Zitat:
Zitat von Hafu
In keinem Land der Welt geht man häufiger zum Arzt als in Deutschland, nämlich im Schnitt 12 mal. Andere Industrieländer mit ähnlicher Lebenserwartung (z.B. die skandinavischen Staaten) kommen mit 2 oder weniger Arztbesuchen pro Jahr aus ohne dass die Leute dort nennenswert kränker wären.
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Hier muss ich jetzt mal einhaken. Das kann man nicht vergleichen, wenn man nicht beide Systeme kennt. 33 Jahre Deutschland und nun ueber 5 Jahre Schweden zeigen ein dann auf, woran das liegt.
Es liegt nicht daran, dass Schweden weniger wehleidig sind, als Deutsche, sondern am Gesundheitssystem und was so in die Statistik kommt ...
Denn umgekehrt, haben die Schweden z.B. viel mehr Fehltage als die Deutschen, obwohl sie weniger zum Arzt rennen.
Fangen wir mal mit dem einfachsten Grund an, in Deutschland haben die Arbeitgeber gerne den gelben (er ist doch gelb?, schon so lange her) Schein vom ersten Tag an, wenn der Arbeitnehmer wegen Krankheit nicht kann. Hier braucht man den erst ab den 6. Arbeitstag.
Der erste Tag ist uebrigens ein Karenztag.
So war ich in den 5 Jahren noch nicht einmal vom Arzt krankgeschrieben, weil ich noch nie so lange nicht arbeitsfähig war.
In Deutschland hätte ich aber ein paar mal zum Arzt gemusst ...
Hier war ich erst 3mal beim Hausarzt, einmal zum Impfen (FSME), die anderen Male wegen Bursitis (rechte Schulter, linkes Knie).
Grippe, Magen-Darm, dafuer rennt man hier nicht zum Arzt, die wollen einen gar nicht da haben wegen der Ansteckungsgefahr. Selbst zur Arbeit soll man erst wiederkommen, wenn man 2 Tage beschwerdefrei ist, damit man seine Kollegen nicht ansteckt.
Der 2. Punkt ist, dass das schwedische System darauf getrimmt ist, Kosten zu reduzieren und nicht die Pharmaindustrie zu bedienen.
Kleinere Wehwehchen werden von ner Krankenschwester/nem Krankenpfleger behandelt, die hier mehr duerfen als in D, es ist hier auch ein Studien- und kein Lehrberuf.
Man wird hier tendenziell also eher abgewimmelt als zu unnötigen Untersuchungen geschickt, dabei passiert es aber auch, dass hin und wieder ne doch wichtige Untersuchung/Behandlung unterbleibt/zu spät kommt ...
Und man möchte auch als Patient nicht unbedingt Medikamente verschrieben bekommen, wenn man nichts ernstes hat, weil man die nämlich erst mal selbst löhnen darf, erst wenn man ne bestimmte Summe (ca. 180 EUR) innerhalb eines Jahres ueberschritten hat, zahlt man nicht mehr, bis das Jahr rum ist. Wer zahlt schon gerne 40 EUR fuer Antibiotika, wenn man sie gar nicht braucht?
Und dann wären da die unendlichen Wartezeiten fuer Fachärzte und OP´s ...
Da hat sich manches bis dahin von selbst erledigt ... (entweder Selbstheilung oder tot)
Meine Nachbarin hat 1 Jahr auf ihre Gallen-OP gewartet, mein Schwimmtrainer 6 Monate auf seine Meniskus-OP, auf nen Bypass kann man schon mal 6 Monate warten, was einige dann nicht mehr erleben duerften ...
Ein Arztbesuch kostet uebrigens rund 14 EUR "Praxisgebuehr" und zwar jedesmal und nicht nur pro Quartal, ein Facharzt 17 EUR.
Röntgen, Blut-/Urinuntersuchungen kosten extra ...
Dafuer zahlt man hier nicht extra Krankenversicherung, das Ganze ist steuerfinanziert.
In Deutschland ist das System nicht patienten- bzw. gesundheitsorientiert, sondern gewinnorientiert, in Schweden ist es nicht patientenorientiert, sondern auf Kostenreduzierung.
Unterm Strich sind beide fuer den Patienten gleich schlecht, in Deutschland allerdings teurer.