Jetzt würde mich aber doch wirklich mal deine Interpretation des Gesagten interessieren. Was hat sie mit Neuland gemeint? Welche Möglichkeiten?
Wie ich bereits sagte: Es gibt da wenig zu interpretieren. Sie hat sich klar ausgedrückt. Die Frau ist Physikerin.
Wenn Sie "Internet" sagt, dann meint sie auch "Internet" - einen Rechnerverbund zum weltweiten schnellen Austausch von Daten, an dem mittlerweile ein Großteil der Menschen in den Industrienationen angeschlossen ist.
"Neuland" heißt wohl übersetzt "ich hatte ja keine Ahnung, was damit alles möglich ist". Aber hier fange ich schon fast an zu interpretieren. Ich denke, es ist nicht notwendig, das Gesagte zu paraphrasieren weil sie es bereits sehr bildhaft und einleuchtend ausgedrückt hat.
Ich mag also nichts, was schon offensichtlich ist, wiederkäuen - ein Witz, den man erklären muss, ist nicht mehr sehr witzig - sondern nun doch noch ausführen, wie ihre Position auf mich wirkt und welche Schlüsse ich daraus ziehe:
In dem "Neuland", von dem sie redet, leben seit über 20 Jahren Menschen. Für diese ist das kein Neuland, sondern ihre Heimat, in der sie sich eingerichtet haben. Ich ziehe hier - wie viele andere - die Parallele zur "Entdeckung" Amerikas. Für diejenigen, die schon vorher dort waren, war das keine gute Sache.
Dass Angela Merkel nun das Internet entdeckt hat, verheißt nichts Angenehmes. Die Reservate warten schon.
Sie spricht einmal von "Möglichkeiten", dann aber von "Gefährdungen", "Feinden und Gegnern", und "in Gefahr bringen". Für Angela Merkel ist das Internet nicht die größte Errungenschaft der letzten 50 Jahre, sondern in erster Linie eine Gefahr.
Dort, wo sie Möglichkeiten sieht, fürchte ich, beziehen sich diese auf die optimale Durchleuchtung des Bürgers und noch mehr Kontrolle - oder darauf, dass der Regierungssprecher mal eben kurz die Bedeutung einer Aussage auf Twitter zurechtbiegen kann.
Der Politik ist das "Neuland" Internet, zur Größe gebracht als universelles Werkzeug zum freien Austausch von Informationen und Gedanken über alle Grenzen hinweg, zu mächtig. Oder worauf es wirklich ankommt: Der Benutzer hat damit zu viel unkontrollierte Macht in der Hand. Deshalb muss das Neuland von den Entdeckern besiedelt und in Parzellen aufgeteilt werden, die Ureinwohner müssen mal vernünftige Klamotten bekommen und zivilisiert werden, und einen Sherriff braucht es auch, gerne auch noch ein paar Deputies. Das Werkzeug soll angepasst und entschärft werden.
Die Konsequenz für mich, dem die Grenzenlosigkeit des Internet lieb ist und der Meinungsfreiheit für eine der größten gesellschaftlichen Errungenschaften hält, ist, dass ich mein Kreuz woanders machen muss. Wo? Wäre schön wenn die Entscheidung einfach wäre. Die Alternativen sind nicht berauschend.
Mit Vorratsdatenspeicherung, Zugangsbeschränkungen und Staatstrojanern zumindest fängt man meine Stimme nicht.
Dafür, dass ich innerlich den Thread schon geschlossen hatte, habe ich ja nun doch sehr viel geschrieben. Ich hoffe, das war es dann auch.
Ich finde, du widersprichst dir hier selbst. Erst sagst du, Frau Merkel entdeckt hier etwas ganz neu, was sie vorher nicht kannte und womit sie nichts anfangen kann.
Dann schreibst du, dass sie vor den Möglichkeiten x, y und z Angst hat und dagegen Maßnahmen a, b und c ergreifen möchte, was dir nicht gefällt.
Dafür, dass sie vor 5 Minuten erst erfahren haben soll, was das eigentlich ist, ist mir das alles zu konkret. Widerspruch.
Und nochmal zur ersten Aussage (man braucht das nicht Interpretieren). Wir reden hier über natürliche Sprache. Die ist nie widerspruchsfrei. Selbst mathematische oder juristische Sprache ist nicht immer widerspruchsfrei, obwohl das ihr Ziel ist. Wie soll man dann erst von natürlicher Sprache, in der ein Haufen an Worten mehrere Definitionen im Duden besitzt, erwarten, dass sie eindeutig wäre und keinen Interpretationsspielraum besitzen würde?
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Zitat:
Zitat von captain hook
Heute wird ja schon zum Bikefitter gerannt, bevor man überhaupt weiß, wie man ne Kurbel im Kreis dreht.
Ich finde, du widersprichst dir hier selbst. Erst sagst du, Frau Merkel entdeckt hier etwas ganz neu, was sie vorher nicht kannte und womit sie nichts anfangen kann.
Dann schreibst du, dass sie vor den Möglichkeiten x, y und z Angst hat und dagegen Maßnahmen a, b und c ergreifen möchte, was dir nicht gefällt.
Dafür, dass sie vor 5 Minuten erst erfahren haben soll, was das eigentlich ist, ist mir das alles zu konkret. Widerspruch.
Du vermengst zwei Dinge, die man redlicherweise getrennt betrachten sollte: Ihre Aussage und meine Meinung. Ich habe bewusst versucht, die voneinander abzugrenzen.
Du hattest mich explizit nach meiner persönlichen "Interpretation" gefragt, die ich aus den beschriebenen Gründen verweigert habe. Dass ich Dir statt dessen meine Einschätzung zu den Folgen mitteile, kannst mir jetzt nicht zum Vorwurf machen. Ob diese meine Einschätzung, basierend auf der Beobachtung der Vergangenheit, mit der Realität übereinstimmt, wird sich zeigen. Da bin ich aber leider recht zuversichtlich.
Zitat:
Zitat von sbechtel
Und nochmal zur ersten Aussage (man braucht das nicht Interpretieren). Wir reden hier über natürliche Sprache. Die ist nie widerspruchsfrei. Selbst mathematische oder juristische Sprache ist nicht immer widerspruchsfrei, obwohl das ihr Ziel ist. Wie soll man dann erst von natürlicher Sprache, in der ein Haufen an Worten mehrere Definitionen im Duden besitzt, erwarten, dass sie eindeutig wäre und keinen Interpretationsspielraum besitzen würde?
Das kommt eben auf den Kontext an. Der Satz "Das Internet ist für uns alle Neuland." kann für sich alleine stehend natürlich falsch interpretiert werden, wenn nicht bekannt ist, was vorher und danach gesagt wurde. Genau um das zu vermeiden, habe ich so viel Kontext mitgegeben, dass man erkennen kann, dass dort keine gegensätzlichen Gedanken finden. Wenn man natürlich trotzdem sagen möchte, "das war ganz anders gemeint", so kann man das natürlich, muss sich dann aber auch den Vorwurf gefallen lassen, ein Spin Doctor zu sein.
Mir ist nicht klar in wieweit der Kontext irgendwie Klarheit gebracht haben soll. Für mich ist auch mit dem gegebenen Kontext nicht klar, was gemeint gewesen ist und ich halte mich deswegen an das, was von Herrn Seibert im Nachhinein ergänzt wurde. Du siehst das anders und ich denke, dass wir hier auch nicht weiter kommen. Wenn du damit einverstanden bist (und das scheint mir der Fall zu sein), lassen wir es so stehen, dass ich etwas anderes verstanden habe als du und umgekehrt?
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Zitat:
Zitat von captain hook
Heute wird ja schon zum Bikefitter gerannt, bevor man überhaupt weiß, wie man ne Kurbel im Kreis dreht.
Mir ist nicht klar in wieweit der Kontext irgendwie Klarheit gebracht haben soll. Für mich ist auch mit dem gegebenen Kontext nicht klar, was gemeint gewesen ist und ich halte mich deswegen an das, was von Herrn Seibert im Nachhinein ergänzt wurde. Du siehst das anders und ich denke, dass wir hier auch nicht weiter kommen. Wenn du damit einverstanden bist (und das scheint mir der Fall zu sein), lassen wir es so stehen, dass ich etwas anderes verstanden habe als du und umgekehrt?
Das scheint mir das Vernünftigste zu sein...
...denn ich sehe wenig Hoffnung, dass Du noch zur Besinnung kommst.
Das ist eine gute Gelegenheit, sich an die Vorbereitung des Abendessens zu machen. Vergnüglichen Nachmittag/Abend noch!
Gestern hatten wir an der TU Darmstadt Adi Shamir (das "S" in RSA) zu Gast und wie man sich denken kann, hat er über Crypto gesprochen
Vorweg: Die Frage eines Anwesendend, was für Herrn Shamir ein sicheres Computersystem sei, beantwortete er mit: "Ein Computer ohne Strom in einem Faradayschen Käfig 5m tief in der Erde vergraben"
In seinem Vortrag ging es vor allem um die Möglichkeiten, RSA basierte Systeme zu knacken. Er betonte zwar auch noch mal, dass vom mathematischen Standpunkt RSA sicher sei, aber die Möglichkeiten zum Angriff sind trotzdem unfassbar. Ich will jetzt auch gar nicht alles wiederholen (z.B. (absichtliche) Hardwarebugs ...), aber zwei Angriffsarten sind so abstrus, dass ich sie hier doch mal zur Schau stellen möchte.
Erstens: Abhören! Jetzt werden also nicht mehr nur Telefonate abgehört, sondern auch die Computer. Verschiedene Rechenoperationen erzeugen verschiedene Audiomuster, und zwar besonders auf bestimmten Frequenzbereichen. Wenn man eine Berechnung mehrfach durchführt, kann man die anderen Störgeräusche sehr gut rausfiltern. Ergo: Ich belausche eine Entschlüsselung mehrfach und habe dann das Tonmuster der Entschlüsselung, bereinigt von anderen Operationen des Computers. Anhand dieses Tonmusters kann ich bestimmte Phasen der Berechnung identifizieren. Aufgrund des gängigen Implementation von RSA gibt es eine zum Key ziemlich eindeutige Folge von Quadrierungs- und Multiplikationsphasen, die sich eben abhören lassen und daraus den privaten Schlüssel zurück konstruieren lassen.
Zweitens: Spannung messen. Selbes Prinzip wie davor, nur mit Spannung statt Ton. Es reicht, einfach an einem USB-Port die Betriebsspannung des Rechners zu messen. Selbst wenn der USB Port eigentlich deaktiviert ist, lässt sich die Spannung messen. Und anhand der Spannungspegel lassen sich auch wieder die Phasen der Berechnung ermitteln.
Was bedeutet das für uns? Erstmal nicht so kritisch, denn dafür sind die wenigstens Menschen wichtig genug, als das man ihre Computer abhören und ihre Spannung messen würde. Aber z.B. in der Betriebsspionage allemal interessant, oder militärisches oder oder oder. Also für die großen Player allemal eine Gefahr.
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Zitat:
Zitat von captain hook
Heute wird ja schon zum Bikefitter gerannt, bevor man überhaupt weiß, wie man ne Kurbel im Kreis dreht.