Für mein Verständnis ist die Würde des Menschen nur dann nicht angetastet, wenn seine Freiheit nicht angetastet wird.
Sehe ich nicht so.
Deine Freiheit wird überall angetastet, wo Du Dich an Regeln halten musst. Nach Deiner Argumentation würde jedes Gesetz die Würde des Menschen angreifen, weil es seine Freiheit einschränkt.
Ich kann nachvollziehen, dass Du stark von der Freiheit des Einzelnen her argumentierst: Der Staat habe sich so weit wie möglich herauszuhalten.
Deine Freiheit kannst Du aber nur in der Gemeinschaft mit anderen tatsächlich leben: Nur weil wir eine Gemeinschaft aus vielen Individuen sind, kannst Du verhältnismäßig frei leben. Soldaten schützen Dich vor Angriffen, Polizisten verteidigen Deine Unversehrtheit, Staatsanwälte sorgen für Dein Recht, Mediziner kümmern sich um Deine Krankheiten, Bauern ernten das Korn und Bäcker backen Dein Brot. Ohne sie wärst Du nur theoretisch frei, nicht aber tatsächlich.
Freiheit lässt sich daher nicht allein vom Einzelnen her denken. Sie muss auch von der Gemeinschaft her gedacht werden. Damit Eigennutz und Gemeinnutz in eine gute Balance gebracht werden, leisten wir uns einen Staat als Verwaltungsorgan unserer individuellen und gemeinschaftlichen Interessen.
Um möglichst frei sein zu können, wollen wir, dass der Staat gut funktioniert. Auch seine Regeln und Gesetze. Sie schränken uns ein, bedingen aber gleichzeitig unsere Freiheit.
Deine Freiheit wird überall angetastet, wo Du Dich an Regeln halten musst. Nach Deiner Argumentation würde jedes Gesetz die Würde des Menschen angreifen, weil es seine Freiheit einschränkt.
Natürlich nicht grundsätzlich. aber Gesetze müssen sich auf Punkte begrenzen, die tatsächlich stark in die Freiheit anderer eingreifen können. Alles andere (z.B. Sachen unter dem Motto "man muß die Leute vor sich selbst schützen") ist dann häufig Überregulierung, die unnötig die Freiheit begrenzt, und dem Individuum die Fähigkeit abspricht, Eigenverantwortung zu übernehmen. Es ist am Ende eine Frage des dahinterstehenden Menschenbildes.
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Ich kann nachvollziehen, dass Du stark von der Freiheit des Einzelnen her argumentierst: Der Staat habe sich so weit wie möglich herauszuhalten.
Völlig richtig. Den Staat sehe ich im Idealfall als Dienstleister, der mir Rechtssicherheit, Infrastruktur, und eine gewisse physische Sicherheit anbietet für die Steuern, die er von mir kassiert, aber ansonsten den Menschen größtmöglichen Spielraum für individuelle Entfaltung bieten soll.
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Deine Freiheit kannst Du aber nur in der Gemeinschaft mit anderen tatsächlich leben: Nur weil wir eine Gemeinschaft aus vielen Individuen sind, kannst Du verhältnismäßig frei leben.
Das verstehe ich nicht ganz, klingt so, daß ich allein auf einer Insel gar nicht frei leben könnte, nur in der Gemeinschaft, das meinst Du wohl kaum. Deine Beispiele haben für mich eher mit Sicherheit und Rechtsstaat zu tun, nicht mir Freiheit. Ich kann auch frei sein, wenn ich mein Brot selber backen muß, oder eine schlechte medizinische Versorgung habe - aber ich bin nicht frei, wenn ein Gesetz z.B. eine Brotsorte verbietet, oder ich zu einem medizinischen Eingriff genötigt werde, oder diese mir verwehrt wird (egal wer diese bezahlt).
Zitat:
Zitat von Klugschnacker
Freiheit lässt sich daher nicht allein vom Einzelnen her denken. Sie muss auch von der Gemeinschaft her gedacht werden.
Nein, Freiheit ist ein reines Individualrecht, auch wenn sie gewisse Grenzen haben muß, wenn wir in einer Gemeinschaft leben.
Damit Eigennutz und Gemeinnutz in eine gute Balance gebracht werden, leisten wir uns einen Staat als Verwaltungsorgan unserer individuellen und gemeinschaftlichen Interessen.
Das stimmt zum Teil, aber nicht ausschließlich, finde ich:
Ich glaube, daß die folgenden Zitate sehr gut die Rahmenbedingungen beschreiben, die Freiheit bedingen oder zerstören. Leider sind wir aktuell in diesem Land auf einem guten Weg, durch die polarisierte, hetzerische Atmosphäre von verschiedenen Seiten diese Rahmenbedingungen zu zerstören.
Längst überfällig und sie bestätigen das selbst fast täglich - heute z.B. wurde das selbst so bezeichnete "freundliche Gesicht des Nationalsozialismus" in den Vorstand der bisher um Mäßigung bemühten NRW-Afd gewählt:
Längst überfällig und sie bestätigen das selbst fast täglich - heute z.B. wurde das selbst so bezeichnete "freundliche Gesicht des Nationalsozialismus" in den Vorstand der bisher um Mäßigung bemühten NRW-Afd gewählt:
Anwalt Jun erklärt:
"Die [beabsichtigte] Einstufung [als gesichert rechtsextrem] kann für Anhänger und Mitglieder der AfD zum Karrierekiller werden, wenn sie sich bei individueller Prüfung nicht eindeutig zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen, sondern stattdessen auf schnelle Machtergreifung setzen."