Moin, Moin,
ich hatte ja versprochen, etwas näher auf die Radwegebenutzungspflicht und den gestern in Augenschein genommenen Zustand der Radwege in unserer Gegend einzugehen. Was die Radwege in unserer Gegend angeht, so sind diese wohl exemplarisch für fast alle Radwege in ländlichen Gebieten.
Aber bevor ich ins Detail gehe, hier die entsprechende gesetzliche Grundlage für das Fahren auf Straßen bzw. Radwegen:
§ 2 Absatz 4 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) und ein Auszug aus Anlage 2 zu § 41 Absatz 1 StVO:
(4) Mit Fahrrädern muss einzeln hintereinander gefahren werden; nebeneinander darf nur gefahren werden, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird. Eine Pflicht, Radwege in der jeweiligen Fahrtrichtung zu benutzen, besteht nur, wenn dies durch Zeichen 237, 240 oder 241 angeordnet ist. Rechte Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen benutzt werden. Linke Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen nur benutzt werden, wenn dies durch das allein stehende Zusatzzeichen „Radverkehr frei“ angezeigt ist. Wer mit dem Rad fährt, darf ferner rechte Seitenstreifen benutzen, wenn keine Radwege vorhanden sind und zu Fuß Gehende nicht behindert werden. Außerhalb geschlossener Ortschaften darf man mit Mofas Radwege benutzen.
Zeichen 237.gif237
Ge- oder Verbot
1. Der Radverkehr darf nicht die Fahrbahn, sondern muss den Radweg benutzen (Radwegbenutzungspflicht).
2. Anderer Verkehr darf ihn nicht benutzen.
3. Ist durch Zusatzzeichen die Benutzung eines Radwegs für eine andere Verkehrsart erlaubt, muss diese auf den Radverkehr Rücksicht nehmen und der andere Fahrzeugverkehr muss erforderlichenfalls die Geschwindigkeit an den Radverkehr anpassen.
4. § 2 Absatz 4 Satz 6 bleibt unberührt.
Zeichen 240.gif240
Ge- oder Verbot
1. Der Radverkehr darf nicht die Fahrbahn, sondern muss den gemeinsamen Geh- und Radweg benutzen (Radwegbenutzungspflicht).
2. Anderer Verkehr darf ihn nicht benutzen.
3. Ist durch Zusatzzeichen die Benutzung eines gemeinsamen Geh- und Radwegs für eine andere Verkehrsart erlaubt, muss diese auf den Fußgänger- und Radverkehr Rücksicht nehmen. Erforderlichenfalls muss der Fahrverkehr die Geschwindigkeit an den Fußgängerverkehr anpassen.
4. § 2 Absatz 4 Satz 6 bleibt unberührt.
Erläuterung: Das Zeichen kennzeichnet auch den Gehweg (§ 25 Absatz 1 Satz 1).
Zeichen 241.gif241
Ge- oder Verbot
1. Der Radverkehr darf nicht die Fahrbahn, sondern muss den Radweg des getrennten Rad- und Gehwegs benutzen (Radwegbenutzungspflicht).
2. Anderer Verkehr darf ihn nicht benutzen.
3. Ist durch Zusatzzeichen die Benutzung eines getrennten Geh- und Radwegs für eine andere Verkehrsart erlaubt, darf diese nur den für den Radverkehr bestimmten Teil des getrennten Geh- und Radwegs befahren.
4. Die andere Verkehrsart muss auf den Radverkehr Rücksicht nehmen. Erforderlichenfalls muss anderer Fahrzeugverkehr die Geschwindigkeit an den Radverkehr anpassen.
5. § 2 Absatz 4 Satz 6 bleibt unberührt.
Erläuterung: Das Zeichen kennzeichnet auch den Gehweg (§ 25 Absatz 1 Satz 1).
Soweit - So gut!
Hier nun die Eindrücke und Erlebnisse von gestern Morgen:
Grundsätzlich sind viele Abschnitte der Radwege in unserer Gegend momentan durch Laub und sonstigen Dreck stark verschmutzt. Und da der anhaltende Nebel auch noch für genügend Feuchtigkeit gesorgt hatte, war es sogar mit dem MTB hier und da etwas rutschig. Mit dem RR hätte ich definitiv nicht auf diesen Radwegen fahren wollen.
Ein großes Problem stellt auch die Nutzung der Radwege durch die örtlichen Landwirte dar. Hier liegen momentan riesige Erdklumpen, Jauchepfützen und Mist- und Erntereste auf den Radwegen. Außerdem muss man allenthalben mit entgegenkommenden Schleppern rechnen.
Bei einem etwa 1 km langen Abschnitt entlang des Radweges hatte der städtische Bauhof links und rechts des Radweges einen rund 1 Meter breiten Streifen gemäht. Eigentlich eine tolle Sache, wenn der Grasschnitt nicht einfach auf dem Radweg liegen gelassen worden wäre.
Bei einem anderen Ortsteil unserer Gemeinde ist ein etwa 500 m langes Verbindungsstück vom Ort zur vorbeiführenden Bundesstraße voll gesperrt, da dort zur Zeit die Fahrbahndecke auf einer Brücke saniert wird. Dort stehen auch die üblichen Absperreinrichtungen inklusive des Verkehrszeichens 250 (Verbot für Fahrzeuge aller Art). Leider stehen diese Absperrungen so auf der Straße, dass man bequem mit dem PKW daran vorbeifahren kann. Und da auf der Brücke nur die Decke abgefräst ist, wird dies von nicht gerade wenigen Autofahrern auch genutzt. Neben dieser Straße verläuft nun der Radweg. Dieser sollte eigentlich ohne Probleme benutzbar sein. Aber jetzt kommt der Clou. Dieser Radweg ist im Baustellenbereich durch mehrere Baufahrzeuge (Minibagger, Radlader usw.) komplett versperrt, so dass man durch die Baustelle fahren muss. Wieso stellt die Baufirma nicht die Baufahrzeuge auf die normale Fahrbahn? Dann könnten zumindest die vielen PKW nicht illegalerweise die Abkürzung nutzen.
Entlang vielbefahrener Straßen ist auch die Vermüllung der Radwege ein Problem. Vor allem liegen dort viele Glasscherben. Scheinbar ist den Leuten heute ein Flaschenpfand von 8 Cent nicht mehr Anreiz genug, die Flaschen abzugeben statt sie aus dem fahrenden PKW auf den Radweg zu werfen.
Außerdem wird der Radweg ja nicht nur von den sportlichen Radfahrer genutzt. Bei schönem Wetter ähnelt die Benutzung eines Radweges eher einem Vollkontaktslalom zwischen Genuß-Radlern, Inlinern, Läufern, Walkern und Spaziergängern. Außerdem sind überproportional viele Leute auf den Radwegen unterwegs, die ihre Schätzchen "Gassi" führen. Und da ein großer Teil meines gestern genutzten Radweges Teil des Lahntalradweges ist, sind an schönen Wochenenden natürlich auch viele Radwanderer mit Kindern unterwegs.
Und zum Abschluss nun noch der Hit. Auf einem Teilstück des Radweges, welches gerne als Abkürzung zum heimischen Haus und Hof von PKW-Fahrern genutzt wird, hat mich eine ungeduldiger Autofahrer (durch Hupen und aggressives Auffahren) dazu genötigt, den Radweg zu verlassen und kurz anzuhalten.
Soviel zu den gestrigen Eindrücken auf etwa 20 km Radweg durchs herbstliche Mittelhessen.
Aber es geht nicht nur darum, sich zu wundern und aufzuregen. Wenn man die Probleme erkennt, sollte man nach Möglichkeit auch Vorschläge zur Verbesserung machen können.
Meiner Meinung nach könnte man (wenn die Politik wollte) in der StVO auch entsprechende Ausnahmen von der Radwege-Benutzungspflicht zulassen. Beispielsweise könnte man ja auf Antrag Personen mit berechtigtem Interesse von der Benutzungspflicht ausschließen. Dieses Privileg könnte man Sportlern, die in einem Rad- oder Triathlonverein Mitglied sind und zu Trainingszwecken die öffentliche Straße nutzen, zubilligen. Das hätte auch den Vorteil, dass diese Sportler durch die Vereinsmitgliedschaft auch über eine entsprechende Sportversicherung abgesichert sind. Außerdem werden so die anderen Nutzer der Rad- und Gehwege nicht durch "rücksichtslose" Rad-Raser gefährdet. Rein theoretisch gibt es laut § 46 Absatz 1 Nr. 1 StVO diese Möglichkeit, aber praktisch spielt diese Ausnahme wohl keine Rolle.
Vielleicht haben ja irgendwann in gefühlt 32000 Jahren die Radfahrer eine größere Lobby als die Autofahrer. Dann könnten meine Träume vielleicht wahr werden. Aber bis dahin wache ich jeden Morgen auf und stelle fest, dass sich leider doch nichts geändert hat.
Ach ja, einen Lichtblick hätte ich fast vergessen zu erwähnen: Irgendwann hat ein Oberlandesgericht mal entschieden, dass man einen Radweg nicht benutzen muss, wenn dieser objektiv ohne eigene Gefährdung nicht nutzbar ist. Im vorliegenden Fall war der Radweg durch Dreck und Glasscherben stark verschmutzt.
Und nun wünsche ich allen einen frohen Start in die neue Woche. Sport frei !!