Es fing schon damit an, dass ich beim Schwimmen überhaupt nicht meinen Rhythmus fand, schlecht durch die Wellen kam und in katastrophalen 1.03 an Land ging - das waren ca. 8min länger als geplant!
Mein Rennbericht jammert über die Situation auf dem Rad wie folgt:
„Es stürmte, war arschkalt und dann begann es auch noch heftig zu regnen. …Auf dem Rad machte sich relativ bald mein Magen-/Darmsystem bemerkbar… die erste Runde ging es mir gar nicht gut, mir war kalt, es regnete und stürmte weiterhin und mich plagten leichte bis mittlere Krämpfe, die ich zwar durch geschicktes Aus-dem-Sattel gehen entlüften konnte, aber da braute sich was zusammen –*bis km 85.“
Nun muss man wissen, dass ich in der ersten Runde von Platz 31 nach dem Schwimmen auf Platz 15 vorgekurvt war, den österreichischen Profi Gernot Seidl aufgegabelt hatte, der netterweise auch auf einem Quintana Roo Typhoon saß und wir daraufhin beschlossen - FAIR - nach vorne zu fahren, wo inzwischen Faris an der Spitze wie ein Rohrspatz schimpfte (es war eine Wendepunktstrecke, auf der ich genau sehen konnte, was vor mir passierte), weil hinter ihm ein wunderschöner Belgischer Kreisel, bestehend aus Tissink, Riesen, Schellens, Vabrousek und noch zwei Pros, seine Tätigkeit aufgenommen hatte.
Es gibt dazu eine beeindruckende Aufnahme, wie sechs oder sieben Pros im Sekundenabstand in T2 einkehren. Stefan Riesen erzählte mir danach, sie seien zwar von einem Kampfrichter ermahnt worden, aber ohne weitere Konsequenzen.
Gernot und ich befanden uns geschätzte acht Minuten hinter dem Kreisel und waren fest entschlossen, diese Lücke zu schliessen.
Keine Ahnung, ob wir es geschafft hätten oder nicht, denn bei dem schon erwähnten Kilometer 85 musste ich die deutsch-österreichische Beziehung beenden und mich der Düngung der südafrikanischen Steppe widmen. Oma ließ grüßen, die Trockenfrüchte vollbrachten wirklich ganz tolle Arbeit.
Gefühlte fünf Minuten später saß ich wieder auf meinem Rad (den Unterschied zwischen flauschigem 3-lagigen europäischen Klopapier und afrikanischem, quasi getrockneten Buschgras möchte ich nicht vertiefen), hatte mir, ohne es zu wissen, eine der typischen Buschdornen in den Vorderreifen gerammt und gondelte allein die knapp 100km auf Platz 11 vor - natürlich total sauer auf mich.
Beim Schwimmen war ich weit hinter meinen Möglichkeiten geblieben (allerdings schwamm selbst ein Faris an dem Tag nur 55.36, es war also offensichtlich schwieriger Seegang) und hatte darum den Zug der vorderen Pros verpasst.
Beim Radeln hatte ich, wie schon erwähnt, im Wortsinne verschi*ssen“, mit einem ungefähr gleich starken Partner nach vorne zu fahren (der Gernot stieg übrigens nach dem Radeln aus) - der Abstand zur Radbestzeit von Faris (4.42) betrug inkl. Düngungszeit 13min, da wäre erheblich mehr bzw. weniger drin gewesen.
Immerhin konnte ich in der Wechselzone dem nach mir eintrudelnden Ronnie Schildknecht, der fünf Minuten langsamer als ich geradelt war, etwas Gutes tun und ihm eines meiner schon erwähnten Kekse anbieten - sicherlich der Grund, warum er eine 2.56 laufen konnte ...
Ich lief generell einen guten Marathon, was a) daran lag, dass mein Darm ohne Zweifel komplett leer war und b) daran, dass es Wasser nicht in Bechern, sondern in Tüten gab, perfekt für mich, denn so hatte ich immer Wasser bei mir, trank regelmäßig, aber nicht zu viel und kam mit meiner besten Marathonzeit von 3.16 (die Liste sagt zwar 3.18, aber da ist der Wechsel mit drin, denn auf meiner Uhr stand 3.16) und einer 9.18 als 13ter ins Ziel.
Für Platz 11 hätte ich 90 Sekunden schneller sein müssen, also erheblich weniger als meine Trockenfrucht-Entladungsphase, wäre ich als Agegrouper gestartet, hätte ich meine AK gewonnen … hätte, hätte, Fahrradkette, wieder mal war ich mir selbst der größte Gegner, aber ich schob trotzdem happy über Platz 13 mein Rad ins Hotel (der Dorn hatte zum Glück nicht sofort meinen Schlauch zerstochen, sondern ganz vorsichtig angepiekst, so dass ich wohl mit der letzten Luft in T2 kam).
Mein erster Pro-WK war also in Summe vielversprechend gelaufen und hatte mir klare Hausaufgaben gegeben:
Schwimmen bei Wellengang üben, keine Trockenfrüchte auf der Pastaparty essen, kleine Mengen Flüssigkeit regelmäßig beim Laufen zu mir nehmen - mein Ziel für das nächste Rennen war definiert:
Top 10 in Lanzarote.
Wenn ich das Training zwischen Südafrika und Lanzarote heute anschaue, sehe ich ein recht seriöses Training mit zahlreichen Bergeinheiten auf dem Rad, knackigen Laufeinheiten und gutem Schwimmtraining, ich hatte also allen Grund, zuversichtlich mit der Fähre von GC nach Lanza zu shippern.
Doch die Schwimmzeit von 55.06 täuscht, denn an diesem Tag schwammen alle anderen viel schneller und ich war gleich mal fett frustriert, als ich in der Wechselzone sah, dass alle Pros schon weg waren, selbst Ain-Alar Juhanson, der im Jahr davor 55.26 geschwommen war, hatte sich nach 53.05 schon vom Acker gemacht.
Doch ich war nicht nur schlecht geschwommen, sondern mein Kopf wurde obendrein total bockig, kurz nach den Feuerbergen signalisierte er mir, dass er unter diesen Umständen keinen Sinn mehr darin sehe, dass Rennen noch fortzuführen.
Ich gebe zu, ich habe nur kurz mit ihm gekämpft, denn er ist ein arger Sturkopf, mein Kopf, bin allerdings die Radrunde noch zu Ende gefahren, habe mein Zeug gepackt und meinen Freund Martin auf der Laufstrecke unterstützt.
Meine Profi-Zeit war damit so schnell beendet, wie sie begonnen hatte und auch in unserem Häuschen in GC wiesen alle Zeichen auf Abschied, denn:
Meine Frau wollte nicht mehr auf GC bleiben, sie wollte zurück nach D-Land.
Das gab keine große Diskussion, sondern war eine Sache von zehn Minuten an einem Morgen, an dem sie es klarmachte, und eine Sache von weiteren zwanzig Minuten, bis wir via Google unseren neuen Lebensmittelpunkt definiert hatten (ohne jemals dort gewesen zu sein …;-) = wir beschlossen, nach Lindau zu ziehen.
Das ging alles blitzeschnell:
Nachdem die Kinder das Schuljahr Ende Juni/Anfang Juli beendet hatten, brachen wir die Zelte ab und waren ab Juli wieder zurück in Deutschland, bezogen im Oktober unser neues Heim und ich wußte erst mal nicht, was ich in D-Land tun sollte.
Sport auf jeden Fall erst mal nicht, die Zeit zwischen Juli und Dezember 2006 war ich nicht mal mehr Freizeitsportler.
Arbeiten musste ich natürlich wieder, aber was?
Meine Firma war von meiner Geschäftspartnerin weitergeführt worden, doch nur auf sehr kleiner Flamme, da musste man also wieder von vorne anfangen, ein Freund fragte mich, ob ich in einem Startup miteinsteigen wolle, die eine revolutionäre Hotelbuchungs-Software entwickelt hätten, was sich nach drei oder vier Monaten als totaler Kack eines durchgeknallten, autokratischen Amis herausstellen sollte - und zu guter Letzt trudelte Ende 2006 eine Hiobsbotschaft bzgl. unseres 2005 verkauften Hauses in unseren Briefkasten ein.
Ich bzw. wir ahnten damals noch nicht, welche gravierenden Auswirkungen diese Nachricht auf unser Leben haben würde, wir betrachteten es als unangenehmes, aber vernünftig zu lösendes Problem.
Außerdem hatte ich inzwischen mit meiner Geschäftspartnerin beschlossen, 2007 noch mal klein, aber fein durchstarten zu wollen, so dass ich trotz deutscher Temperaturen recht zuversichtlich in das neue Jahr blickte.