Zum (eventuellen) Abschluss noch ein Gedanke, der noch nicht so oft in den Medien zu hören war. Wenn das Erdogan-Foto so schädlich war, müsste man eigentlich annehmen, dass es von den verantwortungsvollen Redaktionen kaum publiziert worden ist.
Je verantwortungsvoller und besorgter die Redaktion, desto seltener müsste das Foto gezeigt worden sein. Sonst würde man sich ja vor den Karren von Erdogan spannen.
Knapp vierzig Mal hat die BILD-Redaktion das Foto in seinen Artikeln verwendet für "Bild", "Bild am Sonntag" und "Bild.de" -- also mit maximaler Streuung. Dies geschah in einer Zeitspanne von etwa 60 Tagen (Mitte Mai bis Mitte Juli). Das bedeutet, dass es
öfter als jeden zweiten Tag für einen Artikel verwendet wurde.
Ebenfalls interessant: Das Foto entstand in London, bei seinem Club "FC Arsenal", nicht beim DFB und nicht bei einem deutschen Spiel. Das gezeigte T-Shirt ist von seinem Londoner Verein -- nicht das deutsche National-Trikot. In London hat sich niemand darüber aufgeregt.
Die folgende Bild-Collage zeigt, wie sehr die BILD-Redaktion nicht genug bekommen konnte und das Foto immer wieder veröffentlichte.
Quelle: Bildblog.de
Hier ein Foto aus dem Jahr 2010, bei dem sich Frau Merkel mit Herrn Erdogan bei einem Fußballspiel ablichten ließ. Man beachte,
dass Merkel ihm einen Schal mit den deutschen Nationalfarben überreichte. Der Schal hat auch ein Emblem vom DFB (unten in schwarz-weiß). An diesem Tag gab es auch ein Foto mit Erdogan und Mesut Özil. Niemand hatte damals davon Notiz genommen, auch die BILD-Zeitung nicht.
Als Özil im Jahr 2018 den berühmten Termin wahrnahm, konnte er billigerweise davon ausgehen, dass dies in Ordnung war. Denn es war nicht das erste Mal, und beim letzten Mal war sogar die Bundeskanzlerin dabei und gab ihren Segen.
Gastgeber des Treffens 2010 war der DFB. Özil konnte also davon ausgehen, dass auch der DFB nichts gegen Foto-Termine mit Erdogan einzuwenden hatte.
Die damalige Bundesregierung nutzte diese PR-Veranstaltung mit Erdogan, Merkel und Özil, um sich selbst für gelungene Integration zu loben. Dabei wird Mesut Özil ganz besonders hervorgehoben:
"Besonders das Beispiel Özils steht für gelungene Integration. Und für eine moderne und offene Gesellschaft, in der jeder, unabhängig von der Herkunft, seine Chancen nutzen kann: Geboren in Gelsenkirchen, hat der Mann, dessen Großvater einst zum Arbeiten nach Deutschland gekommen war, auch diese Grenzen längst überwunden. Seit einigen Wochen steht der 21-jährige bei Real Madrid unter Vertrag."
Quelle: Bundesregierung.de!
Man sieht: Keine Spur irgendeiner Kritik an solchen PR-Terminen, oder an Özil (der damals ebenfalls einen Foto-Termin mit Erdogan absolvierte), oder an Erdogan.