Es ist scheinheilig, sich darüber zu beschweren, daß gesellschaftliche Gruppen gegeneinander ausgespielt werden, und dann selbst eine Gruppe als neues Feindbild ("die ganz oben", die "Reichen", ...) einzuführen. Das befeuert das Gegeneinander noch weiter. Die Linke hat (wie alle anderen auch) auch gute Ideen im Programm, aber gerade sie halte ich für besonders spaltend in ihrem klassenkämpferischen Ansatz.
Die soziale Wirklichkeit inform der Vermögensungleichheit hat sich in den letzten 30 Jahren deutlich vergrössert, wie jede Statistik beweist. (siehe die Oxfam Berichte z.B.). Diese Ungleichheit anzusprechen und verringern zu wollen, bedeutet einen Schritt in Richtung einer sozialeren Gesellschaft. Scheinheilig ist es hingegen, diese Realitäten zu verleugnen und zu beschönigen und dabei die Taschen auf Kosten der Armen zu füllen.
So kann man Diskussionen, die wirklich Neues hervorbringen könnten, durch Übermoralisierung und ad hominem-Angriffe abwürgen. Wer sich im Bereich von Ideen-Generierung, Brainstorming u.ä. auskennt, weiß, daß gerade die absurden, provokanten, erst mal unmöglichen Ideen am ehesten zu wirklich Neuem führen. Nicht weil sie richtig sind, sondern weil sie das Denken erweitern, in unbetretene Bahnen lenken können. Entscheidend wäre, auch Unsinn oder Unmögliches (oder den Sprecher) nicht einfach moralisch abzutun, sondern es als Anregung zum Weiterspinnen, Detaillieren und Differenzieren zu nehmen. Natürlich darf hier im Forum jeder einfach aussteigen, wir haben hier nicht die Verantwortung, eine Lösung zu finden. Aber leider hat sich dieser Ton auch im Politischen etabliert, was m.M.n. eines der übelsten Hemmnisse für jede grundlegend bessere Neuausrichtung von Themen wie Renten-, Gesundheits- oder Sozialpolitik darstellt.
Ich finde, Jimmi bringt das Problem auf den Punkt:
Dabei zeigt sein Beispiel gerade, daß die Welt nicht so einfach schwarz-weiß ist, wie man es gerne hätte, und man besser täte, sich weniger auf die Moral allein zu konzetrieren.
Sehe ich genauso, danke Schwarzfahrer.
Durch diese dämlichen Shitstorms fehlt mittlerweile den meisten der Mut, kontroverse Themen anzusprechen. Auch in der Politik.
Und um richtige Reformen anzustossen, braucht es Mut. Weil Reformen Einsatz und auch Opfer bedürfen. Dazu braucht es Zusammenhalt in der Gesellschaft. Da wir aber gerade mehrheitlich aus Selbstoptimierern bestehen, hat keiner Bock für andere was abzugeben.
USA hat Mut, China hat Zusammenhalt. Für mich Gründe, warum sie viel erfolgreicher sind als wir.
Es wurde mal gefragt, was ich für tiefgreifende Reformen nennen kann. Also, Rente. Aber auch ran an die Vermögenden. Wer braucht 1 Mrd EUR zum Leben???
Ab 10 Mio 5% Steuer. Jede zusätzliche 0 am Vermögen +5%, 100 Mio 10% usw.
Das ist doch eine zutiefst moralische und philosophische Diskussion.
Eine Freundin von mir war/ist Expertin für "rare diseases" wie Morbus Waldenström. Obwohl es nur eine Hand voll Patienten in Deutschland gibt, liegt eine Medikation im Interesse von Pharmagruppen, weil die Behandlungskosten pro Jahr im sechsstelligen Bereich liegen. Die Frage, warum man Leute nicht einfach sterben lässt, wurde von Ihr nicht beantwortet, sondern als Affront aufgefasst und war ein weiterer Sargnagel unserer Beziehung.
Ein gesellschaftlicher Konsens ist kaum möglich und wird auch von den entsprechenden Interessengruppen unterminiert.
Ich finde es mehr als unglücklich, eine solche Diskussion einzelner Krankenbehandlungen an die Spitze der Diskussion über Reformen im Gesundheitswesen zu setzen wie Streeck das z.B. getan hat statt über strukturelle Reformen zu sprechen. Seine Thesen sind für mich das beste Beispiel, wie man Patienten bzw. versicherte Einzahler gegeneinander ausspielt.
Ich bin 78 und kann aus eigenen Erfahrungen als Patient vergewissern (kenne seit diesem Jahr die onkologischen und nuklearmedizinischen Behandlungen und Stationen, palliative und curative), die Frage nach dem Sinn der Anwendung der Leitlinien Standard Medizin wird nach meinen Erfahrungen im Klinikalltag durchaus immer auch individuell nach dem Alter, im besten Fall dem biologischen, abgewogen und mit den Patienten besprochen.
Ginge es nach Streeck wäre ich mit hoher Wahrscheinlichkeit verstorben statt jetzt Wanderungen zu machen, zu schwimmen oder radzufahren. Ob die curative Radiochemobehandlung plus OP mein Leben um mehr als 5 Jahre verlängern oder um 1, weiss individuell kein Fachmann / Gutachten zu beantworten (statistisch: 50 %). Im Prinzip möchte ich doch selbst entscheiden, wann ich eine Sterbehilfeorganisation und wann noch eine curative Behandlung auf mich nehme, solange diese den fachlich-medizinischen Leitlinien entspricht.
Meiner Ansicht nach ist das Wesen von Sozial-Versicherungen, dass alle Personen nach Einkommen proportional einzahlen, damit dann weniger Personen gegen sonst für sie nicht bezahlbare Leistungen eben versichert sind.
Ich finde es mehr als unglücklich, eine solche Diskussion an die Spitze der Diskussion über Reformen im Gesundheitswesen zu setzen wie Streeck das z.B. getan hat. Seine Thesen sind für mich das beste Beispiel, wie man Patienten gegeneinander ausspielt.
Ich bin 78 und kann aus eigenen Erfahrungen als Patient vergewissern (kenne seit diesem Jahr die onkologischen und nuklearmedizinischen Behandlungen und Stationen, palliative und curative), die Frage nach dem Sinn der Anwendung der Leitlinien Standard Medizin wird nach meinen Erfahrungen im Klinikalltag durchaus immer auch individuell nach dem Alter, im besten Fall dem biologischen, abgewogen und mit den Patienten besprochen.
Ginge es nach Streck wäre ich mit hoher Wahrscheinlichkeit verstorben statt jetzt Wanderungen zu machen, zu schwimmen oder radzufahren. Ob die curative Radiochemobehandlung plus OP mein Leben um mehr 5 Jahre verlängern oder um 1 weiss individuell kein Fachmann / Gutachten zu beantworten (statistisch: 50 %). Im Prinzip möchte ich aber selbst entscheiden, wann ich eine Sterbehilfeorganisation und wann noch eine curative Behandlung auf mich nehme, solange diese den fachlich-medizinischen Leitlinien entspricht.
Meiner Ansicht nach ist das Wesen von Sozial-Versicherungen, dass alle Personen nach Einkommen proportional einzahlen, damit dann weniger Personen gegen sonst für sie nicht bezahlbare Leistungen eben versichert sind.
Nein, du musst nicht sterben. Du müsstest nur die Behandlung selbst bezahlen, wenn es dir so wichtig ist. Das verbietet dir keiner.