welt (zu jedem Zeitpunkt ihres Bestehens). Genaueres über die Welt selbst erfahren wir aus dieser Lehre nicht; dazu können wir u.a. Physik betreiben.
Und wie ist der Begriff "Ursache" zu verstehen? Deterministisch. Alle Vorgänge auf der Welt sind durch Gott mittelbar verursacht und würden ohne ihn nicht geschehen? Mir fallen assoziativ dazu Teilhard de Chardin und darauf basierende Anschauungen ein?
Man kann allerdings sehr wohl wissen, was der Glaubensinhalt einer bestimmten Religion ist und man kann über philosophische Hintergründe etwas herausfinden und nachdenken. Dabei hilft es mal das eine oder andere entsprechende Buch der Primärliteratur mit Verstand gelesen zu haben.
Wo könnte ich denn beispielsweise nachlesen, welches der Glaubensinhalt des Christentums ist? Soweit ich weiß, gibt es im Christentum zu praktisch jedem Detail unterschiedliche Auffassungen was der Inhalt des Glaubens sei. Welches Buch würde deiner Meinung nach den Inhalt des Christentums korrekt wiedergeben? Oder welche Bücher, falls mehrere nötig sind? Gehören die Bücher von Thomas von Aquin dazu? Ganz oder nur teilweise?
daß in einer solchen Diskussion die korrekte Bezeichnung (...) 'glauben' heißen muß (...) . Daher hilft keine Ausbildung zum Bescheidwissen und es gibt auch keinen Weg zu gesicherten Erkenntnissen.
Ergebnis: "Tja... man muss halt glauben".
Da sind wir genau am Kern der Sache. Die ganze angebliche Gelehrtheit und die komplizierten Formeln dienen nur dazu, die Leute einzuschüchtern und ihnen vorzugaukeln, sie wären einfach zu dumm, um die Götterwelt zu verstehen.
Aber sobald man etwas daran kratzt, stellt sich heraus, dass es sich es um nichts weiter handelt als eine kritiklose Konfirmanden-Gläubigkeit: Man muss halt glauben.
Ich habe kein Interesse daran hier einen Beweis für das Dasein Gottes zu vertreten; sondern ich beabsichtige bloß die Untauglichkeit aller vermeintlichen Beweise gegen sein Dasein aufzuzeigen.
Das ist ein Strohmann-Argument, denn niemand aus der atheistischen Abteilung hat je behauptet, er könne die Nicht-Existenz der Götter beweisen. Im Gegenteil: Es zählt zu den wichtigsten Argumenten der Wissenschaft und des Atheismus, dass ein "Beweis der Existenz oder Nicht-Existenz" logisch unsinnig ist bei Dingen, die nicht vorhanden sind. (Russels Teekane: Man kann nicht beweisen oder widerlegen, dass eine winzige Teekanne um den Mars herum fliegt.)
Niemand wollte je beweisen, dass Gott nicht existiert. Deswegen kannst Du auch nicht die Untauglichkeit dieser Beweise aufzeigen.
Zudem nimmst Du hier eine Haltung der Immunisierung ein: Du möchtest Deine Annahme über die Existenz von Göttern nicht weiter untersuchen; es reicht Dir aus, wenn die Zweifler ins Leere laufen. Du möchtest Deinen Glauben nicht kritisch hinterfragen, sondern lediglich die Kritiker unschädlich machen.
Aber sobald man etwas daran kratzt, stellt sich heraus, dass es sich es um nichts weiter handelt als eine kritiklose Konfirmanden-Gläubigkeit: Man muss halt glauben.
Nur kurz nebenbei:
Die Konfirmation hab ich zwar über mich ergehen lassen, geglaubt habe ich aber auch damals schon nix mehr. (Öffentlich kritisiert aber auch nicht.)