Zu den einzelnen Strecken wurde ja schon berichtet, daher hier nur noch der Rennbericht. Vielleicht interessiert es ja jemanden.
Schwimmen
Einsortiert hatte ich mich bei 1h. Aus dem Training heraus hätte ich mir eine 1.03 - 1.05 gegeben. Durch den Wellengang und das offene Meer ist das aber auch immer eine Wundertüte.
Ich bin gut ins Wasser gekommen, habe schnell meinen Rhytmus gefunden. Bis zur ersten Wendeboje hatte man etwas "Rückenwind" und ist mit den Wellen geschwommen. Nach der Wende bis zum Einschwimmen in den Kanal und Hafen waren dann aber hohe, ruppige Wellen. Gegen die Wellen habe ich versucht möglichst geschützt zu schwimmen. Heißt: im Optimalfall hatte ich links jemanden neben mir um mich etwas von den Wellen zu schützen und vor mir jemanden, dessen Füßen ich folgen konnte.
Hat mehr oder weniger gut geklappt. Zwischendurch musste ich immer wieder übers Limit gehen um nicht abreißen zu lassen.
Als es dann um den Leuchtturm in das Hafenbecken gehen, wurde es wieder super ruhig. Das hatte schon eher was vom Schwimmen in Kanal in Roth.
Nach genau 1.00h bin ich aus dem Wasser. Konnte es kaum glauben beim kurzen Blick auf die Uhr.
Meine bisherige PB lag bei 1.05h in Klagenfurt 2024.
Radfahren
Radfahren absolut meine Stärke. Anfangs hatten wir guten Rückenwind und ich permanent 45-50 auf dem Tacho. Da nur meine Freundin als Support da war und selbst zur Radstrecke gefahren ist, hatte ich nach dem Schwimmen keine Info über Abstände.
Mein Plan war, bis ca km36 möglichst hart zu fahren, da dort der Straßenbelag noch in Ordnung war. Beim Recon hatte ich ab da bis ca. km50 sehr schlechten Asphalt ausgemacht. Um da nicht durch die Menge zu müssen, wollte ich schnell vorne sein.
Nach ca 30km rief ein Franzose irgendwas von "huit, neuf, dix". Ich vermutete er meinte die Positionen. Also schon mal gut voran gekommen.
Bis dahin standen auch fast 46kmh im Schnitt auf dem Tacho. Der Wind hat gut geschoben

Ab da habe ich dann versucht meine angepeilte Pace zu fahren.
Die schlechte Asphaltpassage bin ich dann sehr gut durchgekommen. Keine Flasche verloren, keine Defekte, keine gefährlichen Situation mit anderen. Läuft!
Weiter auf der Strecke war es eigentlich immer wie folgt: Leichter Anstieg um 2-4% hoch. Dann wieder runter. Scharf abbiegen, Hügel hoch, Hügel runter. So richtig flach war es kaum.
Nach 60km kamen die ersten Probleme...linker Fuß wurde taub. Ich hatte das so vorher noch nie. Zum Hintergrund: Ich hatte am Montag in der Rennwoche den Ischias eingeklemmt. Dank eines netten französichen Ostephaten konnte ich überhaupt starten, wusste aber bis Sonntags nicht wie es um das Laufen steht.
Radfahren war in der Rennwoche kein Problem. Nun schien aber was anderes im Rücken zu klemmen.
Am Pacing hat mich das nicht gehindert, der Taube Fuß war ja im Schuh eingeklickt.
Später auf der Laufstrecke hat sich das Ganze aber nahezu sehr sehr gerächt.
Die Kilometer verflogen. Wie es halt so ist. Treten, Essen, Trinken, Flaschen aufnehmen, Kühlen etc.
Die Helfer in den VPs waren super. Die Flaschen wurden auch bei hohem Tempo sauber übergeben. Ich habe jede Flasche, die ich wollte, bekommen.
Nachteil: Es gab Wasser nur aus den schönen, dünnen Plastikflaschen die aus jedem Halter in weniger als 3 Sekunden rausfliegen.
Radflaschen gab es nur mit dem Precision Fuel gefüllt.
Bei der ersten VP habe ich daher meine Ernährung etwas umgestellt.
Ich habe eine Gelfalsche mit ca. 400g Carbs, zusätzlich 4 MNSTRY Gels im Rahmen und 2 60g Radflaschen und 1 Wasserflasche als Basis.
Ich habe in meiner Gelflasche schon eine gehörige Menge Salz. Heißt also: Ich brauche nur Wasser auf dem Rad von extern. Da ich keinen Tank habe, sondern nur Flaschenhalter, habe ich entschieden, meine Notfallsgels direkt zu nutzen, meine 60g Flaschen zu trinken und in den VP jeweils 2 Radflaschen anzunehmen (dann mit Elektrolyten).
Um nicht zu viel Salz reinzuhauen, habe ich meine Gelflasche dann weniger frequent genutzt, dafür die Gels + die Elektrolytflaschen von Ironman.
So konnte ich zumindest sicherstellen, dass ich genug Flüssigkeit am Rad habe und nicht schon auf dem Rad trocken laufe. Insgesamt waren es mit Geld, Flaschen, Riegel ca 500g Carbs auf dem Rad (Schätzungsweise)
Die Taktkumstellung hat sich gut bezahlt gemacht. Ich konnte die gesamt Radstrecke ohne großen Leistungsabfall oder Hungergefühl durchtreten.
Als erster Amateur bin ich dann vom Rad gegangen und hatte ca. 2 Minuten Vorsprung.
Laufen
Hier kam die große Ungewisse. Ich konnte in der Woche keinen Tag schmerzfrei laufen, Die Blockade im Rücken war noch nicht wirklich frei für einen Marathon, Ich verschwendete aber erstmal keine Gedanken dran, es nicht zu versuchen. Adrenalingeladen, voller Euphorie bin ich los.
Der Rücken war soweit im Rahmen. Auf einer Schmerzskala war es so eine 3-4/10.
Mein größeres Problem war aber mein linker Fuß. Immer noch taub vom Rad war da nichts zu spüren.
Ich wollte eine Pace irgendwo 4.05-4.10/km laufen.
Durch die ganzen Ungewissheiten habe ich meine Laufuhr aber so eingestellt, dass ich keine Pace sehe und rein nach Gefühl und Schmerzlevel laufen wollte.
Und das ging anfangs auch recht gut,
Kilometer für Kilometer verstrich, ich war auch noch in Führung. Nach 10km wurde der Druck von hinten höher. Aus 2 Minunten wurden 30 Sekunden. An den Wendepunkten konnte ich dann schon die Sekunden zählen, wann ich überholt wurde.
Nach 15km war es dann soweit.
Platz 1 war futsch, Platz 2.
Ich hatte mittlerweile aber einen so krummen Laufstil, dass die gesamte Laufbelastung in die Oberschenkel ging. Mein Rücken war mittlerweile eher wie ein Sandsack, die Schmerzskala ging auch nicht runter.
Von meiner Freundin hatte ich 2 mal auf der Laufstrecke eine Info über die Zeitabstände.
Nach 20, 22, 24 ging es dann los. Beide Oberschenkel waren durch meinen Kack-Laufstil so dicht, dass jeder falsch überlegte Schritt ein Krampf hätte sein können.
Also Tempo raus. Besser 20km im 5er Schnitt laufen, nachher komplett gehen zu müssen.
Ab km25 war es dann eigentlich nur noch ein Kampf gegen den Krampf. In den VP bin ich gegangen um möglichst viel zu trinken (... es waren laut meiner Uhr mittlerweile 36 Grad in der Sonne...), gut zu essen und weiter anlaufen zu können.
Mit der Taktik fuhr ich dann eigentlich ganz gut. Wurde dann aber auch von Platz 2 auf 3 geschoben.
Auf den letzten 8km habe ich meiner Freundin dann gesagt, sie soll bitte keine Zeiten mehr durchgeben, da ich mich nur noch auf mich konzentrieren konnte und wollte. Platzierungen waren ab dem Moment egal, ich wollte nur noch ohne Krampfen durchkommen. Ein Krampf hätte zu 100% das Ende bedeutet, zu dem Aufstehen wäre ich nicht mehr bereit gewesen.
Die letzten Kilometer wurden dann wieder besser. Irgendwo um 4:40/4:45 pro km kam ich voran. Das Ziel kam näher. Endlich. Ich sehe das Ziel. Geil, geil, geil. Ich war mir sicher, dass trotz diesem komplett Chaotischen Marathon eine PB rausspringen wird. Ich wurde auch nicht mehr überholt. Platzt 3 Overall - Nehme ich, Baby!
DENKSTE!
Ich lief ins Ziel. Ich hatte erst überlegt, den Zieleinlaufen zu gehen, zu genießen und nicht einfach reinlaufen, Uhr stoppen. Fertig.
Ich lief den letzten Kilometer wieder unter 4:30. Keine Ahnung, irgendwo war das Gefühl, die Zielleinie zu sehen größer als der Schmerz.
Ziel erreicht. 8:26h. Marathon in 3.08 (mit Abstand mein langsamster Marathon über die LD bisher). Aber wow. Unter 8:30h. Platz 3. Podium. Meine Freundin war komplett von der Rolle. Am Abend vorher war ich nicht sicher, ob ich überhaupt einen Kilometer laufen kann. Und nun doch irgendwie durchgeorgelt.
Als ich dann etwas abseits sitzend zur Ruhe gekommen bin und schon das Ziel verlassen hatte, kam der IRONMAN-Verantwortliche zu mir.
Ich müsste zurückkommen. Ich bin 2. geworden. 2 Sekunden Vorsprung vor Platz 3.
WAT?!?! Wie soll das gehen? Ich hatte bei km39 noch 1:30 Rückstand und habe auch niemanden überholt.
Des Rätstels Lösung: Klar Rolling Start, der bis dato 2. war in der ersten Startwelle. Ich bin knapp 4 Minuten nach ihm gestartet. Er ist die letzten 2 Kilometer langsamer geworden, wobei ich schneller geworden bin. Virtuell habe ich ihn also "übersprintet".
Meine Freundin und ich lachen. Das kann gar nicht sein. Wie im Film.
---- Das war das Rennen.
Platz 2 gesamt, Platz 2 in der Agegroup. Der absolut verdiente Sieger ist amtierender 70.3 Weltmeister. Gibt schlechtere zweite Plätze.
Jetzt liege ich hier in der Sonne, kann immer noch nicht geradeaus gehen und habe in genau 11 Tagen einen Startplatz in Roth. Da muss ich noch mal ganz ganz ganz tief in mich gehen
Sollte jemand Fragen oder so haben, meldet euch gerne. Versuche alles zu beantworten
Besten Gruß aus der Sonne vom Lac du Geradmer
Lennard