Kürzlich hörte ich aus dem konservativen Lager das exakte Gegenteil:
Das einzig Sinnvolle sei es, die eigenen fossilen Brennstoffe im Boden zu lassen und stattdessen auf dem Weltmarkt fossile Energieträger wegzukaufen. Diese würden nämlich so oder so ihre Abnehmer finden und in der Atmosphäre landen, da sie auf dem Weltmarkt gehandelt würden. Wirklich etwas für’s Klima tun könnte man nur, wenn man die eigenen fossilen Energieträger im Boden lässt. Der bekannteste Vertreter dieser Auffassung ist Hans Werner Sinn.
Danke für diesen Hinweis. Übrigens kommt das bei weitem nicht nur aus der konservativen Seite. Zitat Heiner Flassbeck in Bezug auf unilaterale Wege in der Klimapolitik sowie das Förderparadoxon: "Die Position in der Klimapolitik ist ein Aspekt, in dem ich mit Hans-Werner Sinn übereinstimme. Es dürfte das einzige Thema sein, wo wir übereinstimmen."
Flassbeck ist unter den ernst zu nehmenden Ökonomen nun wahrlich nicht der konservativen Seite zuzuordnen. Sehr spannender und interessanter Typ. Ich mag den wirklich sehr, obwohl der sich sehr deutlich links positioniert. qbz hatte ihn mehrfach zitiert und hier auf ihn verwiesen. Ich habe mich - trotz meiner Abneigung - intensiver mit ihm beschäftigt. Sehr lohnenswert.
Wer den Öl- und Gasmarkt auch nur einigermaßen kennt, kann die Situation auch nicht ignorieren. Das kann eigentlich nur Träumern passieren, die die Realität ignorieren.
* Das Konsumverhalten des reichsten Prozents (77 Millionen Menschen) verursachte 2019 16 Prozent der weltweiten Emissionen – mehr als doppelt so viel wie das Konsumverhalten der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung, und mehr als die Emissionen des gesamten Straßenverkehrs in der Welt.
* Die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung waren 2019 für rund die Hälfte der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Zu diesen zehn Prozent gehören rund 53 Prozent der Deutschen.
* Das reichste Prozent in Deutschland war 2019 für durchschnittlich 83,3 Tonnen CO₂-Emission pro Kopf und Jahr verantwortlich – mehr als fünfzehnmal so viel wie ein Mensch aus der ärmeren Hälfte der Deutschen (5,4 Tonnen CO₂ pro Kopf und Jahr).
Grundsätzlich stimme ich Dir zu. Tendenziöse Studien, die von der Fossil-Lobby finanziert werden, sind aber eine Tatsache. Sie dienen nicht dem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn, sondern der politischen Einflussnahme. Das Ziel ist, den wissenschaftlichen Konsens beim menschengemachten Klimawandel in Zweifel zu ziehen.
Das ist natürlich ein wichtiger Punkt. Das betrifft allerdingings die andere Seite des Spektrums genauso. Versuche heute mal Fördergelder für eine Studie in Deutschland zu erhalten, die sich mit mit Thesen beschäftigt, die vom IPCC abweichen. Da gehst Du leer aus. Damit entzieht man der wissenschaftlichen Vielfalt den Boden. Dass nun die Fossil Lobby in diese Bresche springt, wirft sicher kein tolles Licht auf die Studie. Auf der anderen Seite wird aber auch nicht hinterfragt, aus welcher Lobby die Gelder kommen.
Und dennoch zeigt das von Dir hier eingebrachte Argument ein echtes Dilemma. Damit muss man schon mal einen Abdiskontierungsfaktor an die jeweiligen Ergebnisse heften. Da würde ich Dir gern widersprechen, vermute aber, dass Du im Kern Recht hast
Wenn ich mal die Studienlage betrachte, finde ich die Kernaussagen beider Seiten übrigens gar nicht so weit auseinander liegend. Letztendlich sehen alle den Klimawandel als gegeben. Die Ursachen werden mal mehr beim Menschen und mal mehr bei der Natur verortet. Es gibt unterschiedliche Betrachtungsweisen der Messsysteme und der darauf basierenden Modelle. Das hat jeweils immense Auswirkungen auf die Prognosen.
Auf der anderen Seite wird aber auch nicht hinterfragt, aus welcher Lobby die Gelder kommen.
Mögliche Interessenskonflikte, zum Beispiel bei der Finanzierung, müssen bei jeder wissenschaftlichen Studie mit angegeben werden.
Mir ist nicht klar, was Du mit "auf der anderen Seite" genau meinst. Hast Du ein Beispiel für eine relevante Studie der seriösen Klimawissenschaft, deren Finanzierung politisch dubios wäre?
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Wenn ich mal die Studienlage betrachte, finde ich die Kernaussagen beider Seiten übrigens gar nicht so weit auseinander liegend. Letztendlich sehen alle den Klimawandel als gegeben. Die Ursachen werden mal mehr beim Menschen und mal mehr bei der Natur verortet. Es gibt unterschiedliche Betrachtungsweisen der Messsysteme und der darauf basierenden Modelle. Das hat jeweils immense Auswirkungen auf die Prognosen.
Es gibt in den Klimawissenschaften (notabe empirische Naturwissenschaft und keine Gesellschaftswissenschaft wie VWL, Philiosophie, bei denen die Interessen und Ideologien eine viel stärkere Rolle in den Theorien einnehmen) IMHO einen fast 100 % Konsens über zwei wesentliche Faktoren: 1. Die zunehmende Erhöhung der durchschnittlichen Temperatur seit der Industrialisierung 2. Den anthropogenen Ursachen für die Erwärmung, welche in der Menge der CO2-Emissionen, der Verbrennung fossiler Brennstoffe, seit Beginn der Industrialisierung liegen.
Demnach wärst Du in der Lage, den Wahrheitsgehalt der oben genannten Studie zu prüfen?
Ja, nach bald 40 Jahren in wissenschaftlicher Arbeit bin ich in der Lage, wissenschaftliche Arbeiten (auch fachfremde, bei entsprechender Vorbeschäftigung) auf ihre Qualität zu prüfen und die Plausibilität der Schlußfolgerungen von verschiedenen Publikationen zu vergleichen. Denn alle empirischen Naturwissenschaften haben ganz viel gemeinsam, was Methoden, Vorgehen, Datenanalyse, Herleitungen und Beweisführungen angeht. Ich mag nicht immer ein absolutes Urteil fällen können (evtl. liegen beide falsch), aber zwei unterschiedliche Theorien zu einem Thema vergleichen und eine als plausibler priorisieren geht immer.
Genussläufer zeigt auch auf, wieso man eine gute Basis zum Vergleich hat:
Zitat:
Zitat von Genussläufer
Wenn ich mal die Studienlage betrachte, finde ich die Kernaussagen beider Seiten übrigens gar nicht so weit auseinander liegend. Letztendlich sehen alle den Klimawandel als gegeben. Die Ursachen werden mal mehr beim Menschen und mal mehr bei der Natur verortet. Es gibt unterschiedliche Betrachtungsweisen der Messsysteme und der darauf basierenden Modelle. Das hat jeweils immense Auswirkungen auf die Prognosen.
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“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Zur Einordnung: Der Konsens besteht darin, daß der Mensch zum Klimawandel beiträgt, über den Ausmaß des Beitrags gibt es m.W. sehr wohl unterschiedliche Ansichten und Einschätzungen.
Auch sind die "Konsens-untersuchungen" nicht personenbezogen, sondern zählen einfach Veröffentlichungen. In einem Peer-Review-System haben aber vom Mainstream abweichende Publikationen extrem schlechte Chancen, überhaupt veröffentlicht zu werden. Das verzerrt das Bild zusätzlich.
Daher sind solche 97% oder 9%-Zahlen m.M.n. Propaganda, da sie nicht bedeuten, daß nur ein Wissennschaftler von 100 die These vom allein Menschgemachten Klimawandel ohne Zweifel teilt, sondern daß nur 1 von 100 Publikationen Zweifel an der These beinhaltet.
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“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
In einem Peer-Review-System haben aber vom Mainstream abweichende Publikationen extrem schlechte Chancen, überhaupt veröffentlicht zu werden.
Bitte belege diese Behauptung in der Allgemeingültigkeit, mit der Du sie hier vertrittst. Ich halte sie für eine Verschwörungstheorie aus der Corona-Zeit: "Die unterdrückte Wahrheit".