Leider haben wir keine Zeit mehr, daran etwas zu ändern. Der Kapitalismus, den es die meiste Zeit der Menschheit nicht gab, steht in den Memoiren unserer Spezies auf der letzen Seite.
Ja. Es ist genau die Zeit, in der wir Menschen am meisten profitiert haben. Und ganz sicher werden wir adjustieren müssen.
Mag übrigens sein, dass wir keine Zeit mehr haben. Es mag aber genauso gut sein, dass der propagierte Schrumpfkurse das Problem verstärkt. Es gab bisher keine einzige zentral organisierte Wirtschaft, die umweltfreundlicher agiert hätte.
Für solche Experimente würde ich niemals mein Kreuz auf den Wahlzettel setzen.
Hier werden wir nicht zueinander finden. Die Frage wird sein, ob es dafür mal eine Mehrheit geben wird. Ich gehe nicht davon aus. Du wiederum bist ein Verfechter davon. Die Anhänger der Schrumpfidee sind teilweise auch bereit, demokratische Grundrechte zur Disposition zu stellen. Wenn Ulrike Herrmann die "Kriegswirtschaft" zu Rate zieht, macht sie übrigens genau das.
Die Anhänger der Schrumpfidee sind teilweise auch bereit, demokratische Grundrechte zur Disposition zu stellen. Wenn Ulrike Herrmann die "Kriegswirtschaft" zu Rate zieht, macht sie übrigens genau das.
Nein, macht sie nicht. Das ist wohl ein Missverständnis.
Hier ist lediglich gemeint, dass der Staat vorübergehend stärker in die Wirtschaft eingreift, wie zum Beispiel in Kriegszeiten. Der Staat selbst ist und bleibt dabei demokratisch legitimiert.
(Im Unterschied übrigens zu unserem Wirtschaftssystem, das nicht demokratisch ist, also nicht das Volk als obersten Souverän hat).
(Im Unterschied übrigens zu unserem Wirtschaftssystem, das nicht demokratisch ist, also nicht das Volk als obersten Souverän hat).
Unser Wirtschaftssystem hat das Volk erst in die Lage versetzt, seine Vertreter demokratisch legitimieren zu lassen. Es war die Wurzel der Demokratie. Kapitalismus ohne Demokratie geht auch. Demokratie ohne Kapitalismus kenne ich noch nicht. Die bisherigen Experimente haben übrigens einige böse Bremspuren hinterlassen. Umwelt und Klima waren hier ganz vorn dabei.
Geändert von Genussläufer (11.03.2024 um 18:13 Uhr).
...Der Kapitalismus, den es die meiste Zeit der Menschheit nicht gab, ...
Ich stimme in den meisten Punkten Genussläufer zu, nur hier eine Ergänzung: diesen Satz halte ich für historisch nicht richtig. Bereits die Phönizier haben nichts anderes als Kapitalismus praktiziert: Waren und Dienstleistungen produziert, die der Markt wollte, wofür Menschen bezahlt haben; dazu ein die (damalige) Welt umspannendes Finanzsystem aufgebaut. Zu jeder Zeit der Geschichte haben Gesellschaften, in denen diese Mechanismen weitgehend von staatlichen Eingriffen verschont blieben, den jeweils relativ größten Wohlstand erreicht, die wesentlichsten technischen und gesellschaftlichen Fortschritte gemacht, unabhängig davon, welches politische System dahinterstand.
Natürlich können staatliche Rahmenbedingungen, insbesondere Rechtssicherheit, Planungssicherheit, zusätzlich förderlich sein. Aber das Prinzip ist auf keinen Fall neuzeitlich, sondern uralt: Menschen investieren Geld, um aus Eigennutz Mehrwert zu generieren, indem sie die Bedürfnisse anderer erfüllen und sich bezahlen lassen. Ohne diesen Eigennutz-Antrieb sind die meisten Menschen m.M.n. auch nicht dauerhaft zu Leistung zu motivieren (egal zu welchem Zweck). Die Vision von globaler Zusammenarbeit unabhängig von privaten, länderweisen Interessen und Nutzen ist Star-Trek-Utopie. Idealistische, altruistische Gemeinschaften gibt es natürlich, aber die setzen sich immer aus Individuen zusammen, die untypisch sind, eine kleine Minderheit in der Menschheit, und auch deren Erfolg ist nicht unabhängig von wirtschaftlichen Randbedingungen und Zwängen.
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“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Ich stimme in den meisten Punkten Genussläufer zu, nur hier eine Ergänzung: diesen Satz halte ich für historisch nicht richtig. Bereits die Phönizier haben nichts anderes als Kapitalismus praktiziert:
Die Phönizier haben keinen Kapitalismus praktiziert, der sich mit unserem vergleichen ließe. Der Kapitalismus meint den Einsatz von Maschinen, um Waren herzustellen. Da das den meisten bekannt sein dürfte, führe ich es nicht weiter aus.
Unser Wirtschaftssystem hat das Volk erst in die Lage versetzt, seine Vertreter demokratisch legitimieren zu lassen.
Nein, Demokratie ist viel älter als der Kapitalismus. Letzterer entstand mit der Industrialisierung in England Ende des 18. Jahrhunderts und breitete sich von dort aus.
Es ist aber müßig. In Frage steht nach wie vor, ob der Kapitalismus in der Lage sein wird, die gegenwärtigen Umweltprobleme zu lösen.
Im Moment steht fest, dass der Kapitalismus nahezu weltweit zu einem starken Wirtschaftswachstum und damit zu großen Umweltproblemen geführt hat.
Ich stimme in den meisten Punkten Genussläufer zu, nur hier eine Ergänzung: diesen Satz halte ich für historisch nicht richtig. Bereits die Phönizier haben nichts anderes als Kapitalismus praktiziert: Waren und Dienstleistungen produziert, die der Markt wollte, wofür Menschen bezahlt haben; dazu ein die (damalige) Welt umspannendes Finanzsystem aufgebaut. .....
Offtopic:
Mit dem Begriff des Kapitalismus grenzen die Polit-Ökonomie und Gesellschaftslehre eine bestimmte historische Wirtschaftsordnung von anderen ab. Natürlich existiert keine in abstrakter Reinform, sie enthalten auch Elemente früherer oder zukünftiger Ordnungen. Es macht aber wenig Sinn, den Begriff auf solche auszudehnen, bei denen die "Hochkultur" auf Sklavenarbeit beruht oder auif feudalen Verhältnissen und dem Zehnten (Mittelalter). Ein Warenhandel (im Unterschied zum Tauschhandel) von Gütern ist zwar Voraussetzung für eine kapitalistische Wirtschaftsform, aber noch kene hinreichende.
Der Profit und Reichtum des Kapitalismus beruht im Wesentlichen auf der Lohnarbeit, dem doppelt freien Lohnarbeiter, der getrennt von seinen Produktionsmitteln (im Unterschied zu den mittelalterlichen Handwerkern, denen die Produktionsmitteln gehörten) seine Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt dem Kapital als Ware verkauft und einen Mehrwert schafft (Profit). Diese gesellschaftlichen Verhältnisse sind ganz spezifisch für den Kapitalismus und die Industrialisierung, welche in ein paar hundert Jahren die Gesellschaften und die Umwelt mehr verändert hat als anderen zuvor.
Natürlich sorgt nicht das Einzelkapital, welches allein an seiner maximalen Verwertung interessiert ist, für die Standards bei Gesundheits-und Umweltschutz. Diese müssen gegen die Profitinteressen von den Lohnabhängigen erkämpft werden, wobei der Staat als ideeller Gesamtkapitalist fungiert und als Vermittler, und im Ergebnis gleiche Konkurrenzbedingungen für die Verwertungsprozesse des Kapital schafft, was infolge der Globalisierung und des Fehlens weltweiter staatsähnlicher Vereinbarungen beim Klimaschutz nur ungenügend gelingt. (Freiwilligkeit, keine Strafen für Vertragsbrüche usf.).
Hier ist lediglich gemeint, dass der Staat vorübergehend stärker in die Wirtschaft eingreift, wie zum Beispiel in Kriegszeiten. Der Staat selbst ist und bleibt dabei demokratisch legitimiert.
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Das würde ich gerne genauer verstehen. Wie sollte das konkret in der Praxis aussehen? Sollten deiner Meinung nach Politiker Vorstandvorsitzende ersetzen oder sollen vorübergehende Gesetze/Verbote die Unternehmen lenken? Und was würde passieren, wenn genau diese Unternehmen dann ihren Sitz (vorübergehend?) ins Ausland verlegen.