Und zu dem tollen Wort vollwertig hätte ich dann auch noch ne Frage, was bedeutet das? Ist das nur Marketing-Gebrabbel?
Liest man Wikipedia dazu, war das ursprünglich auch mal ne neue tolle Diät ...
Heutzutage wird vollwertig von der DGE festgelegt und wer da den größten Einfluss hat, muss man nicht lange nach googeln ...
Das Wort "vollwertig" als Leitbild der Ernährungsrichtlinien der DGE steht historisch in gerader Linie zur nationalsozialistischen "Vollkornbrotpolitik". Deshalb ist es m.E. auch nicht verwunderlich, warum insbesondere im deutschsprachigen Raum nach wie vor das Märchen vom überlegen gesunden Vollkornprodukt verbreitet wird. Die Nachkriegsgeneration der Ökotrophologen waren Altnazis, deren Kinder von ihren Eltern geprägt - und die heutige Generation, die die DGE leitet ist weitgehend geschichtslos.
"Esskultur und Versorgung der Nation wurden bereits in der frühen NS-Zeit zur nationalen Aufgabe erklärt. Der Reichsparteitag 1936 formulierte die "Nahrungs- und Wehrfreiheit" als vorrangiges Ziel des Vierteljahresplans. Ein wesentliches Mittel zur Durchsetzung dieses Ziels bestand in einer staatlich gelenkten Brotpolitik, die um die Verbreitung des damals kaum bekannten Vollkornbrotes bemüht war.
Seit den Neunzigerjahren des 19. Jahrhunderts hatte die Gruppe um die so genannten Brotreformer ein Verfahren entwickelt, um ein natürliches und gesundes Brot herzustellen. Die neue Brotsorte setzte sich aber zunächst allenfalls zögernd durch. Die Nationalsozialisten integrierten den neuen Brotgedanken schließlich in ihre Ideologie: Vollkornbrot sei gesund, nahrhaft und helfe gegen Karies, es sei gewissermaßen ein Nahrungsmittel, das den deutschen Volkscharakter in besonderem Maße unterstreiche.
1939 wurde die Vollkornbrotpolitik reichsweit institutionalisiert und ein Reichsvollkornbrotausschuss gegründet. Das Vollkornbrot entsprach den NS-Hygienevorstellungen. Das typisch arische Brot wurde den Volksgenossen über das Kartensystem zugeteilt, während Nichtarier vom Verzehr ausgeschlossen blieben.
Im weiteren Verlauf der NS-Herrschaft blieb die Brotpolitik bedeutend. Bis zum Ende schied das Brot zwischen Deutschen und Nichtdeutschen. Vollkornbrot hier - "Russenbrot" dort."
* Dazu insbesondere: Uwe Spiekermann, Vollkorn für die Führer. Zur Geschichte der Vollkornbrotpolitik im „Dritten Reich“, in: Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts, Band 16 (2001), S. 91
* Zum "Vater der Vollwertkost" Werner Kollath und seine ideologischen nationalsozialistischen Wurzeln:
Wenn man heute also bar jeglichen Geschichtsbewußtseins von "Vollwerternährung" spricht, sollte man sich ihre ideologische Verwurzelung bewußt machen. Insbesondere, wenn man andere Ernährungsformen (zb Paleo-Ernährung, die geschichlich und politisch völlig unbelastet ist da erst Ende der 1980er Jahre entwickelt) der "Ideologie" bezichtigt.
Abseits davon:
Die Gleichsetzung von "vollwertig" mit "Whole Food" als Gegenstück zu "Processed Food" ist sicherlich eine sinnvolle Auffassung. Wobei gerade beim vollen Korn die gesundheitlichen Risiken, die in den Phytochemika in den Randschichten des Korns lauern, mit denen sich die Pflanze vor Fraßfeinden schützt, gerne von der Vollkornlobby kleingeredet bzw. (bewußt oder unbewußt) verschwiegen werden.
Auch Hülsenfrüchte sollte man aus den gleichen Gründen nicht unbearbeitet (roh) essen und auch der Fleischverzeht bedarf einer Bearbeitung wenn man das Risiko von Vergiftungen (zb Salmonellen) oder Parasiten (zb Bandwurm) minimieren will.
Wenn man also "processed food" als Begriff bzgl. gesunder Ernährungsrichtlinien definieren will, so muss man zwischen der häuslichen Bearbeitung zb durch Kochen und der industriellen Bearbeitung unterscheiden.
Gruß Robert
Geändert von pinkpoison (13.09.2010 um 08:48 Uhr).
Robert, mit der selben Argumentation kann man aber auch gegen Sport zu Felde ziehen.
Der wurde von den Nazis (Höhepunkt Olympische Spiele) auch vereinnahmt und glorifiziert.
Nein, das seh ich nicht so. Der Begriff der "Vollwerternährung" nach Kollath und die Glorifizierung des Vollkornbrotes sowie dessen politisch gewollte und motivierte Bewerbung (siehe Politik der DGE und Ausbildung der Ernährungsberater bis heute) ist viel spezifischer nationalsozialistisch geprägt als die allgemeine Instrumentalisierung des Sports, die außerdem schon ins Kaiserreich zurückreicht (Turnvater Jahn) aber ebenfalls einen kriegsvorbereitende bzw "wehrkraftstärkende" Motivation hatte, wie in der NS-Zeit.
Man sollte nicht übersehen, dass der "Vollkornwahn" eine spezifisch deutsche Eigenheit ist, die in anderen Länder weit weniger ausgeprägt bis unbekannt ist und sich m.E. nur nachvollziehen läßt, wenn man dessen historische Wurzeln kennt.
Der (olympische) Sport der Neuzeit hingegen ist ein aus der Idealisierung der Antike entstandenes kulturelles Phänomen, das sich in nahezu der ganzen Welt verbreitet hat. Dass der Sport immer wieder politisch instrumentalisiert wurde und wird ist natürlich richtig - aber kein typisch deutsches Phänomen, was im Falle von "Vollwert" und "Vollkorn" der Fall ist.
Ich sehe da Robert nicht zu Felde ziehen, sondern lediglich über die Begrifflichkeit und deren Herkunft informieren.
Skunkworks, bitte ...
ich schätze deine beiträge, deshalb eine antwort/info
Zitat:
Der Begriff Vollwertkost wurde zwar erst von Werner Kollath 1942 eingeführt, das Prinzip wurde jedoch bereits Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt, unter dem Einfluss der Naturheilkunde und der Lebensreform-Bewegung.
...
Der Naturheilkundler und Vegetarier Theodor Hahn (1824–1883) gehörte zu den Befürwortern von Vollkornbrot und soll um 1863 als erster das Grahambrot in Deutschland eingeführt haben.
...
Als ein Pionier der Vollwertkost gilt der Schweizer Arzt Maximilian Bircher-Benner (1867–1939), der unter anderem das Müsli erfand.
ja!
und das singen von volksliedern erst;schlimmer noch: die bösen autobahnen....
mit ideologie und dogmatismus kann man sich alles schön oder schlechtreden
Ich kann nur hoffen, dass nicht jemand hier allen Ernstes einen Beitrag postet, der, im Hinblick auf Vollkornbrot und Bau der Autobahnen (die bereits vor 1933 in Planung waren), in die Richtung geht, dass nicht alles schlecht war, was die Nazis gemacht haben...