Ursprung dieser Diskussion war Musk. Bei ihm würde ich darauf wetten, dass er zum eigenen Nutzen handelt.
Ich gehe fest davon aus - um was soll es ihm denn sonst gehen (ausser um den eigenen Nutzen)?
Echten Altruismus sehe ich nirgends auf der Welt und Mutter Theresa ist schon Tod.
Selbst die Sache mit dem Selbstverwirklichungsaltruismus der ab und an von dem einen oder anderen ins Feld geführt wird sehe ich kritisch. Es geht um persönlichen Nutzen in irgendwelcher Form, ganz oft um Macht über andere, die man selbstverständlich nutzen und im Zweifel auch missbrauchen will.
Btw: Ich denke sogar, dass die Mißbrauchsmöglichkeit von Macht erst Ihren Reiz ausmacht.
Meine Vorstellung von einem sinnvollen demokratischem Vorgehen wäre:
1. Fachleute suchen, die Vorschläge erarbeiten auf Basis von gut definierten Zielvorgaben (die Auswahlkriterien für die Fachleute müssen allein auf Fachkenntnis und Erfahrung basieren, unabhängig von gesellschaftlicher Position, von Parteizugehörigkeit und von der Person).
2. Die Vorschläge dem Parlament vorstellen, im Parlament gegeneinander diskutieren und darüber Abstimmen, was umgesetzt wird; hier sind die Fachleute nur noch Berater, Erläuterer.
Meiner Meinung nach hast Du hier den aktuellen Gang der Gesetzgebung beschrieben.
Es gibt eine Fragestellung, diese wird bearbeitet und in erster Lesung dem Parlament vorgestellt, anschließend in den Fachausschüsse verwiesen. Dort wird er beraten, Fachleute werden gehört, Lobbygruppen können ihre Experties einbringen und die Texte werden entsprechend angepasst oder auch nicht. Es folgen zweite und ggf. dritte Lesung und ggf. weitere Überarbeitung in den Fachausschüssen mit der Möglichkeit, weitere Fachleute dazu zu hören. Letztendlich stimmt das Parlament über den Gesetzesvorschlag ab. Diese seit jahrzehnten gelebte Prozedur erfüllt Deine o. g. Vorstellungen.
Meiner Meinung nach hast Du hier den aktuellen Gang der Gesetzgebung beschrieben.
Es gibt eine Fragestellung, diese wird bearbeitet und in erster Lesung dem Parlament vorgestellt, anschließend in den Fachausschüsse verwiesen. Dort wird er beraten, Fachleute werden gehört, Lobbygruppen können ihre Experties einbringen und die Texte werden entsprechend angepasst oder auch nicht. Es folgen zweite und ggf. dritte Lesung und ggf. weitere Überarbeitung in den Fachausschüssen mit der Möglichkeit, weitere Fachleute dazu zu hören. Letztendlich stimmt das Parlament über den Gesetzesvorschlag ab. Diese seit jahrzehnten gelebte Prozedur erfüllt Deine o. g. Vorstellungen.
Im Wesentlichen ja. Was in Deiner Auflistung fehlt, ist der Anfang: wer erstellt die Zielvorstellung, und wer erstellt die Vorschläge, wie diese Ziele erreicht werden sollen. Das erste sollten m.M.n. die jeweils mehrheitlich zur Regierung berufenen machen, das zweite allerdings dann eben Fachleute, bei deren Auswahl Partei und Gesinnung sekundär sein sollte hinter ihrer Fachkenntnis, damit verschiedene Lösungen ins Rennen gehen können, und Deinen beschriebenen Prozeß durchlaufen. Aktuell ist der zweite Schritt halt auch immer nur in einer politischen Hand, und damit wird das Lösungsfeld immer unnötig eingeschränkt.
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“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Machen wir es doch mal konkret, Thema aus der letzten Zeit auf der Liste der Themen, die auch nach dem Ampelaus noch verhandelt werden sollte:
Soll das Deutschlandticket zu einem Preis um 50 Euro / Monat (+- etwas) beibehalten werden oder nicht?
Beschreibe doch mal bitte, wie das idealerweise Deiner Meinung nach laufen sollte…
m.
Gut, kann ich an diesem Beispiel gerne probieren, wie ich mir einen effizienten, sachdienlichen Entscheidungsprozeß vorstelle, bei der ideologische Grabenkämpfe vermieden werden.
Zielvorstellung formulieren: z.B. Förderung des Umstiegs auf ÖPNV, d.h. meßbare Reduktion des CO2-Ausstoßes aus dem Autoverkehr. Quantifizieren, wie viel Geld es den Staat kosten darf, um x Tonnen CO2 zu vermeiden auf diesem Weg. Von der Zielsetzung hängt alles ab: mache ich es wegen CO2, oder um vielen billige ÖPNV zu ermöglichen, oder um die Bahn besser auszulasten, etc. - die Argumente und Entscheidungen wären sehr unterschiedlich.
Vorschläge erarbeiten: Statistiker erfassen die bisherige Entwicklung: Je x Deutschlandtickets wurde y km an Autofahrten eingespart (wie viel % stiegen auf die Bahn um, wie viel km sind die sonst gefahren, ...); Einschätzung der zukünftigen Entwicklung: wie viele würden das zukünftig zusätzlich tun bei gleichem Preis, doppelten Preis, etc.
Annahme: die Ergebnisse liegen so, daß die im Ziel formulierte Ersparnis mit bestimmten Kosten erzielbar wäre (wenn es jetzt schon nicht stimmt, wäre alles eh schon gestorben).
Mit dieser Information, die allen zugänglich sind, wären dann Vorschläge zu entwickeln (von allen Beteiligten einbringbar, also von Regierung oder Opposition, die hoffentlich beide auch Fachmann-Ideen mit nutzen). Die Regierung hätte hier eine sammelnde und priorisierende Rolle. Lösungen wären z.B. Beibehalten des Preises, Verdoppeln des Preises, Kombination mit weiteren Maßnahmen um den Erfolg zu erhöhen, Abschaffen und das Geld x Jahre erst mal in Verbesserung der Bahn zu stecken...
Letzter Schritt: 2 - 3 Vorschläge in Konkurrenz zur Abstimmung bringen. (Auswahlkriterien: die den Zielvorgaben am nächsten liegenden Ideen, auf dieser Stufe ist aber eine gewisse Filterung nach Regierungspräferenz auch denkbar).
Ich halte es praktisch immer für besser im Sinne der Sache, zwei Lösungswege zur Abstimmung zu bringen, als einfach eine Ja/Nein - Wahl einer einzigen Option zuzulassen. Die Entscheidung muß fallen, bevor übermäßig Arbeit in Details gesteckt wird.
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Danke, dass du darauf eingestiegen bist – sehr interessant.
Einverstanden, dass ich das eine technokratische Herangehensweise nenne (als qausi Fachausdruck, das ist komplett wertfrei)?
Und wenn man so ein Modell hat, kann (oder vielmehr muss) man dass dann nicht noch weiterdrehen:
- In welchem Ausmaß führt das Deutschlandticket zu Reisen, die es sonst nicht gegeben hätte und die dann wieder CO₂ erzeugen? Muss das nicht eingerechnet werden?
- Bei Kosten von 3 Milliarden Euro pro Jahr (wenn ich die Diskussion richtig erinnere – genau kann das für die Zukunft niemand sagen): Was sind die "Opportunitätskosten"? Sollte man (das ist tatsächlich vorgeschlagen worden) nicht eher dafür Autobahnen ausbauen, damit es weniger Staus gibt?
Danke, dass du darauf eingestiegen bist – sehr interessant.
Einverstanden, dass ich das eine technokratische Herangehensweise nenne (als qausi Fachausdruck, das ist komplett wertfrei)?
Gerne, das passt schon. 35 Jahre in einem Beruf, wo diese Denkweise sich bewährt hat, prägt halt das Denken.
Zitat:
Zitat von merz
Und wenn man so ein Modell hat, kann (oder vielmehr muss) man dass dann nicht noch weiterdrehen:
- In welchem Ausmaß führt das Deutschlandticket zu Reisen, die es sonst nicht gegeben hätte und die dann wieder CO₂ erzeugen? Muss das nicht eingerechnet werden?
- Bei Kosten von 3 Milliarden Euro pro Jahr (wenn ich die Diskussion richtig erinnere – genau kann das für die Zukunft niemand sagen): Was sind die "Opportunitätskosten"? Sollte man (das ist tatsächlich vorgeschlagen worden) nicht eher dafür Autobahnen ausbauen, damit es weniger Staus gibt?
m.
Muss man nicht, könnte man aber. Ist, wie gesagt, Frage der Aufgabenstellung. Darin ist ein wesentlicher Punkt, wie weit ich spanne das betrachtete System, bzw. wo begrenze ich es. Sinnvoll ist für ein effektives Vorankommen eine scharfe Begrenzung auf ein Kernthema bzw. auf größte Effekte; z.B. nach Pareto. Alles kann man nie berücksichtigen, alles wird man nie beantworten, alle stellt man nie zufrieden. Das Ergebnis sollte einen möglichst großen Effekt im Vergleich zum Aufwand und zu Nebenwirkungen haben - dann ist es ein gutes Ergebnis, sonst ein zu teuer erkauftes.
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