Die Stunde von Banzau, die gar keine Stunde ist 
Seit Roth sind ja nun ein paar Wochen vergangen und die letzten Wochen hab ich doch recht gut trainiert wie ich finde. „Kurz und hart“ ist ja mein neues Motto und ich muss sagen, das taugt mir ganz gut.
Im Training gab es in den letzten Wochen einige gute bis sehr gute Leistungen auf den gewohnten Trainingsstrecken auf der Krone und Havelchaussee.
Als bekennender Trainingsweltmeister gab es auch ein paar persönliche Bestmarken wie z.B. 287w über 60 Minuten oder 307w über 30min auf der Krone und zu guter Letzt am Mittwoch vor dem EZF in Banzau noch eine Trainingsbestzeit Postfenn – Auerbachtunnel knapp über 23min bei 301w. Es gab also genug Gründe, dass es im Wettkampf mal wieder richtig schön daneben gehen sollte ;-). Es hat sich als Vorteil herausgestellt, vorher immer mächtig zu jammern, dann ging das im Training überraschend gut.
Banzau. Wie kommt man darauf? Wo ist Banzau? Was ist Banzau? Hört sich an wie Nr. 283c auf einer Chinesischen Speisekarte. Micha Kopf sagte vor einigen Wochen er hat sich dafür angemeldet. 35,7km EZF, leicht wellig. Ich hab mich sofort angemeldet, 10€ Startgeld ist ja super günstig. Danach hab ich Google Maps angeschmissen. 250km. One Way. Alles klar. Man hat ja sonst nix zu tun!
Nun gut, die Meldung war durch, das Training ist passiert nun musste nur noch das Wetter mitspielen. Am Samstag morgen sagten meine Wetter Apps nur Regen an. Ich hatte keinen Bock. 500km Autofahren für 35km Radfahren im Regen? Echt jetzt? Alles rumgejammer und rumbocken hat nix genützt, meine Mitfahrerin hat mich mit Kuchen gelockt und Micha prophezeite trockenes Wetter (was ich nicht glaubte).
Sonntag klingelte also dann um 5.30 Uhr der Wecker. Um 6.20 ging es dann nach Banzau, was wir nach 2,5h Fahrzeit erreichten und wir waren die ersten Teilnehmer vor Ort. Nun wusste ich also was Banzau ist. Ich weiß nicht ob ich alles von Banzau gesehen habe, aber die Häuser kann man wohl an zwei Händen abzählen, es ist ein kleines Dorf wo sich Igel und Hase gute Nacht sagen.
Micha hatte übrigens recht, es war trocken und es sollte sogar sonnig werden. Es war allerdings relativ schwül, was mir schonmal gar nicht taugte. Nach und nach trafen dann weitere Teilnehmer ein, es wurden die Startnummern geholt und geplaudert. Ich legte mich noch ein halbes Stündchen in den Kofferraum, wo ich schon feststellte, dass mein Puls nicht so richtig runterkommen wollte.
Um 10.45 Uhr war die Wettkampfbesprechung mit einer detaillierten Streckeninfo. Ich hörte immer nur „Kurve, Kurve, Kurve, Kopfsteinpflaster, Kurve, Kurve, schlechter Asphalt, Kurve, Anstieg, Wind, Kurve, schlechter Asphalt, Anstieg zum Ziel“. Au weia, ich kann doch nur geradeausfahren und 180° Wenden, ich wollte zurück zu meiner Krone…
Gejammert hab ich natürlich auch ordentlich. Ich fühlte mich zwar wirklich nicht so toll, aber da ich die letzten Wochen ständig rumjammerte und dann im Training ablieferte, wurde mir das nicht wirklich abgenommen. Apropos abnehmen. Mit 83,5kg Startgewicht würde ich sicherlich nicht schlecht abschneiden, wenn es eine BMI Wertung gäbe statt Altersklassen.
Ab 11 Uhr ging es dann los, knapp 120 Starter waren gemeldet und es wurde im 30 Sekunden Abstand gestartet. Ich hatte die Nr. 106, also hatte ich noch 52 Minuten Zeit bis zu meinem Start.
Kurz nach 11 Uhr ging es auf die Rolle. Ich rollte nur locker mit etwas höherer Frequenz und der Puls war schon relativ hoch (vom Gefühl her, ich trage ja nie einen Pulsgurt). Zudem lief der Schweiß in Strömen runter, es war schon gut warm. Nach 25 Minuten entschied ich mich, noch 5 Minuten auf der Straße zu rollen, der Fahrtwind kühlte mich dann etwas runter. Gegen 11.45 rollte ich dann zum Start, welcher für 11.52 Uhr angesetzt war.
Mein Ziel war 290-300w im Schnitt zu erreichen und vom Tempo her mindestens einen 40er Schnitt, also unter 53 Minuten.
Start
Die letzten 5 Sekunden wurden angezählt und dann ging es los. Schon die ersten Meter waren ziemlich hoppelig und mit Asphaltflicken versehen. Es folgte eine 90° Rechtskurve und dann war es erst mal ganz gut zu fahren auf der Hauptstraße. Der Wind kam zu dem Zeitpunkt von vorne, was sich später noch als positiv herausstellen sollte. Ich wollte die ersten 10 Minuten bei ca. 280-290w fahren.
Es gelang mir nicht ganz, da ich gegen den Wind einfach irgendwie treten musste und da zwangsweise auch mal Werte um 310-320w kamen. Im Schnitt war ich nach 10 Minuten dann aber Tatsache bei den angepeilten 290w, allerdings war meine Atmung sehr schnell und mein Puls fühlte sich an wie knapp 200.
Das war nun der Unterschied zwischen Training und Wettkampf. An einem Trainingstag wäre ich wohl jetzt nach Hause gefahren, nun hieß es durchbeißen und irgendwie durchziehen, auch in dem Wissen, dass es nicht mal für 280w am Ende reichen sollte.
Nach 12 Minuten überholte ich die Nr. 104, der also 1 Minute vor mir gestartet ist. Das sollte bis zum Ende des Rennens der einzige sein den ich überholte, der direkt vor mir gestartet war. Ein paar 80er und 90er waren noch dabei, aber ansonsten war ich meistens mit mir alleine beschäftigt. Leider kam auch nix von hinten, woran ich mich hätte festbeißen können.
Es wurde immer zäher, die Strecke war insgesamt sehr kurvig, einige Male musste ich gut runterbremsen, in Kurven bin ich eh nicht so gut und dann waren vor allem auf der zweiten Hälfte sehr viele Passagen mit richtig schlechtem Belag zu bewältigen. Auf einem Stück von ca. 1km kamen 3 kurze, jeweils ca. 15m lange, Kopfsteinpflasterstücke die einen richtig durchrüttelten. Jedesmal kontrollierte ich, ob meine Garmin Virb noch unter dem Vorbau klebte, aber das Outdoor Klebeband tat seinen Dienst!
Eines der schlimmsten Stücke war eine ca. 1km lange Abfahrt, die mit Straßenflicken übersät war. Ab und an war dann aber auch mal ordentlicher Asphalt dabei und bei den meisten Bergab Passagen kam der Wind von hinten, da konnte ich es auch mal etwas rollen lassen.
Nach 40 Minuten war meine Durschnittsleistung bei 271w angelangt. Ich hatte im Vorfeld ja noch im Jammermodus getönt, dass ich nur 265w schaffen würde und das wurde müde belächelt. Ich wollte das natürlich unbedingt verhindern und hab mir nochmal den Arsch aufgerissen. Die letzten Kilometer gingen nochmal etwas kraftvoller, vor dem letzten Kilometer kam eine letzte 90° Kurve in die man gut reinbremsen musste, es folgte ein letzter Anstieg und 800m Zielspurt. Die letzten 2 Minuten bin ich fast konstant über 400w gefahren!
Am Ende überführ ich mit einem lauten Schrei die Ziellinie nach 52:27 Minuten und immerhin dann noch 276w im Schnitt. 40,2km/h über 35,2km.
Vor einem Jahr hätte ich jeden ausgelacht der mir sowas gesagt hätte und nun war ich nur bedingt zufrieden mit dem Ergebnis.
Überraschenderweise war es dann aber insgesamt doch nicht so schlecht, denn es hat insgesamt für den 9. Platz gereicht (1 Sekunden hinter dem 8.) und meine Altersklasse habe ich sogar gewonnen!
Richtig cool war auch, dass die Berliner Fraktion Banzau gerockt hat! Micha hat mit unter 48 Minuten und über 44km/h den Sieger der Vorjahre geschlagen und den Gesamtsieg klar gemacht, was den Zweitplatzierten dazu veranlasste nicht mehr zur Gesamtsiegerehrung zu gehen. Der 3. Gesamtplatz ging ebenfalls nach Berlin und bei den Frauen haben „unsere“ Damen Gesamtplatz 2 und 3 erreicht!
Nun wissen wir Berliner also wer Banzau ist und Banzau weiß, was die Berliner in den Beinen haben!
Ich erwähnte ja die Kamera. Das Video des kompletten Zeitfahrens lädt auf YouTube hoch, das wird aber wohl noch bis heute Abend oder morgen früh dauern!