Gab es konkrete Angriffe aus Rojava?
Seit der Konflikt zwischen der PKK und der Türkei in den 80ern angefangen haben wurden ca. 30.000 Polizisten, Zivilsiten und Soldaten getötet. Aus Rojava nicht!
Aber die YPG die dort herrscht ist ein Ableger der PKK und als Terrororganisation eingestuft und definitiv mit verantwortlich.
Wenn so eine Terrororganisation den halben Norden von Syrien kontrolliert und dort weiter rekrutiert, finde ich das absolut legitim das die Türkei seine Grenze geschützt wissen will.
Ich meine Die USA schützt Ihre Grenze im nahen Osten und in der Ukraine, deutsche Soldaten schützen Ihre Grenzen in Afghanistan. Und der Staat Israel schützt nicht seine Grenzen sondern erweitert Sie jährlich. Das ist absolute Normalität geworden, aber wehe dem die Türken greifen terroristische Ziele im Nachbarland an....das ist Doppelmoral.
Freut mich zu hören das du die Türkei bereisen konntest und nicht festgenommen wurdest. Naja immerhin warst du wohl auch kaum mit dem Fahrrad unterwegs. Ich selber hab auch dort studiert und habe während der GeziPark Demonstrationen mit demonstriert.
Wir verteidigen unsere Grenzen, aber haben wir dafür schon mal ins Nachbarland geschossen?
[aber wehe dem die Türken greifen terroristische Ziele im Nachbarland an....
.
Ich habe zwei türkische Kollegen, die sehen das genauso. Sie bedauern, dass es keine diplomatische Lösungen und keine Unterstützung von anderen Ländern gab und es so zum Krieg kommen musste.
Grundsätzlich tue ich mir schwer einen Angriffskrieg auf das Nachbarland nicht direkt zu verurteilen.
Erdogan hätte es aber gar nicht auf das Land abgesehen sondern will es nur zurück erobern für die, die vor den Terroristen da gelebt haben. Ist da irgendwas dran? Welchen Grund sonst gibt es dort einzumarschieren?
Ich habe zwei türkische Kollegen, die sehen das genauso. Sie bedauern, dass es keine diplomatische Lösungen und keine Unterstützung von anderen Ländern gab und es so zum Krieg kommen musste.
Grundsätzlich tue ich mir schwer einen Angriffskrieg auf das Nachbarland nicht direkt zu verurteilen.
Erdogan hätte es aber gar nicht auf das Land abgesehen sondern will es nur zurück erobern für die, die vor den Terroristen da gelebt haben. Ist da irgendwas dran? Welchen Grund sonst gibt es dort einzumarschieren?
Ist halt eine Grenzregion, dementsprechend entwickelte sich die Bevölkerung wechselhaft im Laufe der letzten hundert Jahre mit kurdischen Flüchtlingen aus der Türkei und mit angesiedelten syrischen Arabern dazwischen, damit es nicht zusammenhängend zu "kurdisch-türkisch" wird. Mit einem Krieg und neuen ethnisch "sauberen" Regionen hilft man jetzt vermutlich niemandem dort weiter und schafft nur wieder neues Leid. IMHO hat der Krieg zum einen innenpolitische Gründe, zum anderen soll eine grössere, autonom regierte syrische Kurdenregion unter Einschluss einiger arabischer Siedlungen verhindert werden. Im Nordirak gibt es ja auch schon eine autonome Kurdenregion. Darin sieht Erdogan langfristig möglicherweise seine Gefahr für die von Kurden bewohnten Gebiete in der Türkei.
Das meint Wikipedia zu dieser Grenzregion und den syrischen, zum Teil (20 %) staatenlosen Kurden in Syrien vor dem Bürgerkrieg:
"Kurden bilden die größte nichtarabische Bevölkerungsgruppe Syriens und stellen mit etwa 1,7 Millionen knapp 10 % seiner Einwohner.[47] Meist siedeln sie im Nordosten des Landes, entlang der fast 1000 km langen syrisch-türkischen Grenze sowie der syrisch-irakischen Grenze im Gouvernement al-Hasaka und im Gouvernement Aleppo. 1965 wurde von der syrischen Regierung die Schaffung eines Arabischen Gürtels entlang der syrisch-türkischen Grenze angekündigt und 1973 durchgeführt, wobei beduinische Araber innerhalb des Gürtels angesiedelt wurden. Zudem war 20 Prozent der syrischen Kurden in der Volkszählung von 1962 in al-Hasaka die syrische Staatsbürgerschaft entzogen worden, da sie illegal aus der Türkei nach Syrien eingewandert seien. Kurden waren von der Teilhabe am Staatskörper weitgehend ausgeschlossen.
Im März 2011 gab das syrische Ministerium für Arbeit und Soziales bekannt, dass Kurden, die keine syrische Staatsbürgerschaft besitzen, ab sofort ein Recht auf Arbeit hätten. Am zweiten Aprilwochenende 2011 wurde bekanntgegeben, dass diejenigen Kurden innerhalb Syriens, welche über keinerlei Staatsbürgerschaft verfügen, die syrische erhalten sollen.[48] Dies betrifft aber nur registrierte Staatenlose (adschanib). Unregistrierte Staatenlose (maktumin) werden nicht berücksichtigt, die syrische Staatsbürgerschaft wird ihnen weiterhin vorenthalten.[49]
Die wichtigsten kurdischen Organisationen sind der aus 15 Parteien bestehende Kurdische Nationalrat sowie die PYD. Seit Juli 2012 arbeiten sie im Hohen Kurdischen Komitee zusammen. Die PYD und andere kurdische Parteien unterhalten bewaffnete Einheiten, die in den von Kurden bewohnten Regionen aktiv sind.[50]
Die drei mehrheitlich kurdisch besiedelte Kantone Efrîn, Kobanê und Cizîrê proklamierten Anfang 2016 die de-facto autonome Föderation Nordsyrien – Rojava."[51]
Ist da irgendwas dran? Welchen Grund sonst gibt es dort einzumarschieren?
Mein Eindruck/Kenntnis von dem zugrundelegenden Konflikt, bzw. der Historie dazu: Die Kurden möchten seit viele Jahren einen eigenen Staat (größtes Volk ohne eigenen Nationalstaat weltweit). In der Türkei wollten sie schon immer zumindest Autonomie und Anerkennung als eigenes Volk. Schon unter Atatürk wurde letzteres verweigert, und sie wurden "Bergtürken" tituliert, um ihre Eigenständigkeit zu verschleieren. Dieser Konflikt hat über die Jahre die PKK hervorgebracht (etwas ähnlich wie die Terroranschläge der Südtiroler in Italien in den 50-er 60-er jahren, nur deutlich militanter).
In letzer Zeit haben die Kurden im Irak und Syrien durch ihren konsequenten und erfolgreichen Kampf gegen die IS an Bedeutung und auch etwa Autonomie gewonnen. Damit besteht auch die Gefahr, daß die türkischen Kurden sich diesem anschließen wollen. Da die Türkei dies nicht dulden will, und auch über Autonomiezugeständnisse nicht deeskalieren möchte, will wohl Erdogan versuchen, die aufstrebenden, autonomen kurdischen Kräfte in den Nachbarländern zu schwächen, um so die eigenen Kurden niederhalten zu können. Das passt auch gut zu seinen nicht ganz verheimlichten Ambitionen, das alte Osmanische Reich wieder herzustellen, da war Nordsyrien auch drin.
__________________
“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Die YPG, also die syrischen Kurdenmilizen regieren auch nicht alleine in der Region. Sie verbündeten sich bekanntlich mit den arabischen demokratischen Kräften, den Demokratischen Kräften Syriens, im Militärbündnis SDF und bildeten eine ca. 55000 Mann starke Truppe für ein demokratisches, föderales Syrien. Dieses Militärbündnis führte hauptsächlich den Bodenkampf gegen den IS in Syrien und befreite die Gebiete wie Rakka, Mandschib, Deir esz Sor vom IS mit Luftunterstützung der USA. Ohne die SDF und YPG wäre der IS niemals besiegt worden. Da parallel die Türkei 2018 schon Grenzregionen in Syrien besetzte wie Afrin und bis zu 200000 Menschen aus ihren Häusern vertrieb, zogen die Kurden Truppen aus der Front gegen den IS ab und verlagerten sie an die Grenze als Schutz für die befreiten Orte vor türkischer Besetzung. D.h. die Türkei half indirekt dem IS durch die Besetzung der Grenzregionen um Afrin 2018 länger zu regieren und die Menschen in den IS-Gebieten zu unterdrücken. Mal ganz abgesehen davon, dass die türkische Regierung nie den Eindruck vermittelte, entschlossen gegen den IS und seine Kämpfer vorzugehen, und dass über ihre Grenze die europäischen IS-Terroristen nach Syrien zogen und in den vom IS besetzten Grenzorten die Bevölkerung terrorisierten. Weshalb ist damals die Türkei nicht in die vom IS terrorisierten Städte einmarschiert und half der unterdrückten Bevölkerung? Der IS verübte auch schlimme Terroranschläge in der Türkei.
Die SDF (und YPG) befreiten die Bevölkerung der grenznahen Städte im syrischen Nordosten von dem IS wie z.B. in Mandschib, welche für den IS als Knotenpunkt und Tor in die Türkei diente, und verteidigt sie seither gegen die neue Bedrohung aus der Türkei. Die Selbstverwaltung im autonomen Rojava ist die einzig demokratische Verwaltung in dieser Region, welche die Gleichberechtigung der Menschen und Geschlechter dort verwirklicht, und braucht deswegen internationale Unterstützung gegen die völkerrechtswidrigen Angriffe aus der Türkei, welche die autonome Verwaltung wieder beseitigen will. (zusammen mit Assad, vermutlich).
"Die Türkei arbeitet bei ihrer Offensive eng mit syrischen Milizen zusammen, die in der Regel vor den türkischen Soldaten am Boden einrücken. Es sind zum Teil extremistische und kriminelle Kämpfer der "Freien Syrischen Armee" - Syrern, die vor acht Jahren zu den Waffen griffen, um die Demonstranten gegen das syrische Regime und dessen Sicherheitskräften sowie Geheimdienstschergen zu schützen. Nur sind nach acht Jahren der Gewalt die meisten dieser Kämpfer tot, geflüchtet, oder haben sich brutalisiert und radikalisiert. Sie kämpfen nun für denjenigen, der gerade die höchste Summe zahlt. In Afrin etwa, im Nordwesten Syriens, sind die Partner der Türkei islamistische und radikalislamistische Milizen, die Teile der Bevölkerung terrorisieren. Im Nordosten Syriens haben die von der Türkei finanzierten Milizen bereits Kriegsverbrechen begangen, gefangen genommene syrisch-kurdische Kämpfer exekutiert und möglicherweise auch eine syrisch-kurdische Politikerin ermordet." islamischer-staat-abu-bakr-al-baghdadi-plant-seine-rueckkehr
Für Interessierte habe ich hier zwei umfangreichere Dokumentationen über die kurdische autonome Region Rojava in Nordostsyrien rausgesucht. Sie zeigen, was der Krieg der Türkei unter Erdogan zerstören will und was sich die syrischen Kurden während des Krieges, auch mit internationaler Hilfe, aufgebaut haben.
"Wie geht es weiter im Norden Syriens? Jede der am Konflikt beteiligten Parteien hat eigene Pläne für die Kriegsregion - US-Amerikaner, das Regime von Assad, Russland, Iran und die Türkei. Was aber denken die Kurden über ihre Zukunft?
März 2019 haben die von den USA unterstützten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) die letzte Bastion des sogenannten "Islamischen Staates" befreit. Nach jahrelangen blutigen Auseinandersetzungen konnten die Kurden und die mit ihnen verbündeten arabischen und assyrischen Milizen den militärischen Sieg über den IS feiern. Wie geht es nun weiter im kurdischen Gebiet im Norden von Syrien? Welche politischen und sozialen Entwicklungen streben sie in ihrem Gebiet an? Müssen sie Errungenschaften, die im verlustreichen Krieg gegen den IS erkämpft wurden, angesichts der Bedrohung durch die Türkei und der Konfrontation mit dem syrischen Regime wieder aufgeben? Ein Reporterteam konnte sich ein eigenes Bild machen von der Situation in Rojava - wie die Kurden ihr Gebiet im Norden Syriens nennen. Die Reportage stellt unterschiedliche Aspekte ihres gesellschaftlichen und politischen Experimentes vor, mit dem sie vor Jahren begonnen haben und das sie nun weiterentwickeln wollen. Die Reise nach Rojava war zugleich ein Wiedersehen mit Orten und Menschen, die die Reporter wenige Jahre zuvor während des Krieges dort getroffen hatten." Deutsche Welle: dokfilm-rojava-nordsyrien-die-kurden-zwischen-krieg-und-demokratie
"Mitten im Chaos des syrischen Bürgerkriegs leben 4 Millionen Kurden, Araber und Syrer friedlich in der Demokratischen Föderation Nordsyrien. Diese Region, bekannt unter dem Namen Rojava, auf Deutsch auch Westkurdistan, zeichnet sich vor allem auch aus durch ihren sogenannten „Gesellschaftsvertrag“.
Darin vereinbart sind die Gleichberechtigung der Frauen, die Religionsfreiheit und das Verbot der Todesstrafe. Das ist eine erstaunliche Entwicklung in einer feindlichen Umgebung, zwischen der politisch in der Kurdenfrage aggressiven Türkei, der wiederauferstehenden Diktatur in Syrien und den anderen Gesellschaften des Nahen Ostens, die sich eher durch eine Ablehnung dieser Prinzipien auszeichnen. Allerdings spielt Rojava mit seinem Gesellschaftsvertrag keine Rolle bei den Verhandlungen über die mögliche Zukunft Syriens. Und die internationale Gemeinschaft, die die Kurden bei ihrem Kampf gegen den IS unterstützte, sie hat die de facto Autonomie der Demokratischen Föderation Nordsyrien bis heute nicht offiziell anerkannt. Rojava erstreckt sich immerhin über ein gutes Drittel des syrischen Territoriums." Arte: syrien-rojava-stellt-frauen-gleich
+1, Erdogans Familie hat von den „Ölexporten“ des IS in die Türkei ja auch nicht wirklich profitiert und IS Kämpfer sind ja auch nie in Türkischen Krankenhäusern behandelt und gesund gepflegt worden...
__________________
„Der Horizont vieler Menschen ist wie ein Kreis mit Radius Null. Und das nennen sie dann ihren Standpunkt.„